Gasthaus zum Bruckenfischer:Weniger wäre mehr

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Besonders am Wochenende wird es in dem idyllisch gelegenen Lokal voll. (Foto: Manfred Neubauer)

Das Gasthaus zum Bruckenfischer ist, besonders an Wochenenden, ein beliebtes Touristenlokal. Die Auswahl bei gefühlt 100 Gerichten wird allerdings zur Herausforderung. Und dann erlebte unser Tester auch noch ein wahres Geschmacks-Desaster.

Ivan Lende

Wie eine gastronomische Dreierkette liegen die Aumühle, der Bruckenfischer und das Gasthaus zur Mühle, genannt Mühltal, an der Isar, beziehungsweise an deren Kanal zwischen Pupplinger Au und Floßgasse. Und zweifelsfrei macht das Gasthaus zum Bruckenfischer, so der offizielle Titel, dabei den meisten Umsatz, weil direkt an jener Straße platziert, die bei den Olympischen Spielen von 1972 zum großen Rundkurs der Radrennfahrer gehörte.

Auch heute noch gehören die beiden Bergstrecken östlich und westlich von Kloster Schäftlarn zu den beliebtesten Rennstrecken der Radler, egal ob pedal- oder benzingetrieben. Und so muss, wer zum Bruckenfischer will, was vom S-Bahnhof Ebenhausen eine hübsche, knapp halbstündige Wanderung bedeutet, der Tatsache gewärtig sein, dass diese Straße auch von allerlei Wahnsinnigen befahren wird. Deren Gefährte parken dann vor dem Wirtshaus auf dem schmalen Platz zwischen Isar und Kanal. Und man hört dann fachmännische Kommentare wie "Japanisches Kettegraffl" oder "schau, abgefahrene Reifen, so a Glump."

Es handelt sich also bei dieser gastronomischen Stätte vor allem wochenends um ein typisches Touristenlokal, das, weil die nähere Umgebung eher dünnbesiedelt ist, mit nur wenigen Stammgästen auskommen muss. Und das hat ebenso typische Auswirkungen auf die Qualität der Gastronomie.

Es war ein verregneter Montagabend, als Lende Freunde zum ersten Test lud. Und es wurde ihm wehmütig ums Herz, war doch damals, in der prä- und peripubertären Ära seines Lebens, dieser Bruckenfischer gern besuchter Fluchtpunkt vor der Strenge des nahen klösterlichen Internats. Damals herrschte hier ein anderer Wirt, und es galten andere kulinarische Gesetze. Seit Josef Wagner, einst beim hochgelobten Gasthaus Dröscher in Hohenschäftlarn zu Gange, hier das Sagen hat, gilt der Bruckenfischer nicht nur als idyllisches Plätzchen, er wirbt auch in Anzeigen mit der Ehrung "Gastronomiepreis Oberbayern, deutsche Küche, erster Platz".

Das ist, wie sich zeigen wird, kühn. Doch zunächst herrschte eitel Freude am Tisch angesichts einer zartrosa gebratenen Rehkeule (16.90), auch die Spätzle dazu hatten die Wiederbelebung gut vertragen. Die Forelle war auf den Punkt gebacken, selbst die Putenstreifen auf dem an diesem Abend prächtig leuchtenden Salat hatten mehr Charakter, als man dem Fleisch sonst zutraut. Weil der Durst es befiehlt, kommt ein Edelvernatsch auf den Tisch, der beweist, dass es längst auch in bayerischen Gaststätten guter Brauch ist, auf die Qualität der Weine zu achten.

Das Desaster passierte an einem sonnigen Sonntagnachmittag. Weil der To-Go-Stand geschlossen ist, nimmt man auf dem Bedien-Feld Platz, Bier und Weißbier samt Brezn im Korb kommen im Sauseschritt auf den Tisch. Das Personal, am ersten Abend noch von professioneller Freundlichkeit, hat Mühe, im Touristenabfüllstress das Freundlichkeitsniveau zu halten (es probiert's immerhin). Dann der Salat. Gut, wer im Herzen Bayerns einen Salat mit Tintenfischringen und Krebsfleisch bestellt, ist, könnte man sagen, selbst schuld.

Aber wenn der Wirt die Speisekarte mit gefühlt 100 Gerichten mit solchen Angeboten schmückt, muss er sich deren Test auch gefallen lassen. Wie seit drei Tagen tot liegen die Blätter im wässrigen Dressing (welch ein Begriff für diese Soße), darauf die Ringe des Calamar, als ob sie mit der Panade aus brackem Wasser gefischt worden seien. Das Krebsfleisch sieht aus, als sei es gerade der Kunststoffpackung entkommen. Der Nachbar bestellt dasselbe. Die Warnung, sie kommt zu spät.

Da sollte doch der Tafelspitz die bessere Wahl sein. Zumindest das Fleisch war zart, wenn auch schon leicht ausgetrocknet. Das, was möglicherweise mal eine Bechamel-Soße hätte werden sollen, erwies sich als größtenteils ungewürzte Sahne, die den blanchierten Wirsing erdrückte.

Also ein dritter Anlauf. Wieder ein Wochentag, abends, drinnen, und mit Hauscocktail. Nun ja, ein Bier hätte es auch getan (leider gibt es den Urtrunk, Löwenbräus trinkbarstes Bier, nicht). Der grüne Veltliner hätte mehr Charakter vertragen, der Chardonnay war in Ordnung. In der Kerbelcremesuppe schwamm ein Lachsstück als Überraschung, die Kraftbrühe mit Pfannkuchen war mikrowellensuperheiß, schmeckte aber erstaunlich kräftig.

Das Wiener Schnitzel gab Anlass zur Freude, das Schweinefilet ebenso, das Kalbsherz vom Grill, war, so wurde gemunkelt, nicht vom Grill und - euphemistisch - beißfest, was man vom Hecht überhaupt nicht sagen konnte. Nun denn, die Mäkeleien hielten sich in Grenzen. Ebenso die Preise, die sich für die Hauptgerichte zwischen 10 und 16.50 Euro bewegten. Dieses Niveau gilt auch für den Rest. Man speist also bezahlbar.

Wenn jetzt der Wirt noch die Speisekarte auf ein Viertel einkochen würde, dann käme er wohl auch mit den Massen zurecht, die die Lage des Hauses nun mal provoziert. Und er würde dann auch dem Zeitgeist Genüge leisten.

© SZ vom 08.09.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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