Hadern:Zank um einen Zebrastreifen

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Unübersichtlich: Insbesondere dort, wo die Haderunstraße (rechts) auf die Großhaderner Straße stößt, gefährdet der Verkehr die Fußgängerinnen und Fußgänger. (Foto: Catherina Hess)

Über die Frage, wie die Kinder auf ihrem Schulweg an der Großhaderner Straße besser geschützt werden können, gerät die Vorsitzende im Bezirksausschuss mit den Verkehrsexperten im Gremium aneinander

Von Berthold Neff, Hadern

Eine stark befahrene, unübersichtliche Straße, ein paar Schulen - und kein Zebrastreifen weit und breit. Dieses Bild bietet sich an vielen Stellen in der Stadt, zum Beispiel auch an der Großhaderner Straße: Ein Aldi und eine Autowerkstatt, eine Grundschule mit Tagesheim, eine große Gaststätte, bald auch noch eine Brauerei und außerdem noch Büros und 20 Neubauwohnungen: Die Großhaderner Straße, die bei Stau auf der Waldwiesenstraße gerne auch als Ausweichroute zur Lindauer Autobahn genutzt wird, hat auf engem Raum viel zu verkraften, vor allem viel Verkehr. Diesen Zustand will der Elternbeirat der Grundschule und des Tagesheims an der Großhaderner Straße 50 nicht länger hinnehmen und dringt darauf, die Verkehrssicherheit für die Kinder zu erhöhen. Dieser "dringende Handlungsbedarf" bestehe seit Jahren, heißt es in einem Brandbrief des Elternbeirats an den Bezirksausschuss (BA) Hadern. Man habe das Thema bereits im vergangenen Herbst in der Bürgerversammlung ansprechen wollen, doch diese fiel wegen Corona aus.

Erschwerend kommt hinzu, dass ein paar Dutzend Meter weiter die nächste Schule steht, die evangelische Lukasschule an der Haderunstraße. Diese mündet im rechten Winkel auf die Großhaderner Straße, was die Situation noch gefährlicher macht. Grund genug also für den BA-Unterausschuss (UA) Mobilität, sich das Problem an Ort und Stelle anzuschauen und nach einer Lösung zu suchen. Als die UA-Mitglieder nun aber ihre Einschätzung in der jüngsten BA-Sitzung vortrugen, kam es zum Eklat. Weil die BA-Vorsitzende Renate Unterberg (Grüne) die Ergebnisse des Ortstermins kritisierte und ablehnte, musste sie sich harsche Kritik von SPD und CSU gefallen lassen. Die stellvertretende BA-Vorsitzende Irmgard Hofmann (SPD) nannte Unterbergs Vorgehen "despektierlich", die CSU-Fraktionssprecherin Gabriele Radeck sagte, sie "finde es nicht gut, die Arbeit der Kollegen runterzumachen". Unterberg stimmte auch gegen das Protokoll aus dem UA - als einzige in dem wegen Corona in reduzierter Besetzung tagenden Stadtviertel-Gremium.

Die Verkehrsexperten des Bezirksausschusses plädieren dafür, einen von Schülerlotsen gesicherten Überweg anzulegen, dessen Kosten allerdings von der Elternschaft zu tragen seien. Darüber hinaus regen sie an, eine Schrägparkzone zwischen den Feuerwehranfahrten bei der Stürzerkapelle anzulegen, wobei zu prüfen wäre, ob eine der Anfahrten verschmälert werden kann. Das Anlegen eines Zebrastreifens schlagen die UA-Mitglieder jedoch ebenso wenig vor wie eine Einbahnstraße.

Nach der Sitzung darauf angesprochen, erklärte Renate Unterberg der SZ, das Thema Zebrastreifen an dieser Straße stehe schon seit Langem auf der Wunschliste speziell des Elternbeirats. Jeder sehe doch, "dass die Situation dort immer schwieriger wird", wegen diverser Bauvorhaben und weil die Straße als Route zur Autobahn genutzt werde. Sie erinnerte auch daran, dass die Bürgerversammlung schon im Oktober 2018 verkehrsberuhigende Maßnahmen gefordert habe, Zebrastreifen inklusive.

Das Kreisverwaltungsreferat (KVR) habe jedoch solche Eingriffe an der Straße - die in einer Tempo-30-Zone liegt - abgelehnt und damit begründet, dass es dort seit 2016 keinen Schulwegunfall gegeben habe. Es gebe laut KVR zwar genügend Autos, um in einer solchen Tempo-30-Zone einen Zebrastreifen anzubringen, aber nicht genügend Fußgänger. Im Frühjahr 2019 hätten die Grünen - deren Fraktionssprecherin sie damals war - gegen diese Beschlussvorlage aus dem KVR gestimmt. Unterberg sagt, sie habe damals darauf hingewiesen, dass gerade deshalb zuwenig Menschen die Straße querten, "weil sie so stark befahren ist". Dies sei nach wie vor der Fall. Ein Zebrastreifen würde dies ändern, "dann würden mehr Menschen über die Straße gehen, und dann würden mehr Kinder zu Fuß in die Schule kommen, sodass die Zahl der Autos sinken und damit die Gefahrensituation geringer würde". Im Übrigen, so die BA-Chefin, habe es noch im Sommer 2019, also noch vor der Kommunalwahl, einen Ortstermin gegeben. Das KVR habe, ebenso wie CSU und SPD, einen Zebrastreifen erneut abgelehnt. Auf ihr Drängen hin sei jedoch ein Zebrastreifen versprochen worden, falls die Elternschaft Schulweghelfer zur Verfügung stelle. Unterberg: "Das war das Maximale, was ich erreicht habe."

Angesichts dieser langen Vorgeschichte sei sie vom Ergebnis des jüngsten Ortstermins enttäuscht gewesen und habe dies auch in der Sitzung deutlich gemacht. Dass sie dafür so kritisierte wurde, verstehe sie nicht. Angesichts ihres jahrelangen Eintretens für mehr Sicherheit an dieser Stelle "hat mich das persönlich enttäuscht, und das darf ich auch dann laut sagen, wenn ich inzwischen die Vorsitzende bin". Unterberg: "Meine Position ist seit Jahren die gleiche, ich mache es mir heute nicht bequemer als zu Zeiten, wo ich noch Sprecherin der ,Opposition' war."

Auf die Antwort auf eine Anfrage, die sie im Oktober 2019 an die Stadt stellte, wartet sie übrigens bis heute: Das Baureferat möge mitteilen, was ein Zebrastreifen kostet. Dann könne der BA entscheiden, ob er einen solchen Zebrastreifen aus seinem Budget bezahlen oder als städtische Leistung in Auftrag geben will.

© SZ vom 08.05.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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