Historie:Im Zentrum: die Gemeinschaft

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Die Reformations-Gedächtnis-Kirche feiert ihre Einweihung vor genau 50 Jahren

Von Hannes Brandner, Großhadern

Tritt man durch die Eingangstür der Reformations-Gedächtnis-Kirche in Großhadern, strömt einem kühle Luft entgegen. Der Raum, der sich vor einem auftut, ist schlicht - unverputzte, rote Backsteinwände und schmucklose Bänke aus hellem Holz. Gegenüber, am anderen Ende des langen Raumes, steht, leicht erhöht, ein steinerner Altar. Dahinter leuchtet - wenn die Sonne scheint - das Schmuckstück der Kirche: ein riesiges, dreieckiges Glasfenster in verschiedenen Blau- und Rottönen.

Die Grundsteinlegung der Reformations-Gedächtnis-Kirche. (Foto: Privat)

Unter diesem Fenster werden an diesem Samstag, 23. März, auch die Musiker stehen, die dann eine ganz besondere Festwoche für die Kirchengemeinde einläuten. Vor genau 50 Jahren, im März 1969, wurde die Reformations-Gedächtnis-Kirche eingeweiht und die erste Predigt gehalten. Doch die eigentliche Geschichte der evangelischen Gemeinde beginnt schon 40 Jahre zuvor, im Jahr 1929. Damals gründete sich in Großhadern ein Kirchenbauverein, mit dem Ziel, ein Gotteshaus für das Stadtviertel zu errichten. Und es vergingen nicht einmal fünf Jahre, bis dessen Mitglieder ihren ersten großen Erfolg feiern konnten: den Bau einer Notkirche.

Das Banner am Kran signalisiert von Weitem: Hier entsteht eine Kirche. (Foto: Privat)

Pfarrer Michael Trimborn gefällt diese Vorgeschichte. Sie zeige, dass die Gemeinschaft schon von Anfang an im Zentrum der Kirchengemeinde stand. Schließlich war der Anstoß zum Kirchenbau keine kirchliche Initiative, sondern ein Vorschlag der Anwohner. Für Trimborn prägt dieses Gemeinschaftsgefühl seine Pfarrei bis heute - auch wenn sich in der Zwischenzeit viel geändert hat. Die Kontinuität des Glaubens verschwinde. "Von der Wiege bis zur Bahre gibt es nicht mehr", sagt Trimborn. Ob sich heute Menschen für den Glauben und die Kirche interessieren, hänge vom Angebot ab. Seine Kirchengemeinde scheint sich in dieser Hinsicht aber nicht schlecht aufgestellt zu haben. "Wir haben eine starke Jugend", erklärt der Pfarrer. Und das, obwohl es in München viel Konkurrenz aus anderen Bereichen gibt. Mit Jugendgottesdiensten, "Musikkneipen" und jährlich zwei längeren Ausflügen, einmal Skifahren in Österreich und im Sommer eine Woche Camping in der Toskana, sei es gelungen, die jungen Gläubigen für die Kirche zu begeistern. Ähnlich steht es um die Angebote für die ältere Generation. Aber es gibt nicht nur weltliche Programme, sondern auch das geistliche Gegenstück. "Wir sind eine Kirche und feiern hier nicht 50 Jahre Nachbarschaftstreff", stellt der Pfarrer klar. "Unser Kernangebot ist weiter der Gottesdienst."

Vor der Fertigstellung der Reformations-Gedächtniskirche gab es bereits eine Notkirche. (Foto: Privat)

Die Gemeinde legt viel Wert auf ökumenische Zusammenarbeit. "Es ist doch schön, dass sich diese konfessionelle Frontstellung geändert hat", freut sich Michael Trimborn. Der Grundstein für diese Zusammenarbeit wurde in dem Viertel schon früh gelegt: Für den Bau der Kirche stiftete ein alteingesessener, katholischer Großhaderner der evangelischen Gemeinde eine Kirchenglocke. Und das Taufbecken, eine goldene Schale, die auf einem Steinsockel neben dem Altar steht, ist das Geschenk einer katholischen Nachbargemeinde.

Ein anderes Zeugnis von christlicher, kultureller Offenheit hängt neben der Kirchentür - auf einem rotblau gemusterten Wandteppich ist eine Landkarte Tansanias angebracht. In dem afrikanischen Land hat die Reformations-Gedächtnis-Kirche eine Partnergemeinde. Am Teppich hängt auch ein langer Brief vom vergangenen Sommer. Darin berichtet die tansanische Pfarrerin den Münchnern, was sich gerade in ihrer Pfarrei tut. Am Ende des Briefes schreibt sie: "Wir möchten gern Besuche austauschen; von uns zu euch und umgekehrt." Dieser Austausch ist lange nicht mehr geschehen. Doch das soll sich bald ändern. Im Sommer wird wieder einmal ein Vertreter aus Großhadern die Pfarrgemeinde in Tansania besuchen, um die Partnerschaft zu beleben.

Bis dahin ist aber noch etwas Zeit. Und so lange wird sich die Gemeinde auf sich selbst konzentrieren und den "Geburtstag" der Kirche feiern. Pfarrer Michael Trimborn hofft auf viele Gäste in der Festwoche und freut sich auf angeregte Diskussionen und "gute Gespräche über den Sinn und Unsinn des Lebens".

© SZ vom 23.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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