Harlaching:Tückischer Fels

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Aus Haftungsgründen hat die Stadt den Isarhang zwischen Marienklause und Großhesseloher Brücke gesperrt. Die Lokalpolitiker wollen jetzt wenigstens einen Teil der Auf- und Abgänge wieder öffnen lassen

Von Julian Raff, Harlaching

Die Wege am Ende der Hermine-Bland-Straße sind begehbar. (Foto: Florian Peljak)

Dass sich Münchens steilster Park zu Füßen der Menterschwaige erstreckt, mag als Kuriosum für den Reiseführer oder für ein Stadtquiz erfreuen. Davon abgesehen, fragen sich Anwohner und Lokalpolitiker aber seit knapp einem Jahrzehnt, was ihnen die entsprechende Widmung des Isarhangs zwischen Marienklause und Großhesseloher Brücke bringt, außer gesperrten Wegen. Erneut dringt der Bezirksausschuss (BA) 18 nun darauf, den unzugänglichen, von senkrechten Nagelfluhwänden durchzogenen Geländestreifen als das auszuweisen, was er qua Vegetation ist, nämlich als Wald. Eine entsprechende Anpassung würde die Stadt weitgehend von ihrer Verkehrssicherungspflicht entbinden, sodass wenigstens ein Teil der verfallenden Auf- und Abgänge wieder geöffnet- und hergerichtet werden könnte.

Die Wege an der Marienklause sind geöffnet. (Foto: Florian Peljak)

Zum politisch-juristischen Streitobjekt wurden die Hangwege Anfang der 2010er Jahre. Nachdem der Abbruch einer Nagelfluhwand in Stein an der Traun zwei Todesopfer zur Folge hatte, ließ das Bayerische Landesamt für Umwelt auch die Konglomeratfelsen zwischen Tierpark und Grünwalder Brücke auf Steinschlaggefahren untersuchen. Die Geologen empfahlen umfangreiche Sicherungen durch Stahlnetze und Beton-Unterfangungen, ehe der Bayerische Verwaltungsgerichtshof 2013 die Pläne stoppte, wegen tiefer Eingriffe ins Flora-Fauna-Habitat. Es folgte die Sperrung aus Haftungsgründen. Denn parallel zur EU-rechtlichen Naturschutzzone gilt der drei Kilometer lange Abschnitt bis zur Stadtgrenze an der Großhesseloher Brücke auch als Park, in erster Linie aus historischen Gründen: Anfang des 20. Jahrhunderts hatte Bauunternehmer Jakob Heilmann hier einen "Harmoniepark" für die Bewohner seines Gartenstadt-Großprojekts ins Auge gefasst. Später schenkte er die unverwertbaren Hanggrundstücke der Stadt, die schließlich von 1911 an das Erosions- und Steinschlagproblem mit den jetzt langsam verfallenden Stützmauern und Wegeinfassungen löste. Die damals über Beton und Stahl verbauten Nagelfluhverkleidungen kaschieren bis heute, dass es sich um eine eigentümliche Mischung aus Wildnis und gestalteter Landschaft handelt. Abseits der Wege blieb der Hang jedenfalls schon immer unzugänglich, außer für Generationen junger Harlachinger, die hier ihren Abenteuerspielplatz fanden, kletterten, oder sich abseilten, wie Andreas Babor (CSU) in Erinnerung rief. Zu Unfällen, so Babor, sei es selbst bei solchen Eskapaden nicht gekommen, weshalb die Anwohner die Sperrung nicht verstünden, vor allem bei der Menterschwaige, wo eine hässliche Barriere den einzigen per Fahrrad passierbaren Abgang blockiert. Wer die legale Alternative an der Hermine-Bland-Straße nutzen will, muss sein Radl schultern. Die Steinschlaggefahr für den Talboden bleibe auch ohne neue Einbauten gering, der Hang lasse sich durch den Erhalt des Baumbestandes sichern, verteidigte Babor einen Antrag seines Fraktionskollegen Johannes Stöckel, der schließlich im BA-Plenum mehrheitlich durchging, nachdem ihn der Umwelt-Unterausschuss (UA) noch abgelehnt hatte. In großer Runde schlossen sich einige BA-Grüne, wie Maximilian Scherer, der CSU an. Teile der Grünen-Fraktion blieben skeptisch und wollten sich, wie etwa die UA-Vorsitzende Babette Lischka, "nicht über Sicherheitsbedenken hinwegsetzen", zumindest aber laufende Gutachten abwarten.

Der Abgang von der Menterschwaige aus ist gesperrt. (Foto: Florian Peljak)
© SZ vom 19.06.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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