Gasteig:Maroder Koloss

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Der Gasteig muss saniert werden, das ist seit Langem klar. Der Durchbruch für die Planungen scheint endlich geschafft, doch dann kommt neuer Streit auf

Von Susanne Hermanski

In München sind viele Kulturbauten marode: das Stadtmuseum, die Neue Pinakothek, das Haus der Kunst, der Herkulessaal, die Musikhochschule an der Arcisstraße - um nur einige wichtige zu nennen. Der Gasteig ist das komplexeste dieser Gebäude, weil er als Europas größtes Kulturzentrum vier Institutionen unter seinem Dach vereint: die Stadtbibliothek, die Volkshochschule, Teile der Musikhochschule samt Musikbibliothek und die Philharmonie mit ihren Nebensälen Carl-Orff-Saal und Black Box. Baufälligkeit und Modernisierungsbedarf des von der Stadt getragen Koloss' stehen seit Langem außer Frage. 35 Standorte für eine Interimslösung hatte man in den vergangenen Jahren ohne Ergebnis geprüft.

2018 kam unter dem neuen Gasteig-Chef Max Wagner und Bürgermeister Josef Schmid (CSU) als Aufsichtsratsvorsitzendem endlich der Durchbruch in allen zentralen mit der Sanierung verbundenen Fragen. Anfang Januar sprachen sich die Mitglieder der Stadtrats-Ausschüsse mit großer Mehrheit dafür aus, den Gasteig während der Sanierung mit allen seinen Institutionen auf das Gelände der Stadtwerke an der Hans-Preißinger-Straße 8 umziehen zu lassen - für 90,4 Millionen Euro.

Im April standen dann die Planer für die Interimsphilharmonie fest: Das Architekturbüro Gerkan, Marg und Partner (GMP) wird mit der Konzeption des Saals, Yasuhisa Toyota mit dessen Akustik beauftragt. GMP hatte zuvor mit der Sanierung des Kulturpalastes Dresden begeistert. Toyota, einer der renommiertesten Akustiker weltweit, erhielt Ende November schließlich auch den Zuschlag für die Neugestaltung der Akustik in der Philharmonie des Gasteigs selbst.

Diese Entscheidungen blieben unangefochten. Nicht so der Anfang November bekannt gegebene Gewinner des Architekturwettbewerbs für die Sanierung. Denn im Frühling hatte sich die Jury nicht sofort für einen Architekten entschieden, sondern drei favorisierte Büros um die Überarbeitung ihrer Entwürfe gebeten. Als sie dann das Büro von Gunter Henn zum Sieger kürte, legten die unterlegenen Architekten Tobias Wulf und Moritz Auer Einspruch gegen die Stadtratsentscheidung ein. Sie sahen sich wegen spät aufgetauchter Streitigkeiten ums Urheberrecht der Ursprungsarchitekten im Nachteil. Denn der Siegerentwurf entwickelt den ursprünglichen Baukörper am sachtesten weiter, während bei den anderen Entwürfen von der Originalarchitektur kaum noch etwas übrig bliebe. Das juristische Verfahren dauert bis 2019 an. Der Baubeginn verzögert sich, die Kosten, die auf eine knappe halbe Milliarde Euro taxiert sind, steigen wohl unweigerlich weiter.

© SZ vom 28.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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