Handwerk:Glänzendes Finale

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80 Meisterschüler des Maler-, Lackierer- und Vergolderhandwerks präsentieren in der Zeppelinhalle ihre Abschlussarbeiten. Für viele Prüflinge sind die aufwendigen Objekte der Auftakt zum Traumberuf

Von Melanie Just

Es riecht nach frischer Farbe, Lack und Tapetenkleister; Menschen in Schutzanzügen laufen geschäftig durch die Zeppelinhalle an der Hofmannstraße, Atemmasken im Gesicht. Anspannung liegt in der Luft. Rund 80 Schüler der Fachschule für Farb- und Lacktechnik, der Meisterschule für das Maler- und Lackiererhandwerk sowie der Meisterschule für das Vergolderhandwerk an der Luisenstraße haben in der vergangenen Woche ihre Meister- und Technikerprüfung absolviert. Starke Nerven und eine ruhige Hand waren da bei allen Prüflingen gefragt.

"Ich ärgere mich, wenn Fehler passieren, deshalb gebe ich bei der Arbeit immer mein Bestes", sagt Susan Menge. Sie hat als Malerin ihren Traumberuf gefunden. Nach erfolgreichem Abschluss der Meisterschule möchte sie sich mit ihrem Ehemann als "Meisterpaar" selbständig machen. Einen Vorgeschmack, was auf sie zukommt, lieferte die Aufgabenstellung der Meisterprüfung: Ein Musiker-Ehepaar möchte Eingangsbereich, Wohnzimmer und Musikzimmer renovieren lassen. "Die Prüflinge mussten zeigen, was sie in den letzten Monaten gelernt haben. Das reicht vom Angebot über einen Kostenvoranschlag und Pläne bis hin zur konkreten Umsetzung", gibt die stellvertretende Leiterin aller drei städtischen Schulen, Margareta Hauser, einen Überblick.

Meisterhaft: Prüfungsarbeiten wie diese Maske sind für die Schüler eine wichtige Referenz für zukünftige Auftraggeber. (Foto: Stephan Rumpf)

Der Traumberuf hat Menge jedoch auch körperlich zugesetzt. 13 Jahre lang arbeitete sie als Malergesellin, baute vor allem Gerüste - und zog sich dadurch ein Rückenleiden zu. "Daher lag es für mich auf der Hand, dass ich mich umorientieren muss", sagt sie. Trotzdem will die Malerin weiterhin im Handwerk tätig sein: "Was mir an meinem Beruf besonders gefällt, ist die Wertschätzung, die die Kunden dem Handwerk entgegenbringen." Kai Berger hat als Restaurator seine Bestimmung gefunden. "Die unterschiedlichen Untergründe und Materialien, aber auch das Klima spielen bei meiner Arbeit eine wichtige Rolle und halten immer wieder Überraschungen bereit. Das macht meinen Beruf besonders spannend und abwechslungsreich", sagt er.

Die Münchner Meisterschule für das Vergolderhandwerk, an der Berger die Qualifikation zum Kirchenmalermeister erlangen möchte, ist in Deutschland einzigartig. "Unsere Schüler kommen von überall her, von Südtirol bis Norddeutschland", sagt Konrektorin Hauser. Die vielfältigen Kunststile der Regionen, aus denen die Schüler kommen, aber auch ihre unterschiedlichen Ansichten und Vorkenntnisse seien für Lehrer und Mitschüler gleichermaßen inspirierend. Auch die Altersspanne sei weit gefasst: "In den Klassen sind Berufsanfänger, die gerade erst ihre Gesellenprüfung abgelegt haben, bis hin zu denjenigen, die seit vielen Jahren in ihrem Beruf arbeiten."

