Historisch wertvoll:Ein Bild sagt mehr als tausend Worte

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Alte Schautafeln aus dem Fundus der Planegger Volksschule zeigen, wie Kindern die Welt erklärt wurde, als das Internet noch Zukunftsmusik war. Heute stellen die Exponate ein Stück Kulturgeschichte dar

Von Rainer Rutz, Planegg

Die Welt den Kindern zu erklären, ist schon schwierig genug, möchte man meinen, eigentlich unmöglich. Zur Zeit unserer Väter, Großväter und Urgroßväter war das sicherlich nicht anders, doch die technischen Möglichkeiten zur "Welterklärung" waren noch stark eingeschränkt. So begnügte man sich in den vergangenen 200 Jahren mit der Darstellung der Welt in prachtvollen Bildern und kurzen Texten und hängte die Werke an den Wänden der Klassenräume auf. Davon handelt eine Ausstellung im Planegger Archiv, sie trägt den Titel "Wie die Welt erklärt wurde..." und wendet sich nicht nur an ältere Menschen, die sich sicherlich an etliche der mehr als 200 Exponate aus ihrer Schulzeit erinnern werden, sondern auch an Schüler und Lehrer, die sich heute nicht mehr mit historischen Schulwandbildern herumschlagen müssen, sondern mal eben kurz zum Smartphone greifen und online gehen, wenn sie etwas wissen wollen.

Um wie viel fantasiereicher waren da doch die farbigen Plakate und Schautafeln, die Archivarin Erika Klemt und ihre Mitarbeiterin Martina Irlbacher aus dem riesigen Fundus der Planegger Volksschule genommen und zu einer wunderbaren Ausstellung geformt haben. Ein "Stück Kulturgeschichte" sei das, sagt Klemt und betont, Bilder hätten die Menschen immer interessiert, schon in der Antike. Das "Bedürfnis, sich mitzuteilen und das Leben in der damaligen Welt zu zeigen", sei immer Teil der Menschheit gewesen. Im 17. Jahrhundert kamen die ersten Schulbücher in den Handel, hundert Jahre später galt dann schon, vor allem in Deutschland, die Devise "Lernen durch Anschauen". So entwickelte sich mit den Jahrzehnten ein Zur-Schau-Stellen der Welt, freilich aus der Sicht des jeweiligen Künstlers.

Klemt verhehlt nicht, dass die vor allem im 20. Jahrhundert massenweise genutzten Schulwandbilder auch ideologisch und politisch eingesetzt wurden - etwa im Dritten Reich, als "die Kinder durch sie ideologisch geprägt wurden: hier die weiße Herrenrasse, dort die niedrige Arbeiterklasse". Derartige Propaganda findet man im Planegger Archiv nicht, dafür aber eine Unzahl von lebhaften Darstellungen aus der näheren Heimat, der sich rasend entwickelnden Industrie, der Tier- und Pflanzenwelt und einigen ganz praktischen Bereichen. Nicht nur Mitglieder der Planegger Rettungsdienste dürften beispielsweise schmunzeln beim Anblick eines Plakats, das einen frühen Autounfall zeigt und einen verletzten Buben, der auf einer Bahre zum Krankenwagen getragen wird.

Die Schulwandbilder wurden nach und nach "ausgesprochen profihaft", erzählt Klemt, namhafte Künstler wurden beauftragt, ihre Arbeiten von Pädagogen begutachtet: "Groß, klar, farbig, aktuell und exemplarisch musste es sein." Bis in die Achtzigerjahre hingen die Bilder an Schulwänden, heute sind sie verschwunden und mit ihnen "eine Zeit, in der die Frage nach dem Wieso und Warum fernab des Internets spannend beantwortet wurde", wie Bürgermeister Heinrich Hofmann sagte.

Bis 31. März 2018, Montag bis Freitag, 9 bis 12 Uhr, Archiv Planegg, Pasinger Straße 22, Eintritt frei

© SZ vom 24.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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