Feuerwerk soll den Himmel eigentlich spektakulär verschönern - oft sieht man davon aber gar nicht mehr so viel. Wie vergangenes Jahr in München, wo die Luft so verraucht war, dass die Sicht kaum mehr einen Meter weit reichte. Die vorgegebenen Grenzwerte für Feinstaub wurden vorübergehend drastisch überschritten, wegen der Kleinstpartikel der Raketen. Feinstaub kann die Atemwege reizen und auf Dauer die Lunge schädigen. Sollte man sich also lieber nicht unter die Böllernden mischen? Ein Anruf bei Rudolf Schierl vom Institut für Arbeits, Sozial- und Umweltmedizin vom Uni-Klinikum München.
SZ.de: Wie lange dauert es denn, bis man in München nach Silvester wieder sagen kann: "Die Luft ist rein"?
Rudolf Schierl: Das hängt ganz vom Wetter ab. Vergangenes Jahr hatten wir eine Inversionslage, das heißt, die Luft war am Boden kälter als in den höheren Schichten, und es fand kaum ein Austausch zwischen den Schichten statt. Wenn dann auch noch wie verrückt gezündelt wird, ist es kein Wunder, dass der Nebel lange stehen bleibt. Als ich in der Nacht auf die Straße bin, konnte ich vor lauter Rauchschwaden nur wenig sehen.
Und das trifft andere Gegenden nicht so?
An der Küste zum Beispiel sorgt Feuerwerk seltener für solche Verhältnisse, weil es dort generell windiger ist. Hier im Süden meint man ja an manchen Wintertagen mit Inversionslage, kaum die Sonne sehen zu können.
Was ist schlimmer: Eine Schachtel Zigaretten oder eine Stunde im Böller-Rauch auf der Reichenbachbrücke an der Isar?
Auf diesen Vergleich würde ich mich nicht einlassen. Einfach, weil die Inhaltsstoffe ganz andere sind: Zigarettenqualm enthält vor allem polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe und Nitroso-Verbindungen. Die können krebserregend wirken. Der Rauch von Feuerwerk dagegen enthält eher Metalloxide. In den Feuerwerkskörpern stecken Alkali- oder Erdalkalimetalle, diese sorgen für die Farben. Wenn Sie etwa Kochsalz, ein Alkalimetall, in eine Kerzenflamme streuen, flackert sie gelb auf.
Welche Wirkung haben die Metalloxide auf den Körper?
Die Metalloxide sind zum Teil toxisch, eine akute Vergiftung ist beim Feuerwerk aber nicht zu befürchten - hier steht die Reizwirkung durch die Feinstaubbelastung im Vordergrund.
Ist Feuerwerk für Kinder besonders schädlich?
Wie viele Studien zeigen, ist für Kinder eine hohe Feinstaubbelastung generell ein Problem, da die Lunge noch nicht voll entwickelt ist. Und der Lärm kann Folgen von Ohrensausen bis hin zum Knalltrauma haben.
Eine hohe Feinstaubbelastung kennen auch bestimmte Berufsgruppen, zum Beispiel Schweißer. Wie hoch ist da die Belastung durch Feuerwerk im Vergleich?
Der Umweltwert wird in der Silvesternacht um das 20- oder 30-Fache überschritten. Der Grenzwert für den Arbeitsplatz liegt zwar um einiges höher, allerdings auf den Zeitraum eines Acht-Stunden-Tages verteilt - auch der wird beim Silvesterfeuerwerk also überschritten. Man kann hier nur an die Vernunft beim Einkauf und Abfeuern appellieren. Eine Studie aus Österreich sagt, dass die Feinstaubbelastung in der Silvesternacht ähnlich hoch ist wie die durch Autoverkehr auf das ganze Jahr gesehen.
Kann man sich als Feiernder vor Silvester-Feinstaub schützen?
Sie können die Orte der Böllerei natürlich meiden. Asthmatiker oder Allergiker sind durch Feinstaub besonders gefährdet. Oder Sie halten sich nicht allzu lange im Rauch auf. Der Körper sendet ja Warnsignale - Hustenreiz etwa. Ich empfehle eine Atemschutzmaske, wie man sie zum Beispiel in Tokio oft auf den Straßen sieht. Eine sogenannte FFP2-Maske aus dem Baumarkt leistet da sehr gute Dienste.
Passt halt nur nicht unbedingt zum Silvester-Outfit.
Wer sich Sorgen um sein modisches Äußeres macht, der kann sich ja den Schal um den Mund wickeln. Dann fällt die Maske nicht so stark auf.
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