Fußball-Bayernliga:Die Emotionen sind zurück

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Rutschpartie: Im strömenden Regen duellieren sich Sechzig-Kapitän Lennert Siebdrat (li.) und Deisenhofens Martin Mayer. (Foto: Claus Schunk)

Die U21 des TSV 1860 München gewinnt das Derby beim FC Deisenhofen knapp mit 1:0.

Von Christian Bernhard, Oberhaching

Die Hektik des Spiels war etwas abgeebbt, die ersten Spieler hatten das Gelände verlassen. Und sogar die Sonne kam nach einem regnerischen Nachmittag noch zum Vorschein. Da stellte Frank Schmöller noch zwei Sätze in den Raum, die sehr gut zum soeben beendeten Deisenhofener Fußball-Samstag passten. "Das ist das Schöne am Fußball", sagte der Trainer des TSV 1860 München II, "es gibt immer zwei Meinungen." Und: "Diese Emotionen haben uns in den letzten sechs Monaten gefehlt."

Emotionen gab es beim Bayernligaduell zwischen dem FC Deisenhofen und 1860 II am Samstag reichlich. Der 1:0-Auswärtssieg der Junglöwen war von zahlreichen Diskussionen und einer Szene geprägt, die dazu führten, dass Deisenhofens Trainer Hannes Sigurdsson nach dem Schlusspfiff mit zügigem Schritt auf das Schiedsrichtergespann zuging und gestikulierend auf es einredete. Wenige Minuten später sprach er ruhig und besonnen über das Geschehene, im Isländer brodelte es aber immer noch. "Ein Witz" sei das gewesen, betonte Sigurdsson, eine "absolute Frechheit". Er meinte damit die generelle Linie der Schiedsrichter, nicht nur die eine Szene aus Minute 18, welche auch die Gemüter der 195 Zuschauer erhitzte.

FCD-Angreifer Michael Bachhuber lief beim Stand von 0:0 nach einem viel zu kurzen Rückpass von Semi Belkahia alleine auf 1860-Torhüter David Hundertmark zu, umkurvte ihn - und ging zu Boden. Für die Deisenhofener war klar, dass er dabei zu Fall gebracht worden war, doch der Pfiff von Schiedsrichter Andreas Hartl blieb aus. In jenem Moment kamen die von Schmöller angesprochenen zwei Meinungen ins Spiel: Sigurdsson sprach von einem "klaren Foul", Schmöller, dessen Trainerbank auf Höhe des Geschehens war, betonte hinterher, dass sein Torhüter den Angreifer "definitiv" nicht berührt habe. Dem Löwen-Trainer war aber auch bewusst, dass der Schiedsrichter das "in neun von zehn Fällen pfeift". Für Sigurdsson änderte sich durch den nicht gegebenen Strafstoß die Statik der Partie: "Wenn er den Elfmeter pfeift, gibt es ein anderes Spiel."

Belkahia machte seinen Patzer, der die umstrittene Szene überhaupt erst ermöglicht hatte, später wieder gut, als er nach einer Flanke von links seine 1,93 Meter Körpergröße in die Höhe schraubte und per Kopf das einzige Tor des Tages erzielte (39.). Der Innenverteidiger war von den Profis abgestellt worden und stabilisierte den Löwen-Abwehrverbund. "Semi hat uns mit seiner Ruhe und körperlichen Präsenz gutgetan", sagte Schmöller, dessen Viererkette in der zweiten Hälfte oft zu einer Fünferkette wurde, da die Münchner fast nur noch reagierten.

Vor der Pause hatte Deisenhofens Innenverteidiger Marinus Poschenrieder zwei Chancen nach Eckbällen vergeben (10., 15.), da Hundertmark in beiden Fällen die Flanken nicht entscheidend klären konnte. In Halbzeit zwei waren oft alle 20 Feldspieler in der Münchner Hälfte zugange, da die Junglöwen fast nur noch mit Defensivarbeit beschäftigt waren. Seine Mannschaft habe das Spiel "kontrolliert und dominiert", betonte Sigurdsson. Das galt allerdings nur bis zum gegnerischen Strafraum, wo den Deisenhofenern, die nun ihre erst zweite Niederlage der vergangenen 14 Partien verarbeiten müssen, Ideen und Präzision fehlte. "Wenn der Gegner mit einer Fünferkette tief steht, ist es schwierig", sagte der isländische Trainer und gab zu: "Damit hatten wir schon Probleme." Die Probleme waren so groß, dass der Tabellenzweite in dieser vor knapp 15 Monaten gestarteten Spielzeit zum ersten Mal seit September 2019 ohne Treffer blieb. Schmöller freute sich umso mehr, dass sein Team den knappen Vorsprung mit "viel Einsatz und Leidenschaft souverän" bis zum Schlusspfiff verteidigte. Sigurdsson verwies zum Abschluss darauf, dass seine Spieler im nächsten Spiel "Blut auf den Zähnen" haben werden. Das sei aus dem Norwegischen, erklärte er hinterher. Verständlich war es allemal.

© SZ vom 05.10.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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