Großauftrag aus Berlin:MUC - der Umzugsprofi

Lesezeit: 3 min

Weil es 1992 beim Umzug des Flughafen München-Riem so gut lief, sollen die Spezialisten nun bei der Eröffnung des Willy-Brandt-Airports helfen.

Dominik Hutter

In jener Nacht haben es wohl nur wenige geahnt: dass ein völlig neues Geschäftsmodell entstehen würde, das dem Flughafen München über viele Jahre hinweg Aufträge bescheren sollte - als Umzugshelfer. Damals, am 16. und 17.Mai 1992, zog der Flughafen München-Riem innerhalb weniger Stunden komplett ins Erdinger Moos, und alles klappte reibungslos.

Innerhalb einer Nacht zog der Flughafen München-Riem ins Erdinger Moos. (Foto: Foto: Egginger)

Diese logistische Großtat will die Flughafengesellschaft FMG nun in Berlin wiederholen. Dort soll im Herbst 2011 der neue Airport Berlin Brandenburg International (BBI) seinen Betrieb aufnehmen - und das will man sicherheitshalber nicht ohne Hilfe aus dem Süden wagen. Der Umzug sowohl von Tegel als auch aus den alten Hallen des früheren DDR-Airports Schönefeld soll deshalb unter Münchner Regie stattfinden.

Mit dem Großauftrag hat sich die FMG bei einer Ausschreibung gegen mehrere Konkurrenten durchgesetzt. Neben der Airportverlagerung ist die FMG, in Kooperation mit der Unternehmensberatung McKinsey, für den Probebetrieb zuständig. Maximal vier bis fünf Leute werden dafür abgestellt. Einfach wird es nicht, das weiß wohl keiner besser als der für Technik zuständige FMG-Geschäftsführer Thomas Weyer, der einst selbst für die Berliner Flughäfen tätig war.

Ähnliche Herausforderungen

Denn der Flughafen Tegel ist zwar von der Größe her durchaus vergleichbar mit Riem 1992 - es kommt aber eben auch noch Schönefeld hinzu, das zwar nur wenige hundert Meter vom neuen Airport entfernt liegt, aber eben doch umzieht. "Vieles wird dupliziert", berichtet Weyer - nur gut, dass zumindest Tempelhof, der dritte und schon vor Monaten stillgelegte Berliner Flughafen, im aktuellen Logistik-Spektakel nicht mehr berücksichtigt werden muss. Zu rechnen sei zudem mit schwierigen Abstimmungsgesprächen mit dem als kompliziert geltenden Berliner Verwaltungsapparat.

Immerhin: Die Haupt-Herausforderungen bei einem solchen Umzug bleiben dieselben. Zunächst muss gewährleistet sein, dass die technischen Systeme des neuen Flughafens reibungslos funktionieren. Das will die FMG nicht zuletzt über den Probebetrieb sicherstellen. Wie wichtig die Tests mit einer stetig anwachsenden Zahl an Statisten sind, zeigte sich 1993 in Denver, wo das Gepäcksystem erst nach fast eineinhalb Jahren seinen Betrieb aufnehmen konnte - es war unzureichend erprobt worden.

Beim Umzug selbst geht es dann um Zeitpläne für die Lkw-Fuhren, um die Vergabe der Ladezonen - und natürlich darum, alles das, was schon vorher erledigt werden kann, rechtzeitig anzupacken. Ob auch Flugzeuge mitumziehen müssen oder ob die Maschinen lieber schon am Vorabend auf dem (eigentlich noch nicht eröffneten) BBI landen, zählt da schon fast zu den leichteren Aufgaben.

Ohnehin ist zu diesem frühen Zeitpunkt noch sehr vieles unklar, berichtet Weyer. So haben zwar Berliner Medien bereits die Nacht vom 29. zum 30.Oktober 2011 als Umzugstermin genannt. Aus Münchner Sicht aber ist es noch keineswegs klar, ob es möglicherweise sinnvoller sein könnte, zwei separate Termine zu wählen - einen für Tegel und einen für Schönefeld.

Im Herbst 2011 soll der Betrieb am Flughafen Berlin Brandenburg International aufgenommen werden. (Foto: Foto: ddp)

Der neue Willy-Brandt-Flughafen, an dem seit 2006 gebaut wird, ist in der ersten Ausbaustufe für jährlich 25 bis 27Millionen Passagiere konzipiert, eine stufenweise Erweiterung auf 45Millionen ist möglich. Bereits bei seiner Eröffnung wird der Hauptstadt-Airport Düsseldorf als drittgrößtes deutsches Luftkreuz ablösen.

Die Position von "MUC" als Nummer zwei aber gilt als ungefährdet. Die Anlage im Erdinger Moos hatte im vergangenen Jahr etwa 34Millionen Fluggäste. Die Kapazität liegt schon mit den heutigen Gebäuden bei rund 50Millionen, der geplante Erweiterungsbau von Terminal2 ("Satellit") schüfe noch einmal Platz für rund 17Millionen.

Global Player in Umzugsfragen

Die FMG gilt in Umzugsfragen längst als "Global Player". Aktuell sind die Münchner Experten in Doha, Delhi, Moskau, Durban und Abu Dhabi tätig, und auch bei der Eröffnung des neuen Terminals1 in Barcelona in diesem Jahr haben sie mitgemischt. 2008, bei der Eröffnung von Terminal5 in London-Heathrow spielte die FMG nur eine Nebenrolle als Organisator des Probebetriebs - zum Glück fürs Firmenimage, denn die chaotischen Zustände im "T5" beschäftigten die britische Presse tagelang.

"Damals hat man die Ergebnisse aus dem Probebetrieb nicht ernstgenommen", berichtet Weyer. Ziemlich reibungslos verlief es dagegen 2006 in Bangkok, als der Flughafen Don Muang unter Münchner Regie in den Kobrasumpf östlich der Hauptstadt umzog. Die Thais haben übrigens längst Erfahrung mit Hilfe aus Bayern: Für die neue Bangkoker U-Bahn heuerten sie Experten der MVG an.

© SZ vom 22.12.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: