Gräfelfing:Fördern und fordern

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Etwa 85 000 betreute Menschen dürfen nicht wählen. (Foto: Daniel Ingold)

Gemeinderat bewilligt Zuschuss für Verein "Betreutes Wohnen zu Hause", dringt aber auf ein neues Konzept

Von Annette Jäger, Gräfelfing

Die Zukunft des Vereins "Betreutes Wohnen zu Hause" in Gräfelfing ist ungewiss. Der Ausschuss für soziale Angelegenheiten hat sich jetzt dafür ausgesprochen, den finanziellen Zuschuss zunächst weiter zu gewähren, gleichzeitig jedoch ein neues inhaltliches Konzept anzumahnen. Das ursprüngliche Ansinnen der Verwaltung, den Kooperationsvertrag mit dem Verein zu kündigen und damit auch die jährliche Subvention zum Jahresende 2019 zu streichen, wurde vom Ausschuss mehrheitlich zurückgewiesen.

Der Verein Betreutes Wohnen zu Hause kümmert sich seit 2004 um hilfsbedürftige Bürger in Gräfelfing, Planegg und Krailling. Bürger können Mitglied werden und Unterstützung in Anspruch nehmen. Karin Frost, die einzige festangestellte Arbeitskraft, organisiert und koordiniert Hilfen und Dienstleistungen wie ambulante Pflege, Essen auf Rädern, Fahrdienste oder Hilfen in Haus und Garten. Es gibt auch einen 24-Stunden-Hausnotruf und einen wöchentlichen Hausbesuch. Finanziert wird der Verein durch Mitgliedsbeiträge, Zuschüsse vom Landkreis und der Gemeinde sowie Spenden. Anders als ursprünglich geplant, kann sich der Verein aber nicht selbst tragen. Aktuell werden 54 Bürger betreut, 25 davon in Gräfelfing.

Bürgermeisterin Uta Wüst (Interessengemeinschaft Gartenstadt Gräfelfing/IGG) lobte die "tolle Arbeit" der Organisation, plädierte jedoch dafür, dass sich der Verein künftig inhaltlich stärker an der Nachfrage orientiert. Der Verein brauche neue Angebote, um effektiver zu werden und um mehr Bürger zu erreichen, hieß es. In seiner jetzigen Struktur könne der Verein das aber nicht leisten. Deshalb solle der Verein mit der Sozialstation Würmtal-Insel in Planegg ein neues Konzept erarbeiten, abgestimmt auf den Bedarf im Würmtal. Der Kooperationsvertrag mit dem Verein solle zum Ende des Jahres 2019 gekündigt werden.

Gemeinderat Günter Roll (Bürgerverein Gräfelfing-Lochham) protestierte. Eine Kündigung sei der "Todesstoß" für den Verein. Wer kümmere sich dann um die Betroffenen, die jetzt betreut werden, fragte er. Eine Kündigung mache eine Akquise von Kunden quasi unmöglich. Es gehe um einen Zuschuss von rund 10 000 Euro im Jahr. "Wenn wir hier jammern, ist das ein Armutszeugnis für die Gemeinde." Peter Köstler (CSU) zeigte sich "erschrocken" über die beabsichtigte Kündigung. Er hielt es für wünschenswert, dass die Anzahl der betreuten Bürger erhöht wird, hätte es aber vorgezogen, mit dem Verein darüber zu sprechen, wie das gemeinsam erreicht werden kann. Franz Lang (SPD) befürchtete, die Kündigung werde zu Unruhe führen unter den Vereinsmitgliedern. Auch IGG-Kollege Mathias Pollok war nicht auf Linie mit der Bürgermeisterin. Den Vertrag zu kündigen und gleichzeitig weiterentwickeln zu wollen, hielt er "für widersprüchlich". Lieber sollte man erst ein Konzept erarbeiten und dann über die Kosten sprechen. Schließlich einigte sich das Gremium einstimmig darauf, die Kündigung aus dem Beschluss zu streichen. Eine knappe Mehrheit stimmte für ein neues Konzept, an dem auch andere Träger der Altenhilfe mitarbeiten sollen.

Karin Frost vom Verein zeigte sich ernüchtert. Sie hätte sich gewünscht, dass die Gemeinde den Verein mehr darin unterstützt, neue Kunden zu finden und den Verein publik zu machen. Sie könne mit ihrer Halbtagsstelle nicht noch mehr leisten. Der Verein habe bereits gemeinsam mit anderen sozialen Initiativen im Landkreis angestoßen, im Landratsamt zu beraten, wie das Angebot erweitert werden könne, so dass zum Beispiel Haushaltshilfen in Zukunft abgerechnet werden können.

© SZ vom 13.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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