Gräfelfing:Investition in den sozialen Frieden

Lesezeit: 2 min

Gräfelfing stockt durch einen Zuschuss der Gemeinde die Jugendsozialarbeit an den beiden Grundschulen auf. Eine Fachkraft, die Kinder mit Migrationshintergrund in Kitas fördern soll, wird vorerst nicht finanziert

Von Annette Jäger, Gräfelfing

Wie viele staatliche Aufgaben soll eine Gemeinde übernehmen? Diese Frage stellte sich den Gräfelfinger Gemeinderäten kurz vor Jahresende gleich bei zwei Themen in der Sitzung des Hauptausschusses. Zur Debatte standen diesmal Zuschüsse zur Jugendsozialarbeit in der Grundschule und für die Sprachförderung in Kinderbetreuungseinrichtungen. Die Jugendsozialarbeiter in den Grundschulen sind immer mehr gefordert. Zum einen steigt der Betreuungsbedarf für die wachsende Zahl der Kinder mit Migrationshintergrund. Zum anderen gibt es immer mehr Kinder, die wegen diverser Auffälligkeiten intensive Zuwendung benötigen.

Die Rektorin der Grundschule Gräfelfing hat sich angesichts des "drastisch gestiegenen Bedarfs" und der höheren Arbeitsbelastung eine Verdoppelung des Stundenkontingents der Jugendsozialarbeiterin von bislang 19,5 Wochenstunden auf 39 Stunden gewünscht, erläuterte Petra Hierl-Schmitz, im Rathaus für die Kinderbetreuungseinrichtungen zuständig.

Dieser Wunsch wurde schon einmal im Gremium vorgetragen. Vor einigen Monaten lehnten die Gemeinderäte das Ansinnen ab, weil die Anzahl der Kinder es nicht rechtfertigte. Nun zeigte sich, dass es laut Hierl-Schmitz doch sehr viel mehr Kinder mit Migrationshintergrund gibt als zunächst angenommen, so dass die Grundschule einen erneuten Vorstoß wagt. Der Ausschuss stimmte diesmal einer Erhöhung der Stundenzahl um fünf Wochenstunden zu, so dass beide Grundschulen in Gräfelfing und Lochham dieselbe Stundenzahl zur Verfügung haben.

Probleme angehen, bevor sie entstehen: Gräfelfing verstärkt die Jugendsozialarbeit an den Grundschulen. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Leicht fiel die Entscheidung nicht. Ulrich Seyfferth, Geschäftsführer der Gemeinde, erinnerte daran, dass die Jugendsozialarbeit eine schulische und damit staatliche Aufgabe sei. Die Gemeinde übernehme immer mehr solcher Aufgaben. Er hätte es vorgezogen, dass die Schule beim Kultusministerium Druck gemacht hätte.

Mathias Pollok (Interessengemeinschaft Gartenstadt Gräfelfing/IGG) kritisierte, dass Mängel im Schulsystem durch Jugendsozialarbeit ausgeglichen werden müssten und meinte damit den Übertrittstress, dem Viertklässler ausgesetzt sind. Denn auch damit sei der Jugendsozialarbeiter in Gräfelfing beschäftigt. "Das werde ich im Traum nicht unterstützen."

Frauke Schwaiblmair (Grüne/Unabhängige Liste) betonte, dass der Zuschuss eine freiwillige Leistung der Gemeinde sei und die Schulen nicht darauf bauen könnten, Thomas Heidenreich (CSU) hielt ihn auf Dauer für "nicht finanzierbar". Er hätte die Stundenmehrung lieber nur befristet, doch dem folgten die Kollegen nicht. Trotz der Kritik stimmten alle für die Stundenerhöhung, mit Ausnahme von Jörg Scholler (FDP). Die endgültige Entscheidung trifft der Gemeinderat.

(Foto: Alessandra Schellnegger)

Keinen Zuschuss erhalten vorerst Kinderbetreuungseinrichtungen für eine Fachkraft, die sich vor allem um den Sprachunterricht von Kindern mit Migrationshintergrund kümmern soll. Vor einigen Wochen hatte der Ausschuss zugestimmt, ein Förderprogramm auszuarbeiten, was er aber jetzt ablehnte. Der Grund dafür ist, dass ein neues staatliches Förderprogramm solche Kosten übernimmt. Die Einrichtungen sollten aus diesem Topf Zuschüsse beantragen. Auch diesem Beschluss muss der Gemeinderat noch zustimmen.

© SZ vom 20.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: