Gräfelfing:Pause für die Ohren

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Die Gemeinde Gräfelfing hat zum "Tag gegen Lärm" ein umfangreiches Programm zusammengestellt

Von Annette Jäger, Gräfelfing

Einfach mal einen Moment innehalten, gar nichts hören und den Moment genießen, geht das überhaupt? Die Stille ist im Alltagsleben fast völlig abhandengekommen: Autolärm, ständige Gespräche, das Radio im Auto - viele leben unter Dauerbeschallung, es gibt kaum mehr einen ruhigen Moment während des Tages. Ein Grund mehr, einen ganzen Tag lang seinen Ohren und damit auch seinem Gehör zu widmen. An diesem Mittwoch, 27. April, steht der "19. Internationale Tag gegen Lärm" auf der Agenda, die Gemeinde Gräfelfing hat deshalb ein umfangreiches Programm unter dem Motto "So geht leise" zusammengestellt.

Was der Mensch als Wohlklang wahrnimmt und wann für ihn der Lärm beginnt, ist höchst subjektiv. Unumstritten aber ist, dass zu hohe Dezibel-Belastung auf Dauer dem Gehör schadet und zu Schwerhörigkeit, Ohrengeräuschen wie Tinnitus, aber auch zu Schlafstörungen, Leistungsbeeinträchtigungen und Stress führen kann.

"Wir können unseren Ohren eine Pause gönnen", erklärt Frauke Schwaiblmair; die Musiktherapeutin und Gemeinderätin (Grüne/Unabhängige Liste) hat in diesem Jahr ein besonders umfangreiches Programm zum "Tag gegen Lärm" in enger Zusammenarbeit mit Birgit Doll von der Gemeinde zusammengestellt. Bürgermeisterin Uta Wüst (Interessengemeinschaft Gartenstadt Gräfelfing, IGG) ist Schirmherrin.

Laut für die Stille: Besonders die Kinder sollen sensibilisiert werden. (Foto: Privat)

Das Programm richtet sich an alle Bürger, ganz besonders aber an Kinder und Jugendliche. Sie sollen für das Thema sensibilisiert werden. "Was man im Kindesalter lernt, kann man im Erwachsenenalter beibehalten", sagt die Organisatorin. Ist erst mal ein Hörschaden entstanden, ist dieser nicht mehr rückgängig zu machen. Wie sich Schwerhörigkeit anfühlt, können Kinder wie auch Erwachsene beim Infomarkt im Bürgerhaus direkt erfahren: Dort werden verschiedene Lautstärken gemessen und die Schäden demonstriert, die dadurch entstehen können. Bewusster mit Lärm umzugehen heißt auch, den Geräuschen um uns herum mehr Aufmerksamkeit zu schenken und den Kopfhörer, den viele immer auf den Ohren tragen, mal abzunehmen. Die Ruhe, die dann entsteht, auszuhalten und zu genießen, müssen viele erst mal lernen.

Im Gräfelfinger Anti-Lärm-Programm an diesem Mittwoch geht es auch darum, das Gehör zu schulen. Es gibt neben den als unangenehm empfundenen Geräuschen auch sehr wertvolle Hörerfahrungen, die aber zunehmend verloren gehen, beispielsweise das bewusste Zuhören, sagt Schwaiblmair: "Unser Ohr ist ein sehr empfindsames Organ, das man schulen kann." Das können die Gräfelfinger Grundschüler und die Jugendlichen in den Workshops üben. Schwaiblmair selbst leitet die Gruppen am Vormittag, in denen die Schüler in Gruppen auf Musikinstrumenten spielen und dabei erfahren, wie sie miteinander musizieren können, ohne sich abzusprechen - allein dadurch, dass sie aufeinander hören. Im täglichen Lärmbrei gehen viele kleine Klänge auch verloren. Diesen widmet sich Musikpädagoge Kalle Laar, der am Nachmittag mit Jugendlichen den Klängen der Natur auf die Spur geht.

Im besten Fall soll der Tag zu achtsamerem Umgang mit dem Sinnesorgan Ohr führen, wünscht sich die Organisatorin. Und jeder Gräfelfinger sollte sich bewusst machen, dass jedes zu schnell fahrende Auto mehr Lärm produziere. Auch wenn es vermeintlich ganz still sei in Gräfelfing - der Verkehr und die Autobahn seien immer zu hören. Diesen Lärm nehmen viele gar nicht mehr wahr, weil sie daran gewöhnt sind. Ein Risiko für die Gesundheit bleibt er dennoch.

© SZ vom 27.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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