Es ist 30 Jahre her, aber Jörg-Dietrich Haslinger, der in Ramersdorf mit seiner Familie eine Doppelhaushälfte bewohnt, kann sich noch gut erinnern. "Der Himmel wurde gelb, und draußen im Garten hörten die Vögel mit einem Schlag auf zu singen.
Es war totenstill. Gespenstisch." Dann öffnete der Himmel seine Schleusen. Erst Regen, dann Hagel. Aber was für ein Hagel. Eiskugeln groß wie Tennisbälle flogen wie Geschosse vom Himmel, Fensterglas klirrte, Dachziegel zerbarsten, der Lärm war infernalisch, gerade so, als würden alle Trommler der Welt ein gemeinsames Platzkonzert geben.
Nur wenige Minuten tobte das Unwetter, doch die genügten, Haslingers Anwesen zu verwüsten. "Im Garten war alles kurz und klein gehäckselt", sagt der Polizist, der mittlerweile im Ruhestand ist. Knöchelhoch lagen die Hagelschloßen auf den Beeten, von den Rosen waren nur noch die Stiele übrig, die Bäume entlaubt, und das Gemüse hatte sich in Brei verwandelt. Noch schlimmer aber waren die Schäden am Haus.
Manche Hagelkörner waren so groß wie Tennisbälle.
(Foto: Frank Leonhardt/dpa)Die Hagelkörner hatten die Dachziegel zerbrochen und zersplittert, das halbe Dach war abgedeckt, um das Haus verstreut lagen die Trümmer. Vom verglasten Vorbau war nur noch das Holzgerippe übrig, und auch das kleine Badezimmerfenster war zu Bruch gegangen. "Die Hagelkörner mussten wir mit der Kehrschaufel wieder hinaus befördern" , erzählt Jörg-Dieter Haslinger. Und auch sein Auto, einen nicht mehr ganz neuen Datsun Kombi, hatte es erwischt. "Das Dach hat ausgeschaut wie ein Nudelsieb."
Eine Schneise der Verwüstung
Immerhin, einen Trost hatten die Haslingers. Sie waren beileibe nicht die Einzigen, die am Abend des 12. Juli 1984 vor einem Scherbenhaufen standen. Die Hagelwalze, die gegen 20 Uhr über das Fünfseenland, die Stadt München und deren östliches Umland hinwegrollte, hinterließ eine Schneise der Verwüstung. Wie viele Menschen in Mitleidenschaft gezogen wurden und was da alles kaputt ging, bilanzierte der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft im folgenden Herbst: Mehr als 400 Personen erlitten so starke Verletzungen, dass sie im Krankenhaus behandelt werden mussten; drei Menschen starben vor Aufregung.
Rund 70 000 Wohngebäude wurden zum Teil erheblich beschädigt, ebenso 1000 Gewerbebetriebe, darunter etliche Gärtnereien, deren Gewächshäuser gründlich entglast wurden. In den Landkreisen München, Starnberg und Ebersberg vernichtete das Unwetter einen erheblichen Teil der Feldfrüchte. Rund 20 000 Hektar an landwirtschaftlicher Fläche wurde von den Hagelkörnern noch vor der Ernte umgepflügt.