Im Würmtal zieht das Thema Kreise:Schüler als Schrittmacher

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Gräfelfing will seinen Fairtrade-Titel verteidigen. Dafür muss die Gemeinde ihr bleibendes Engagement nachweisen. In der Vergangenheit ragte vor allem das Kurt-Huber-Gymnasium als Motor vieler Projekte heraus

Von Annette Jäger, Gräfelfing

Fair zu sein, macht Mühe. Um die Bürger zum Kauf fair gehandelter Produkte wie Bananen, Schokolade oder Kaffee zu bewegen, braucht es viel Überzeugungsarbeit. Schüler der Gemeinde Gräfelfing und die Kommune selbst haben in den vergangenen vier Jahren hart daran gearbeitet, das Thema im Bewusstsein der Konsumenten zu verankern. Die Mühsal geht weiter: Die Gemeinde ist als "Fairtrade-Gemeinde" zertifiziert und strebt in diesem Jahr die Titelerneuerung an.

Seit 2013 darf sich Gräfelfing "Fairtrade-Gemeinde" nennen, sie erhielt die Auszeichnung des Vereins Trans Fair, der sich für gerechten Handel einsetzt. Alle vier Jahre ist das Siegel zu erneuern - die Kommune muss dafür aber ihr bleibendes Engagement nachweisen. Fair Trade heißt im Kern, dass die Kleinbauern in den Herkunftsländern der Rohstoffe und Waren einen gerechten Preis für ihre Produkte bekommen und zu humanen Bedingungen arbeiten. Das Kurt-Huber-Gymnasium (KHG) griff das Thema auf und gilt seit 2017 als "Fairtrade-School". Die Schule ist auch in der Steuerungsgruppe engagiert, in der Vertreter aus dem Gemeinderat, anderen Schulen und der Kirchen Projekte anschieben. Am Mittwoch präsentierte die Gruppe die jüngsten Initiativen.

Faire Zutaten am Herd: Darauf setzte die Kooperation zwischen Kurt-Huber-Gymnasiastinnen und Kindern der Grund- und Mittelschule Lochham. (Foto: OH)

Die Schulen in Gräfelfing bildeten die starken Säulen des Fair Trade-Engagements in der Gemeinde, sagte Birgit Doll von der Gemeinde. Vor allem das Gymnasium sticht hervor. So wurde das Thema über zwei Projekt-Seminare der Oberstufe in den Unterricht integriert. Am Schulkiosk gibt es fair gehandelte Produkte zu kaufen, die Schüler haben Unterrichtsstunden zum Thema gehalten und Verkostungen angeboten. T-Shirts und Turnbeutel aus fairem Handel wurden verkauft; es gab einen Kochkurs, bei dem die Schüler nur fair gehandelte Rohstoffe einsetzten.

Die anderen Engagierten in der Steuerungsgruppe haben immer wieder Aufklärungskampagnen initiiert. So gab es ein Fair-Trade-Café auf dem Weihnachtsmarkt, Infostände auf den Straßenfesten, und in einigen Gräfelfinger Geschäften werden Fair Trade-Produkte angeboten. Für Christiane Lüst, Leiterin des Umweltzentrums "Öko & Fair" in Gauting, die neu in der Steuerungsgruppe ist, zieht das Thema im Würmtal seine Kreise. In fast allen Gemeinden zwischen Gräfelfing und Gauting fänden Initiativen statt.

Die Backstunde der Nachmittagsbetreuung Gräfelfing. (Foto: OH)

Messbar ist der Erfolg freilich nicht. Wie viele Bürger tatsächlich umdenken und in den Regalen nach fairen Produkten greifen, weiß niemand. Wie schwierig zum Teil die Umsetzung in der Praxis ist, haben auch die Schüler des KHG erfahren: In den Köpfen seien Kaufmuster etabliert, und so griffen die Mitschüler am Kiosk immer wieder zu den bekannten Süßigkeiten. Viele wollten auch sparen - die fair gehandelten Produkte seien teurer. Für Christiane Lüst muss noch deutlicher gemacht werden, dass fairer Handel eine Möglichkeit ist, Fluchtursachen zu bekämpfen: Wer in seiner Heimat Zukunftsaussichten hat, muss nicht nach Europa fliehen.

Die Engagierten geben nicht auf. Im nächsten Schuljahr soll es wieder ein P-Seminar am KHG geben, ebenso plant die Grundschule in Gräfelfing ein Bananen-Projekt. Außerdem sind Gastronomen und Unternehmen aufgefordert, ihren Kunden faire Schokolade anzubieten und beim nächsten Meeting fairen Kaffee auszuschenken. In der Wolfart-Klinik in Gräfelfing sei das bereits der Fall, sagte Doll. Vielleicht kickt ja die Fußballjugend künftig auch fair: Jugendtrainer Erich Bartel vom Sportverein TSV brachte einen fair gehandelten Fußball mit. Bewährt er sich, könnten mehr Bälle für den Verein angeschafft werden.

© SZ vom 25.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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