Käfer, Wanze, Biene und Co:"So gut wie alles, was sechs Beine hat"

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Rosa Albrecht ist Biologin und auf Insektenkunde spezialisiert. (Foto: privat)

Wie zählt man Insekten? Gerade haben Verbände wieder dazu aufgerufen. Biologin Rosa Albrecht gibt Tipps für alle, die eine Ackerhummel nicht von einer Streifenwanze unterscheiden können.

Bei der "Stunde der Gartenvögel" mag der Laie ja noch mithalten können, eine Amsel von einer Meise zu unterscheiden, ist nicht so schwer. Bei der Insektenzählung, zu der der Landesbund für Vogel- und Naturschutz (LBV) zusammen mit seinem bundesweiten Partner NABU und der Online-Plattform naturgucker.de aufgerufen haben (die Aktion läuft noch bis 13. August), wird's schon herausfordernder. Etwa 33 000 Insektenarten sind in Deutschland nachgewiesen. Wer kann denn Ackerhummeln, Streifenwanzen, Große Heupferde oder Blaue Holzbienen erkennen? Rosa Albrecht ist auf Ökologie und Entomologie, also Insektenkunde spezialisierte Biologin und Projektleiterin der Artenhilfsprogramme in der LBV-Geschäftsstelle München. Sie hat ein paar Tipps für Einsteiger.

Wie geht Insektenzählen? Starrt man in die Luft und wartet, bis eine Fliege vorbeisummt?

(lacht) Genau. Man geht an einen grünen Ort, das kann der Balkon mit seinen Blühpflanzen, der Garten, ein Park, eine Wiese, ein Wald sein, stellt sich eine Stunde lang hin und notiert, was vorbeifliegt. Oder krabbelt. Oder hüpft. An warmen, windstillen, trockenen Tagen ist übrigens am meisten los in der Insektenwelt.

Aber es könnte doch immer wieder ein und dieselbe Fliege vorbeischwirren. Verfälscht das nicht das Ergebnis, wenn man dann notiert: fünf Fliegen?

Das ist sogar durchaus wahrscheinlich, dass bei einem reichen Blütenangebot die gleichen Flieger mehrmals vorbeischauen. Doppelzählungen sollen natürlich vermieden werden. Deswegen geht es darum, wie viele Exemplare einer Art man gleichzeitig sieht. Die höchste Zahl wird notiert.

Kann man auch die Zecken zählen, die der Hund aufliest?

Zecken gehören zu den Spinnentieren. Wenn Sie genau hinschauen, sehen Sie: Die haben acht Beine.

Was gehört denn zu den Insekten?

So gut wie alles, was sechs Beine hat. Bienen, Käfer, Schmetterlinge, Libellen, Heuschrecken, Ameisen, Zikaden, Fliegen und so weiter. Die Vielfalt an Formen und Farben ist riesig.

Eine Libelle: sechs Beine, eindeutig ein Insekt. Ein räuberisches übrigens, es ernährt sich hauptsächlich von anderen Insekten. (Foto: Frank Rumpenhorst/dpa)

Kann man auch einfach notieren "schwarzer Käfer", wenn man es nicht genauer weiß?

Freilich. Einfach "Käfer". Oder "Wanze", das reicht, wenn man nicht weiterkommt. Bei etlichen Insektenarten reicht das Anschauen mit dem bloßen Auge allein auch gar nicht, um sie zu bestimmen. Man muss einzelne Körperteile vergrößert, zum Beispiel unter einem Binoskop studieren. Bei den Merkmalen geht es um kleinste Details wie die Länge der Haare auf der Borste des dritten Fühlerglieds. Oder die Form der Genitalien. Als Anfänger sollte man sich am besten auf die großen Übergruppen konzentrieren, also: Ist es ein Käfer? Eine Wanze? Eine Wildbiene? Eine Schwebfliege?

Es könnte auch eine Honigbiene sein.

Eine Honigbiene erkennt man schon im Anflug an ihrem penetranten Summen, Wildbienen summen eher nicht so laut. Der Kenner schaut auf die Flügeladerung und die besonders breiten Hinterbeine, die zum Pollensammeln dienen. Bei der Aktion heuer gibt es auch die Entdeckungsfrage: Erkennst du die Hummeln am Hintern? Eine Erdhummel zum Beispiel ist schwarz-gelb und hat einen weißen Po.

Kinderleicht.

Allerdings gibt es 41 Hummelarten bei uns. Hinter der "Erdhummel" verstecken sich genau genommen mehrere sehr schwer unterscheidbare Arten.

Warum soll ich mich überhaupt mit Insekten beschäftigen?

Insekten erbringen eine wichtige Ökosystemdienstleistung, nämlich die Bestäubung von vielen Wild- und Kulturpflanzen. Außerdem sind sie ein bedeutender Baustein der Nahrungskette, als Proteinlieferanten zum Beispiel für Vögel und Fledermäuse. Und Bodeninsekten zersetzen organisches Material, wodurch Nährstoffe wieder verfügbar gemacht werden.

Die Aktion läuft seit dem 4. August, im Juni ist auch schon mal gezählt worden. Kann man schon etwas zu den Ergebnissen sagen?

Im Juni-Zählzeitraum wurden zum Beipiel deutlich weniger Schmetterlinge beobachtet als letztes Jahr. Auch ich kann aus meinen Beobachtungen draußen sagen: Schmetterlingsmäßig ist dieses Jahr nicht viel los.

Infos unter www.lbv.de/insektensommer

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