Hadern/Sendling:Klassen-Kampf

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Das Montessori-Förderzentrum an der Heiglhofstraße wird erweitert, dort sollen von September 2016 an auch die Kinder aus Sendling unterrichtet werden. Seit langem wehren sich Eltern gegen die Schließung der Reutberger Schule

Von Birgit Lotze, Hadern/Sendling

Die Aktion Sonnenschein, Träger des Montessori-Förderzentrums an der Heiglhofstraße und der Schule an der Reutberger Straße in Sendling, rüstet in Hadern auf. Mitte Juli sind die Bagger angerückt. Der neue Bau, wie der ältere im sogenannten Clusterstil errichtet, soll bis September 2016 bezugsfertig sein. Dann will die Aktion Sonnenschein die kleine Bildungsstätte in Sendling mit vier Klassen, Hort und Kindergarten schließen und die Kinder in das Zentrum an der Heiglhofstraße integrieren.

Die Absicht der Aktion Sonnenschein, die Sendlinger Schule aufzugeben, hat in den vergangenen zwei Jahren erhebliches Aufsehen erregt. Eltern, Schüler und Freunde der Reutberger Schule wollen den Sendlinger Sprengel unbedingt aufrechterhalten - weil die kleine Schule sehr gut funktionieren soll und als die Wiege der Montessori-Pädagogik in Bayern gilt. Die Stadt München will allerdings das Grundstück in der Reutberger Straße von übernächstem Schuljahr an selbst nutzen. Bislang hat sie dem Verein "Montessori für Sendling", der sich für eine Nachfolgeschule einsetzt, auch kein alternatives Grundstück in Aussicht gestellt.

Klarer Standpunkt: Am Sendlinger-Tor-Platz demonstrierten die Sendlinger Montessori-Kinder und ihre Eltern gegen die Schließung ihrer Schule. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Die Aktion Sonnenschein hingegen hat in dieser Woche prominente Unterstützung bekommen. Karin Seehofer, Ehefrau des Ministerpräsidenten, hat nach einem Rundgang durch die Schule an der Heiglhofstraße gesagt, sie könne sich vorstellen, für das Bauprojekt die Schirmherrschaft zu übernehmen: "Wenn ich dazu beitragen kann, dass etwas Gutes entsteht, mach' ich doch gerne mit." Zwar schränkte Karin Seehofers persönliche Referentin noch ein, dass das noch keine feste Zusage sei, es könne Gründe geben, die ihre Chefin davon abhalten könnten. Doch schon ihr mehr als zweistündiger Besuch gab Anlass zur Hoffnung für Schulleiter Heribert Riedhammer, Geschäftsführer Johannes Högl und den Stifterverein Aktion Sorgenschein. "Schon allein die Tatsache, dass Sie sich zu uns bekennen, gibt uns einen besseren Hintergrund, wenn wir zum Schnorren gehen", sagte der stellvertretende Vorsitzende des Vereins, Guido Braun. Sollte Karin Seehofer die Schirmherrschaft übernehmen, will sie sich richtig engagieren. Seehofer sagte, sie wolle nicht nur ihren Namen hergeben. Betreue sie ein Projekt, dann begleite sie es von der Grundsteinlegung bis zum Ende der Baumaßnahme.

Die Aktion Sonnenschein hat Spenden nötig. Allein der erste Bauabschnitt - ein viergeschossiges Gebäude mit 24 Klassenzimmern und Fachräumen - kostet 6,5 Millionen Euro; 20 Prozent muss der Verein aufbringen. Danach steht eine neue Turnhalle an, da die bestehende in eine Mensa umgebaut werden soll. Kommt es nicht zu Verzögerungen, kostet das gesamte Bauprojekt fast 15 Millionen Euro.

So ganz wohl ist den Verantwortlichen der Aktion Sonnenschein angesichts der Höhe der Beträge nicht. Die Spenden seien in den vergangenen zwei Jahren eingebrochen, sagt Geschäftsführer Johannes Högl. Gegen die großen Spendeneintreiber, die auf teuren Plakaten für sich werben könnten, hätten kleine integrative Bildungseinrichtungen geringe Chancen.

Offenes Lernen: der "Dorfplatz" im Förderzentrum an der Heiglhofstrasse. (Foto: Hess)

480 Kinder besuchen derzeit die Schule an der Heiglhofstraße, jeder zweite Schüler hat erhöhten Förderbedarf. Der Bauplan sieht vor, dass das Förderzentrum künftig mit den 80 Schülern aus der Reutberger Straße von 35 auf 39 Klassen aufgestockt wird. Dann wird sich auch das Verhältnis von Kindern mit und ohne Förderbedarf etwas ändern, hofft der Schulleiter: "An der Reutberger Straße kann man das Verhältnis 25 zu 75 nur leben, weil hier in der Heiglhofstraße entsprechend mehr Kinder mit Förderbedarf lernen."

Organisatorisch wird die kleine Schule in Sendling bereits stark von der Heiglhofstraße aus bestimmt. Die Aktion Sonnenschein habe die Schule an der Reutberger Straße so lange wie möglich gehalten, beteuern Braun, Högl und Riedhammer. Eigentlich wäre es bereits von 15 Jahren sinnvoll gewesen, die Schule zu schließen und die Schulorganisation an einem Standort zu konzentrieren. Vor zwei Jahren seien schließlich "alle Zeichen auf Minus" gestanden. Die Stadt habe die Erbpacht verdreifacht, die Schulaufsicht habe gedrängt, aus wirtschaftlichen Gründen Synergien zu nutzen, das Kultusministerium habe nur noch die "Einhäusigkeit" fördern wollen. Dann sei auch noch das Gebäude an der Reutberger Straße baulich im völlig desolaten Zustand.

Dass der Sendlinger Zweig sich Hadern nicht anschließen, sondern eine eigene Schule betreiben will, nimmt die Aktion Sonnenschein gelassen. Die Schule an der Reutberger Straße sei etwas Besonderes. "Natürlich hatten auch wir eine emotionale Bindung", sagt Guido Braun. Dass der neue Verein den Geist aufrechterhalten wolle, sei ein "Riesenkompliment" für die Aktion Sonnenschein, findet Geschäftsführer Johannes Högl.

© SZ vom 31.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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