Haidhausen:Gegen leere Kassen in der Krise

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Entschlossen, den Verkauf anzukurbeln: die Ladeninhaberinnen Katja Keussen von "Zusann" (links) und Stefanie Sobisch von "Curtis & Curtis". (Foto: Catherina Hess)

18 Ladenbetreiber haben gemeinsam "Wiener Platz Liebe" ins Leben gerufen - als Aktion für den lokalen Handel

Von Patrik Stäbler, Haidhausen

Ein Mittwochvormittag zur Adventszeit im "Curtis & Curtis", einem Möbelgeschäft am Wiener Platz in Haidhausen. Alle paar Minuten öffnet sich die Eingangstüre, und die Klingel ertönt; der Laden scheint durchaus gut besucht. Im Vergleich zum Vorjahr sei jedoch merklich weniger los, sagt Betreiberin Stefanie Sobisch. Und auch Katja Keussen vom benachbarten Modegeschäft "Zusann" bestätigt: "Die Leute sind deutlich zurückhaltender geworden."

Es sind dies Sätze, die man dieser Tage allenthalben von Geschäftsinhabern hört - oft kombiniert mit Klagen über die Corona-Pandemie und den einhergehenden Beschränkungen. Stefanie Sobisch und Katja Keussen jedoch wollen nicht jammern, sondern etwas gegen den Kundenschwund unternehmen - zusammen mit den Inhaberinnen und Inhabern von 17 weiteren Geschäften aus der Nachbarschaft. Gemeinsam veranstalten sie an diesem Samstag die Aktion "Wiener Platz Liebe". Dann wird es vor dem Hofbräukeller Glühwein und Bratwürste geben, während in den teilnehmenden Geschäften verschiedene Überraschungen auf die Kunden warten - vom hausgemachten Punsch über eine Nikolaussuche bis hin zu liebevoll verpackten Geschenktüten. "Natürlich alles unter Achtung der Hygiene-, Abstands- und Maskenregeln", wie Katja Keussen sogleich betont.

Die Idee zu "Wiener Platz Liebe" stammt von Stefanie Sobisch. Als Inspiration hätten ihr mehrere Geschäfte im Hamburger Stadtteil Eppendorf gedient, die sich unter dem Motto "Das kleine Notting Hill" zusammengetan haben, einen gemeinsamen Internetauftritt betreiben und regelmäßig Veranstaltungen auf die Beine stellen. "Da habe ich mir gedacht, dass wir das auch machen könnten", sagt Stefanie Sobisch. "Schließlich haben wir hier am Wiener Platz einen ganz besonderen Ort." Zusammen mit Nicole Mohrmann, der das gleichnamige Modegeschäft auf der anderen Straßenseite gehört, habe sie die Idee ausgearbeitet, bei den benachbarten Läden herumgefragt und die Sache ins Rollen gebracht.

Natürlich wollen die Händlerinnen und Händler mit ihrer Aktion vor allem das Weihnachtsgeschäft ankurbeln. Allerdings gehe es ihnen auch darum, "ein Zeichen zu setzen", sagt Katja Keussen. Und zwar für den lokalen Handel und gegen die "Online-Shopperitis", die sich in Zeiten von Corona so rasant ausbreitet, wie es kein Virus vermag. Nicht von ungefähr ist der Börsenwert des Internet-Riesen Amazon seit Jahresbeginn um satte 70 Prozent gestiegen. Wobei man am Wiener Platz noch in einer vergleichsweise komfortablen Situation sei, findet Katja Keussen. "Wir haben hier ein Kleinod, das sich absetzt von der Innenstadt" - durch die Marktstände, den Biergarten und die Vielzahl an unterschiedlichen Läden auf engstem Raum.

Sie wollen ihr Angebot an diesem Samstag möglichst vielen Menschen präsentieren. Um die Werbetrommel zu rühren, wurden 2000 Flyer verteilt. Um deren Gestaltung und andere organisatorische Dinge zu besprechen, haben sich die beteiligten Geschäftsleute mehrmals getroffen - mal im Café, mal draußen auf den Sitzbänken. "Da ist mit der Zeit eine richtige Gemeinschaft gewachsen", sagt Stefanie Sobisch. Dabei habe sie einige ihrer Nachbarn zuvor gar nicht gekannt. Doch die meisten waren sofort begeistert von der Idee. Und noch etwas habe sie in den Wochen und Monaten der Planung festgestellt: "Die gegenseitige Unterstützung ist in diesen Corona-Zeiten auf jeden Fall größer geworden."

© SZ vom 04.12.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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