Haidhausen:Rütteln am Denkmalschutz

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Das Klinikum rechts der Isar will ein Multiple-Sklerose-Zentrum errichten, dem zwei spätklassizistische Gebäude an der Trogerstraße weichen müssten. Der Bezirksausschuss spricht sich gegen den Abbruch der beiden Häuser aus

Von Johannes Korsche, Haidhausen

In Haidhausen könnten zwei unter Denkmalschutz stehende Häuser abgerissen werden. Zumindest lässt das Klinikum rechts der Isar derzeit prüfen, ob die beiden spätklassizistischen Gebäude an der Trogerstraße 12 und 14 tatsächlich eine "denkmalwürdige Substanz aufweisen", wie eine Sprecherin des Klinikums mitteilt. Die beiden Häuser, die im 19. Jahrhundert erbaut worden sind, sollen einem Zentrum für die Behandlung und Erforschung der Multiplen Sklerose (MS) weichen.

Das Klinikum hat dafür einen Antrag auf Vorbescheid eingereicht, der sich auf einen Bebauungsplan aus dem Jahr 1985 bezieht. Dieser sieht den Abriss der beiden Gebäude vor. Doch damals waren die Häuser noch keine Denkmäler - inzwischen schon. Für die Haidhauser Stadtteilpolitiker ist der Fall deswegen eindeutig: "Die Häuser stehen auf der Denkmalliste und dürfen nicht abgerissen werden", sagt die Vorsitzende des Bezirksausschusses Adelheid Dietz-Will (SPD). Zwar werde ein derartiges Zentrum ausdrücklich begrüßt und für notwendig befunden, heißt in der Stellungnahme des Bezirksausschusses (BA), aber nicht an dieser Stelle.

Wenn es nach den Plänen des Klinikums rechts der Isar geht, wird künftig anstelle der Häuser ein Zentrum zur Behandlung von Multipler Sklerose stehen. (Foto: Florian Peljak)

Jedes Jahr betreut das Klinikum nach eigener Angabe 1000 Patienten mit Multipler Sklerose. Der Neubau soll in Zukunft die bereits bestehenden Gruppen, die zu der Erkrankung des zentralen Nervensystems forschen, unter einem Dach zusammenfassen. "Mit dem Forschungszentrum wird eine in Deutschland einzigartige Struktur geschaffen", teilt das Klinikum mit. Zudem sei die Verlagerung und Entzerrung der Tierhaltung notwendig. Untersuchungen an Kleintieren seien wesentlich für die Erforschung der Krankheit. In dem geplanten Forschungszentrum sollen "Mäuse und Zebrafische untergebracht werden". Der von den BA-Mitgliedern kritisierte Standort ist den "medizinischen Notwendigkeiten der Patientenversorgung" geschuldet. In dem geplanten Zentrum werde ambulant behandelt, da aber in bestimmten Fällen eine stationäre Betreuung nötig sei, müsse eine räumliche Nähe zum Hauptgebäude gegeben sein.

Für den Bezirksausschuss stellt das MS-Zentrum dagegen eine "in sich geschlossene Einrichtung" dar, die nicht "zwingend in den Haidhauser Campus integriert werden muss", heißt es in der Stellungnahme des BA. Vielmehr sei die Fläche an der Trogerstraße vorzuhalten, da sie "der Klinikbetrieb selbst sicher noch in der Zukunft benötigen wird." Ein zukunftsfähiges Konzept der Campus-Erweiterung können die Stadtteilpolitiker nicht erkennen. Es "entsteht der Eindruck, dass hier nur Flickschusterei von Bedarfen betrieben wird und es an einem plausiblen Gesamtkonzept fehlt". Das Klinikum verweist darauf, dass derzeit gemeinsam mit der Fakultät für Medizin an einem Gesamtkonzept gearbeitet werde. "Dieser Masterplan für die nächsten Jahrzehnte wird derzeit mit den Behörden abgestimmt und soll der Öffentlichkeit in diesem Frühjahr vorgestellt werden", kündigt das Klinikum an.

So soll das neue Zentrum zur Erforschung und Behandlung von Multipler Sklerose aussehen. Ein Antrag auf Vorbescheid läuft. (Foto: Simulation: Doranth Post und Sitzberger Architekten)

Einstweilen wollen die BA-Mitglieder verhindern, dass Fakten geschaffen werden. Ein einstimmig verabschiedeter Antrag der CSU-Fraktion fordert, dass ein "Ortstermin zur Besichtigung der denkmalgeschützten Häuser Trogerstraße 12 und 14 stattfindet, an welchem der Bezirksausschuss und die Denkmalschutzbehörde teilnehmen". Bis dahin ist laut Antrag sicherzustellen, dass "keine baulichen Schädigungen oder gar erste Abrissmaßnahmen" erfolgen. Der Abriss der beiden Häuser würde einen schweren Verlust für Haidhausen und eine betrübliche Verletzung des Denkmalschutzes darstellen. Das MS-Zentrum müsse "an einer Stelle errichtet werden, wo kein derart hoher denkmalpflegerischer Preis zu zahlen wäre". Nikolaus Haeusgen (CSU), der den Antrag als Denkmalschutzbeauftragter eingebracht hat, bringt die Stimmung unter den BA-Mitgliedern auf den Punkt: "Kein Privatmann würde jemals die Genehmigung für einen solche Abriss bekommen." Ob das Klinikum rechts der Isar mehr darf als ein Privatmann, wird sich in den kommenden Monaten zeigen.

© SZ vom 22.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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