Interview:Voll die Krise!

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Karl-Heinz Renner ist Professor für Persönlichkeitspsychologie und psychologische Diagnostik an der Universität der Bundeswehr München. (Foto: Claus Schunk)

Wie Resilienz bei der Stressbewältigung helfen kann, erläutert Experte Karl-Heinz-Renner.

Pandemien, Kriege, Inflation, Trennungen, Mobbing, Krankheit, Todesfälle sind Ereignisse, die Stress auslösen. Doch wie können wir diese Krisen bewältigen, und was hat Resilienz damit zu tun? Karl-Heinz Renner, Professor für Persönlichkeitspsychologie an der Universität der Bundeswehr München, hat Antworten.

Schüler: Was ist eigentlich Resilienz?

Karl-Heinz Renner: Resilienz bedeutet psychische Widerstandsfähigkeit und meint die erfolgreiche Anpassung an Krisen, widrige Umstände oder Bedrohungs- und Gefahrenlagen. Auch als Schulklasse kann man resilient sein. Das Gemeinschaftsgefühl, die gegenseitige Unterstützung und der Austausch, allein das Dazugehören, machen schon resilienter.

Muss man Resilienz erlernen oder hat man sie einfach?

Resilienz kann ein Persönlichkeitsmerkmal sein. Das bedeutet, dass man generell und in verschiedenen Situationen mit Krisen besser umgehen kann.

Einige sind also resilienter als andere?

Ja. Man kann aber auch lernen, resilienter zu werden. In der Bundeswehr trainieren wir physische und psychische Fitness, etwa durch progressive Muskelentspannung und Achtsamkeit. Man kann auch üben, sich in Stresssituationen positive Selbstinstruktionen zu geben. So vermeidet man katastrophisierende Gedanken.

Wie konkret geht man mit Stress in einer Krisensituation um?

Negativer Stress löst eine Alarmreaktion im Körper aus, und die muss man loswerden. Sport und Bewegung sind da hilfreich oder soziale Ressourcen wie Familie, Freunde, Bekannte, mit denen man reden kann. Auch ein Rückzugsort, Werte, die man vertritt, Rituale, kurze Pausen, Momente der Achtsamkeit. An diesen "daily uplifts" kann man sich festhalten.

Welche Auswirkungen hat Stress auf unsere Gesundheit?

Stress ist an sich nicht gesundheitsschädlich, wenn er kurz andauert und danach in eine Phase der Entspannung übergeht. Im Gegenteil. Die kurzfristige Aktivierung von Stress wird als angenehm und leistungsmotivierend erlebt. Stressforscher unterscheiden zwischen Eustress, dem positiven, und Disstress, dem negativen Stress, der belastet, überfordert und mit Sorgen, Angst und Ärger verbunden ist. Chronischer Stress, ohne jegliche Entspannungsphasen, macht auf Dauer krank, insbesondere wenn noch schlechte Ernährung, Alkohol und Nikotin im Spiel sind.

Wie können Jugendliche psychischen Belastungen vorbeugen?

Prävention ist immer besser als Therapie und Rehabilitation. Ich plädiere dafür, dass man Psychologie mehr in Schulen unterrichtet. So kann man als Jugendlicher Stressbewältigungstechniken besser erlernen. Das Thema könnte in den Biologieunterricht oder als Unterrichtsprojekt eingebunden werden.

Erica Meyfarth, Ella Mawad, Elisa Luschi, Klasse Q11, Sankt-Anna-Gymnasium, München

© SZ vom 03.02.2023 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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