Mit ruhiger Hand: Die filigranen Werkstücke verlangen den Schülern viel Geduld und Können ab. (Foto: Stephan Rumpf)

Berger konnte in den 25 Jahren als Restaurator bereits einiges an Praxiserfahrung sammeln. "Ich habe gemerkt, dass mir an der ein oder anderen Stelle noch Fachwissen fehlt. Außerdem finde ich Qualifikationen wichtig. Vor allem der Abschluss als Meister, den es so ja nur in Deutschland gibt, ist im Ausland sehr hoch angesehen." Für den einjährigen Vollzeitunterricht an der Meisterschule ist Berger von Berlin nach München gezogen. Sein Ziel ist es, einen guten Abschluss zu schaffen und anschließend als Kirchenmalermeister in einer Werkstatt angestellt zu sein. "Ich möchte einer anspruchsvollen Arbeit nachgehen und Statuen, Altäre und andere Kulturgüter erhalten, am liebsten in Süddeutschland." Irgendwann einmal eine eigene Werkstatt zu besitzen, "das wäre natürlich der Idealfall", meint er.

Bergers Meisterstück ist die exakte Kopie einer Heiligenfigur aus dem 15. Jahrhundert. Neben einer Imitation eines Bilderrahmens, einer Figur oder eines anderen Objekts mussten die Absolventen während der Prüfungswoche Arbeitsproben anfertigen, um daran bestimmte Mal- sowie Imitationstechniken zu präsentieren. Hinzu kam - wie auch bei den Prüflingen der beiden anderen Schulen - ein abschließendes Fachgespräch. Die Materialien für ihre Meisterarbeiten mussten die Prüflinge aller Fachrichtungen übrigens selbst beschaffen und bezahlen. So mussten im Voraus nicht nur Farbe, Lacke oder Tapeten organisiert werden, sondern auch Blattgold besorgt und geschnitzte Holzfiguren in Auftrag gegeben werden.

Die Materialien müssen die Schüler selbst besorgen und bezahlen. (Foto: Stephan Rumpf)

Der Aufwand zahlt sich jedoch für die eigene berufliche Zukunft aus, denn die Meisterarbeiten seien nicht nur Prüfungsleistungen, die über Bestehen oder Nicht-Bestehen entscheiden: "Sie sind auch eine Art Aushängeschild. Wer aus der Branche kommt und neue Mitarbeiter sucht, schaut sich unsere Abschlussausstellung an", meint Berger.

Das bestätigt auch Hauser, doch sie weiß auch: "Auf der Suche nach einer Anstellung als Kirchenmaler oder Vergolder ist viel Geduld und Engagement gefragt. Es dauert seine Zeit, bis jeder sein Plätzchen gefunden hat, an dem er sich wohlfühlt." Dennoch ist sie sich sicher, dass es für beide Berufsbilder genügend Arbeit gibt. "Der Markt dafür ist da, man muss nur die richtige Sparte für sich finden." Auch an Nachwuchs mangelt es an allen drei Schulen nicht. "Wir bekommen jedes Jahr eher zu viele Anfragen, als wir Plätze haben und können daher leider nicht alle Bewerber aufnehmen."

Die Vorbereitungen für das nächste Schuljahr laufen bereits auf Hochtouren. Auf die Ausstellung der Meisterarbeiten freut sich die stellvertretende Leiterin jedoch immer besonders: "Schüler und Lehrer sind über die Monate sehr zusammengewachsen und haben all ihr Herzblut in die Arbeit gesteckt. Das ist, wie wenn man eine Kinderschar entlässt, aufregend und schön zugleich." Die enge Bindung sorge auch dafür, dass viele ehemalige Schüler zu den Abschlussausstellungen kämen. "Dann sehen wir, was über die Jahre aus ihnen geworden ist", sagt Hauser. "Das ist einer der schönsten Momente in meinem Beruf."

Zu sehen sind die Ergebnisse der Meister- und Technikerprüfungen von Montag, 25. Juli, bis Mittwoch, 27. Juli, in der Zeppelinhalle, Hofmannstraße 42. Geöffnet ist die Ausstellung jeweils von 9 bis 17 Uhr.

© SZ vom 23.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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