Hadern:Erklärungen für einen Antisemiten

Die Lengbehnstraße wird mit einer Hinweistafel ausgestattet

Von Berthold Neff, Hadern

Als München im Jahre 1931 eine Straße am westlichen Stadtrand nach dem Kulturphilosophen August Julius Langbehn benannte, war es nur noch eine Frage der Zeit, bis Adolf Hitler als sogenannter Führer an die Macht kommen und Verderben über die Welt bringen würde. So wie der spätere Diktator war auch Langbehn, der 1907 starb und in Puch bei Fürstenfeldbruck bestattet wurde, ein Antisemit. Langbehn bewies dies bereits in seinem 1890 erschienenen Buch "Rembrandt als Erzieher", das in nur zwei Jahren 39 Auflagen erlebte, also wohl eine größere Leserschaft als Hitlers "Mein Kampf" hatte.

Aber ist es heute noch zeitgemäß, einen solchen Mann durch eine Straße zu ehren? Nein, findet die CSU-Fraktion im Bezirksausschuss (BA) Hadern und forderte die Stadt auf, die Langbehnstraße, die heute entlang der Lindauer Autobahn verläuft, umzubenennen oder zumindest eine erklärende Tafel anzubringen. Zu letzterer Lösung hat man sich in Fürstenfeldbruck 2018 entschlossen. Darauf läuft es wohl auch in Hadern hinaus. In der Debatte in der Sitzung am Montagabend warf die stellvertretende BA-Vorsitzende Irmgard Hofmann ein, die Jusos hätten schon früher eine Umbenennung gefordert. Langbehn sei schon mehr als 100 Jahre tot, kaum jemand kenne ihn noch. Andererseits werde jemand wie der Schriftsteller Ludwig Thoma, der Bayerns ersten Ministerpräsidenten Kurt Eisner grob als "Saujud" beleidigt habe und ein glühender Antisemit gewesen sei, weiter im Stadtbild geehrt, durch eine Schule und eine Straße. Die BA-Mitglieder, die wegen der Pandemie in kleiner Besetzung tagten, stimmten dann für eine Erklärtafel.

© SZ vom 16.12.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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