Gräfelfing:Zu eng, zu viel

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Die Bebauung des Doemens-Geländes stößt auf Widerstand

Von Annette Jäger, Gräfelfing

Vielleicht hatte sich die Gräfelfinger Bürgermeisterin Uta Wüst (Interessengemeinschaft Gartenstadt Gräfelfing/IGG) einen dankbaren Schulterklopfer erhofft. Schließlich hatte der Gemeinderat jüngst einem neuen Bebauungsplan zugestimmt, der auf dem jetzigen Doemens-Brauereigelände an der Stefanusstraße künftig Wohnraum zu moderaten Preisen festschreiben soll. Stattdessen bläst ihr nun Gegenwind ins Gesicht: In der Sitzung am Dienstag stimmte nicht nur die SPD-Fraktion gegen das Vorhaben, auch aus der Zuhörerschaft gab es aufgebrachte Zwischenrufe, und bei der Bürgerversammlung am Donnerstag beschwerten sich die Nachbarn, sie fürchten den zusätzlichen Verkehr und die zu dichte Bebauung.

Eigentlich hatte die Rathaus-Chefin die Übereinkunft, die der Gemeinde da gelungen ist, als großen Erfolg verbucht: Nach langen Verhandlungen bleibt die renommierte Brauereiakademie der Gemeinde erhalten, sie wird im Gewerbegebiet neu bauen. Gleichzeitig kann die Gemeinde auf dem freiwerdenden Grundstück in der Stefanusstraße unweit der Bahnhofstraße per Bebauungsplan dem Ruf nach bezahlbarem Wohnraum Folge leisten; auf dem Grundstück sollen zwei Gebäude entstehen mit 20 bis 25 Wohneinheiten. Die Hälfte davon werden Eigentumswohnungen, die andere Hälfte soll öffentlich gefördert sein, so dass Mieten für "mittlere Einkommensschichten" möglich sind. Statt der drei Vollgeschosse soll künftig ein viertes als zurückgesetztes Terrassengeschoss erlaubt sein. Das Baurecht bleibt gleich: 1300 Quadratmeter Grundfläche sind erlaubt, das Bauvolumen wird jedoch wachsen.

Die SPD hatte am Dienstag gegen die Aufstellung des Bebauungsplanes gestimmt, weil sie die beabsichtigte Nachverdichtung ablehnt. Die Größe der Neubauten beunruhigt auch die Anwohner: "Hier wird mit anderem Maß gemessen"; die Gemeinde erlaube auf dem Grundstück mehr Bauraum als den Nachbarn zur Verfügung stehe. Außerdem befürchten die Anwohner mehr Verkehr, die Schüler der Brauereiakademie kämen meist mit öffentlichen Verkehrsmitteln, an 175 Tagen sei die Schule wegen der Ferien ohnehin geschlossen.

Schon in einer Sitzung des Bauausschusses, in der der Bebauungsplan erstmals beraten wurde, hatte Gemeinderat Frank Sommer (Grüne/Unabhängige Liste) deutlich gemacht: "Wenn wir uns dort engagieren mit bezahlbarem Wohnraum, brauchen wir eine Verdichtung." Das Grundstück mit nur zwei Einfamilienhäusern zu bebauen, hatte Wüst in der Vergangenheit als "Verschwendung von Ressourcen" bezeichnet. Der Bauträger will selbst einen Architektenwettbewerb initiieren, so dass sich beide Gebäude gut in die Nachbarschaft einfügen, versprach sie auf der Bürgerversammlung. An den Quadratmeterzahlen werde "noch geschraubt". Ebenso soll die Verkehrssituation untersucht werden.

Einer der Bürger appellierte an die Rathaus-Chefin: "Ich bin gespannt, wie Sie uns als Nachbarn von Anfang an mit ins Boot nehmen."

© SZ vom 29.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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