Garching/München:Reaktion auf die Radioaktivität

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Zahlreiche Sicherheitsschleusen sollen im Reaktor verhindern, dass Strahlung Menschen gefährdet. (Foto: Stephan Rumpf)

Betreiber des Garchinger Forschungsreaktors erklären den Emissionsunfall

Von Gudrun Passarge, Garching/München

Jemand, der 30 Tage lang jeden Morgen eine Banane isst, habe danach die gleiche Strahlendosis abbekommen, wie sie beim Zwischenfall am Garchinger Forschungsreaktor emittiert wurde. Mit diesem Vergleich unterstrich die Pressesprecherin des FRM II (Forschungsreaktor München II) Anke Görg, dass zu keiner Zeit "für keine Menschen, keine Tiere, keine Umwelt Gefahren bestanden haben". Vertreter des Betreibers, der Technischen Universität München (TU) waren in die Garchinger Stadtratssitzung gekommen, um zu erklären, wie es zu der Emission von Radioaktivität Ende März gekommen war, bei dem der Jahresgrenzwert des Nuklids C-14 um 15 Prozent überschritten wurde. Während die Grünen die Ansicht vertraten, der Reaktor dürfe nicht mehr anfahren, sagte der Dritte Bürgermeister Joachim Krause (SPD), man solle nichts aufbauschen, "das bringt uns nicht weiter. Wir müssen dafür sorgen, dass es nicht wieder passiert."

Passiert ist es beim Trocknungsprozess von Ionenaustauscherharzen. Weil ein Mitarbeiter die CO₂-Abscheideanlage nicht angeschlossen hatte, wurde radioaktiver Kohlenstoff ungefiltert über den Kamin abgegeben. Die Arbeiten fanden vom 20. bis 26. März statt. Beim zweiten Trocknungsprozess Anfang April war die Anlage wieder angeschlossen. Hans-Peter Adolf, Fraktionssprecher der Grünen, wollte wissen, warum die Meldung der Grenzüberschreitung erst Mitte Mai rausging. Goerg erklärte, die Ergebnisse der quartalsmäßigen Untersuchung hätten erst am 15. April vorgelegen. Sie zeigten, dass der Grenzwert von C-14 zu 92,5 Prozent erreicht war. Der zweite Trocknungsprozess war da aber noch nicht berücksichtigt. Die Messungen waren Ende März sofort auf einen monatlichen Turnus umgestellt worden. Dazu schickt die TU den Filter aus dem Kamin an das Bundesamt für Strahlenschutz, dort wird er halbiert. Eine Hälfte untersucht das BfS, die andere die TU. Die Ergebnisse der Aprilmessung seien erst am 14. Mai bekannt gewesen, daraufhin habe der FRM II die Grenzüberschreitung sofort an die Behörden gemeldet.

Daniela Rieth (Grüne) fand, die TU hätte die Menschen eher informieren können. Es gehe hier immerhin um Radioaktivität, die auch schon in geringen Mengen das Erbgut schädigen könne. Die Leute hätten dann selbst entscheiden können, ob sie am Campus spazieren gehen wollen. Michael Schmidt, Strahlenbeauftragter am FRM II, sprach von Vorschlägen, "sowohl administrativ als auch technisch", die nun mit den Behörden abgesprochen würden.

Wann der Forschungsreaktor wieder ans Netz geht, entscheidet das bayerische Umweltministerium. Bastian Dombret (FDP) fragte nach, wie hoch denn die Belastung am Jahresende aussähe, wenn der FRM II wieder laufe. Die vergangenen Jahre, so Görg, hätten die C-14-Werte nur 20 bis 30 Prozent der erlaubten Menge ausgemacht. Michael Schmidt ging davon aus, dass der Betrieb wohl noch nicht in den nächsten zwei bis drei Monaten startet. Die Grünen allerdings haben beantragt, den Reaktor für immer abzuschalten, weil sich die TU als Betreiber "als unzuverlässig und inkompetent erwiesen" habe. Über den Antrag wird im Stadtrat später entschieden.

© SZ vom 30.05.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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