Hoteliers klagen über Preisverfall:30 Euro für eine Nacht im Vier-Sterne-Haus

Lesezeit: 2 min

Die Auslastung der Münchner Hotels ist hoch - doch der Erfolg ist teuer erkauft. Denn die Branche kämpft mit einem massiven Preisdumping. Vor allem die Unternehmen sparen bei Geschäftsreisen. Und die Preise könnten sogar noch weiter fallen.

Astrid Becker

Fast zwölf Millionen Übernachtungen im Jahr, die beste Auslastung, die höchsten Preise - die Hotellerie in Stadt und Landkreis München könnte nach dieser Bilanz des Tourismusamtes äußerst zufrieden sein. Doch die Branche kämpft mit massivem Preisdumping. Vor allem die Geschäftsreisenden machen den Hoteliers das Leben schwer.

Restaurant Emiko im Hotel Louis am Viktualienmarkt: Die Branche kämpft mit massivem Preisdumping. (Foto: Stephan Rumpf)

Siemens-Manager Markus Nowara rechnete den Hoteliers auf einer Versammlung kürzlich vor, was ein Zimmer in München maximal kosten darf: 92 Euro samt Frühstück, und zwar in der höchsten Hotelkategorie, dem Fünf-Sterne-Segment.

Nowara ist Direktor von Global Hotel Procurement, der Sparte des Siemens-Konzerns, der die Reisen von Mitarbeitern und Gästen des Unternehmens organisiert. Er machte klar: Mehr als die 92 Euro werden nicht bezahlt. Wer diese Rate nicht das ganze Jahr über dem Konzern anbieten könne, "fliegt raus" aus dem firmeninternen Buchungsportal.

Bei anderen Großkonzernen, die Hotelzimmer blocken, sieht es ähnlich aus, ist vom Kreisvorsitzenden des Hotel- und Gaststättenverbands, Conrad Mayer zu hören. Trotzdem ist die Branche darauf angewiesen: "Wir brauchen diese Geschäftsreisenden, weil sie uns die Belegung während der Woche verschaffen, sie halten die Auslastung stabil", sagt er. Schon vor Jahren hatte er düstere Prognosen für die Branche angestellt. Die vielen Täler, sagte er in Anspielung auf die Entwicklung der Hotelpreise, würden immer tiefer, die wenigen Berge immer höher.

Tatsächlich gibt es seit mindestens einem Jahrzehnt keine realen Preissteigerungen mehr in der Hotellerie, "nur Ausreißer während besonderer Events in der Stadt". Doch diese Ereignisse sind rar: die beiden Messen Bauma und Drinktec gehören dazu, das Oktoberfest. Zwar sei die Zahl der Übernachtungen im Dezember wegen der Christkindlmärkte im Laufe der Jahre gestiegen, aber Geld ist damit nicht zu verdienen.

Ein Blick in die Hotelbuchungsportale bestätigt Mayers Aussage: Von den rund 320 unter www.check24.de angeführten Hotels in der Stadt und im Landkreis München wurden für das Wochenende vom 17. bis 19. Dezember in insgesamt 220 Häusern- darunter auch viele Vier-Sterne-Hotels - nicht mehr als 100 Euro pro Nacht verlangt.

Im Januar sieht es auch während der Woche nicht besser aus: Von 363 Häusern liegen ebenfalls weit mehr als 200 bei weniger als 100 Euro für das Doppelzimmer. Doch dieses Preisgefüge ist eine Momentaufnahme, denn "mit den Hotelpreisen verhält es sich mittlerweile wie an der Börse, sie ändern sich nicht nur täglich, sondern teilweise sogar minütlich", sagt Mayer.

Für Gäste, die nach München reisen wollen und über Portale buchen, hat er eine Warnung parat: Um ihre Zimmer voll zu bekommen, geben manche Hoteliers Preise an, bei denen das Frühstück nicht inbegriffen ist. Außerdem sollte stets auf die Lage geachtet werden. Dass sich die Situation für die Hotellerie irgendwann entspannen wird, glaubt er nicht: "Die Preise werden eher sinken als steigen."

Denn Preiserhöhungen seien ohnehin nicht durchsetzbar, auch nicht bei Privatreisen. Schon jetzt würden viele Gruppenreisen in Städte wie München gebucht - und auch hier drehen die Veranstalter an der Preisschraube: "Da werden im Drei- und Vier-Sterne-Bereich oft nur mehr 30 Euro für ein Zimmer bezahlt." Besonders betroffen sind von dieser Entwicklung die mittelständischen Einzel-Unternehmen, meint Mayer: "Hotelketten haben es da leichter."

Wer Markus Nowara gehört hat, kann Mayer, der selbst ein Hotel betreibt, nur schwer widersprechen. Denn Nowara findet ähnliche Worte: "Wir verhandeln am liebsten direkt mit den Chefs der privatwirtschaftlichen Hotels als mit Ketten", sagt er. Wohl aus gutem Grund: Offenbar lassen sich die kleinen Hoteliers leichter im Preis drücken - aus Angst, sichere Kunden wie Siemens zu verlieren.

© SZ vom 27.12.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: