Giesing:Wenn Kasperl die Regie übernimmt

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Sarah Wissner in „The Dark Trullala“. (Foto: Marion Hartnagel/oh)

Puppenspieler und Performer machen sich bereit fürs Finale des Giesinger Kulturpreises 2018

Von Jutta Czeguhn, Giesing

Tri, tra, trullala, der Kasperl, der ist wieder da..., er befreit die Prinzessin, fängt den Räuber und knüppelt das Krokodil. Ha, ha. In Sarah Wissners "The Dark Trullala" übernimmt der Kasper die Regie, nie bewegt sich die Figur, es ist immer umgekehrt, der Albtraum einer Puppenspielerin. Sie nennt ihr Stück, mit dem sie im Rennen um den diesjährigen Giesinger Kulturpreis antritt eine "Horror-Etüde". Wissner, die an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Stuttgart Figurenspiel studiert, ist eine von fünf Finalistinnen und Finalisten, die am Donnerstag, 26. Juli 2018, 19.30 Uhr, in der Versicherungskammer Bayern, Warngauer Straße 30, Jury und Publikum für sich einnehmen wollen.

Der Kulturpreis, dotiert mit insgesamt 5000 Euro, wird alle zwei Jahre von der Versicherungskammer-Kulturstiftung und dem Kulturzentrum Giesinger Bahnhof in wechselnden Kategorien ausgeschrieben und soll junger, experimenteller Bühnenkunst eine Plattform bieten. 2018 steht zeitgenössisches Figuren- und Objekttheater im Fokus: Jeweils 15 Minuten haben die Kandidaten Zeit, ihre Bühnenstücke zu präsentieren. Neben Sarah Wissner hat sich auch der französische Puppenspieler Emilien Truche für die Endrunde qualifiziert. Der Figurenspieler und -bauer tritt mit seinem Doppelgänger auf: Lautlos sitzen sich zwei identische Herren an einem Küchentisch gegenüber, ein Fest scheint vorbei zu sein, alle Gäste sind nach Hause gegangen. Der Gastgeber ist nun allein mit sich selbst. Wer ist der Mensch, wer ist die Puppe?

"Man hat versucht, uns zu erzählen, dass alles von oben nach unten fällt, das stimmt - aber ich glaube es nicht", sagt die Stimme von Anna Kuch in ihrem Wettbewerbsbeitrag "Die Würstchen der Wahrheit". Auch ihr Figurentheater mit großen, schwebenden Masken hat eine philosophische (Bild-)Sprache. Anna Kuch, Jahrgang 1991, hat an der berühmten Accademia Teatro Dimitri im Tessin, die einst vom Schweizer Clown Dimitri gegründet worden war, studiert. Sie beherrscht das Spiel mit Fadenmarionetten, die sie oft selbst baut, liebt es jedoch, wenn sie in ihren Figuren drinsteckt, sich bewegt, schwitzt.

Bewegung gibt es auch in Laura Witzlebens Masken-Spiel: Zwei Wesen umkreisen einander. Den ersehnten Kuss verhindert die Anatomie der beiden, ein Eselskopf und eine Gasmaske. Ihr Stück "A very happy piece" spielt mit Stereotypen von Mann und Frau; der Sehnsucht und Unfähigkeit, sich zu berühren und berühren zu lassen. Finalist Nummer fünf ist Rafi Martin, der in seiner Performance "Not in my name" die Spuren seiner Familie zurück nach Russland verfolgt, zurück zu Namen, die ganz anders klingen.

Beim Finale werden zwei Jurypreise und ein Publikumspreis vergeben. Im Vorverkauf (Telefon 08106-57 00 70) kosten die Tickets zwölf Euro, an der Abendkasse 15 Euro.

© SZ vom 21.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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