Hacker-Angriff:"Keiner will so etwas Privates in der Öffentlichkeit sehen"

Lesezeit: 2 min

Ausgespäht: SPD-Politiker Florian Post. (Foto: Catherina Hess)
  • Auch Münchner Abgeordnete sind von dem Hacker-Angriff betroffen.
  • Von der SPD-Bundestagsabgeordneten Claudia Tausend wurde die Handynummer veröffentlicht, von ihrem Kollege Florian Post die Anschrift, Kontoauszüge und Chatverläufe.
  • Trotz der Angriffe sind die meisten der betroffenen Münchner Politiker nicht beunruhigt.

Von Merlin Gröber

Am Freitagmorgen gegen elf Uhr klingelte bei Claudia Tausend das Telefon. "Es war die Polizei. Sie sagte mir, ich sei Opfer eines Hackerangriffs", berichtet Tausend. Sie ist die Vorsitzende der Münchner SPD und eine von mehreren Hundert deutschen Politikern und Prominenten, denen Daten entwendet wurden und im Internet veröffentlicht wurden. Darunter sind vor allem private Telefonnummern, aber auch Wohnanschriften sowie Personalausweiskopien. Außerdem sind offenbar Chatverläufe und E-Mails veröffentlicht worden. Von dem Hackerangriff sind auch mehrere Bundestags- und Landtagsabgeordnete aus München betroffen.

Dass ihr Daten geklaut wurden, hatte Tausend zunächst nicht bemerkt. "Erst als die Polizei anrief, habe ich davon erfahren", sagt sie. Dass nun ihre Handynummer öffentlich ist, sieht die SPD-Bundestagsabgeordnete als kleinstes Problem: "Interessanter ist doch, dass überhaupt gehackt wurde. Und die Frage, was politisch dahintersteckt."

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Während von Tausend lediglich die Handynummer im Netz auftauchte, muss ihr Parteifreund Florian Post größeren Schaden befürchten. Neben seiner Telefonnummer kamen auch seine Anschrift, Kontoauszüge und Inhalte aus Chatverläufen an die Öffentlichkeit. "Das ist sehr unangenehm", sagt Post. "Keiner will so etwas Privates in der Öffentlichkeit sehen." Sorgen macht sich der Bundestagsabgeordnete aber keine, veröffentlicht worden sei vor allem "harmloses Gechatte mit Freunden"; brisante Daten seien nicht abgegriffen worden, auch keine geschäftlichen oder dienstlichen E-Mails. Angst hat Post trotz des Hackerangriffs nicht: "Ich habe mich vorher nicht unsicher gefühlt und tue es jetzt auch nicht", sagt er. Trotzdem will er sich rechtlich wehren. "Ich habe meinen Anwalt eingeschaltet. Gegen solche Angriffe muss man vorgehen", sagt er. "Das darf nicht Schule machen."

Auffällig sei, sagt Post, dass die AfD von dem Angriff nicht betroffen ist. Mit dieser Ansicht steht der SPD-Politiker nicht alleine da. Stephan Pilsinger (CSU) sieht darin einen Hinweis, aus welcher politischen Richtung der Angriff gekommen sein könnte: "Ich glaube nicht, dass die AfD direkt etwas damit zu tun hat", sagt er. "Der Angriff könnte aber aus dem medialen Milieu der Partei kommen." Auch der Münchner Linken-Abgeordneten Nicole Gohlke drängt sich der Verdacht auf, "dass die AfD etwas damit zu tun haben könnte". Mit dem Hackerangriff verbindet sie auch mehrere Anrufe, die am frühen Freitagmorgen auf ihr Handy eingingen: "Verschiedene Nummern mit russischer Vorwahl haben versucht, mich zu erreichen", sagt sie.

Auch Dieter Janecek, der für die Grünen im Bundestag sitzt, hatte am Freitagmorgen auf seinem Smartphone mehrere verpasste Anrufe von russischen Telefonnummern. "Ich vermute, das waren Phishing-Attacken, um an weitere Daten zu gelangen", sagt er. Janecek warnt daher vor der Radikalität der Akteure, die hinter dem Angriff stehen könnten: "Diese Kräfte gehen bis zum Äußersten." Seine Parteifreundin Margarete Bause sieht in dem Hackerangriff einen Versuch, die Menschen einzuschüchtern und daraus politisches Kapital zu schlagen: "Ich habe den Eindruck, dass der Angriff eine gezielte Attacke von Rechtsradikalen ist, um unsere Demokratie zu destabilisieren."

Trotz der geleakten Daten fühlen sich die meisten der betroffenen Münchner Abgeordneten in ihrem Alltag nicht verunsichert. Auch, weil die veröffentlichten Daten teilweise veraltet sind oder ohnehin bereits öffentlich einsehbar waren - Janecek schätzt ihre Qualität als "nicht besonders hoch" ein. Trotz aller negativen Auswirkungen kann der Grünen-Politiker der Attacke auch etwas Positives abgewinnen: "Der Angriff hat uns gezeigt, dass wir in Zukunft mit unseren Daten noch vorsichtiger umgehen müssen."

© SZ vom 05.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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