Gräfelfing:"Das Bewusstsein für Kunst ist gewachsen"

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Auch der Kunstkreis Gräfelfing gehört zu den Preisträgern - und freut sich über Zuspruch bei Ausstellenden und Publikum

Interview von ANNETTE JÄGER, Gräfelfing

Seit 36 Jahren fördert der Kunstkreis Gräfelfing die zeitgenössische Kunst, lädt immer wieder auch überregionale Künstler zu Ausstellungen ein und zieht Publikum weit über den Münchner Südwesten hinaus an. Das liegt auch daran, dass der Verein Kunst immer wieder an ungewöhnlichen Orten präsentiert - in einer Kiesgrube, auf öffentlichen Plätzen, in verwunschener Parklandschaft. Im Jahr 2012 hat er den Tassilo-Anerkennungspreis erhalten. Die Erste Vorsitzende Bettina Kurrle erläutert im SZ-Gespräch die Bedeutung der Auszeichnung.

SZ: Frau Kurrle, was hat der Tassilo-Preis dem Kunstkreis gebracht?

Bettina Kurrle: Der Tassilo-Preis ist bekannt bei uns in der Würmtaler Kulturszene, und als Auszeichnung der Süddeutschen Zeitung hat er einen guten Ruf. Ein Preis bringt einerseits ein wenig Geld in die Kasse - wir haben den Zuschuss in einen Katalog unserer damaligen Papierausstellung investiert. Andererseits hat der Preis Öffentlichkeitswirkung, denn rund um die Verleihung wird in der Zeitung berichtet. Wir hatten so die Chance, uns zu präsentieren und beachtet zu werden.

Bettina Kurrle ist die Erste Vorsitzende des Kunstkreises in Gräfelfing, der seit 36 Jahren mit Ausstellungen die zeitgenössische Kunst fördert. (Foto: Stephan Rumpf)

Was ist das Besondere an dem Preis?

Bei vielen Auszeichnungen in der Kunst werden Einzelne ausgezeichnet, den Tassilo-Preis können auch Institutionen erhalten. Der Tassilo bezieht sich dabei nicht auf ein singuläres Ereignis, sondern beachtet das Gesamtwerk und zeichnet nachhaltiges Engagement aus. Für uns ist das eine Anerkennung unserer ehrenamtlichen Arbeit und der Qualität, die wir bieten.

Was ist seit der Verleihung geschehen?

Wir hatten seitdem zwei große Ausstellungen, die mehrere tausend Besuchern angezogen haben. Das war 2013 die "Kunstzone", als 150 Kunstobjekte im gesamten Gemeindegebiet zu sehen waren; im vergangenen Jahr die Ausstellung auf dem Seidl-hof, bei der wir Werke überregionaler Künstler gezeigt haben. Dazu gab es viele kleinere Ausstellungen - ich möchte die Textilkunst im Herbst oder die Porträtausstellung erwähnen, aber auch die tollen Arbeiten zum Thema Wasser. Durch unsere kontinuierliche Arbeit und die Aufmerksamkeit, die wir in den Medien erlangen, haben wir es jetzt deutlich einfacher, an Sponsoren heranzutreten - da wirkt auch der Tassilo-Preis -, gleichzeitig haben wir einen starken Zulauf an aktiven Mitarbeitern. Wir zählen inzwischen drei Kunsthistorikerinnen im Vorstand und im Beirat.

Hat sich die Wahrnehmung des Kunstkreises in der Bevölkerung verändert?

Das Bewusstsein für Kunst ist gewachsen, Kunst hat einen höheren Stellenwert in Gräfelfing erhalten. Auf dem Rathausplatz wird am 12. Mai eine Plattform eingeweiht, auf der wir wechselnde Kunstobjekte im öffentlichen Raum zeigen. Für so etwas gibt es nun eine Offenheit, auch wenn die Plattform Ergebnis einer höchst kontroversen Diskussion in der Kommune über Kunst im öffentlichen Raum, insbesondere auf einem Kreisverkehr ist. Lohnt sich Kunst in der Region?

Zwar muss Kunst in der Region immer gegen das Klischee ankämpfen, nur zweitklassig zu sein. Aber der Kampf lohnt sich. Kunst in der Region bringt der Kommune Ruhm über die Ortsgrenzen hinaus - mit unseren Ausstellungen haben wir bayernweit Beachtung gefunden. Unsere Arbeit lohnt sich für die Gemeinde, weil unsere ehrenamtliche Tätigkeit sonst Aufgabe eines Kulturamtes wäre. Und es lohnt sich natürlich für die Künstler, für einige konnten wir schon Sprungbrett sein. Allein die Nominierung für einen Preis hilft dem Künstler.

Womit lockt der Kunstkreis 2016?

Wir eröffnen am 23. Juni eine Männer-Ausstellung: von Männern, über Männer, von Frauen gesehen. Es wird ein zeitgenössischer Blick von 25 Künstlern auf den Mann - nicht ohne Augenzwinkern.

© SZ vom 23.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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