Funktechnik:Digitales Netz soll Sicherheit der Münchner U-Bahn erhöhen

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Bislang haben die digitalen Funkgeräte der Polizei keinen Empfang in der U-Bahn, wie hier unter dem Marienplatz. Das soll sich nun endlich ändern. (Foto: Robert Haas)
  • Die Münchner U-Bahn erneuert ihre Technik, künftig soll es im Untergrund digitales Netz geben.
  • Der Ausbau kostet knapp 30 Millionen Euro, die die Stadtwerke München und das bayerische Innenministerium übernehmen werden. Und den Großteil werden wohl die Fahrgäste bezahlen.
  • Die moderne Funktechnik soll die Sicherheit der Fahrgäste erhöhen.

Von Thomas Schmidt, München

Die Münchner U-Bahn sucht den Anschluss, den Anschluss ans digitale Funknetz der Sicherheitsbehörden. Damit Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienste künftig endlich auch im Untergrund die moderne Funktechnik nutzen können, sollen in den kommenden vier Jahren 300 Kilometer Kabel verlegt, rund 1000 neue Antennen installiert und etwa 300 Digitalfunk-Repeater eingebaut werden. Das dient der Sicherheit, dürfte aber die Fahrpreise weiter in die Höhe treiben. Denn den Großteil der Kosten von insgesamt knapp 30 Millionen Euro übernehmen die Stadtwerke München (SWM). Das bayerische Innenministerium bezuschusst den Ausbau mit acht Millionen Euro, somit bleiben 22 Millionen an den Stadtwerken hängen.

Die U-Bahn springt sozusagen recht spät auf den Zug auf, denn die Einführung des Digitalfunks liegt etliche Jahre zurück. Den Auftrag für den Netzaufbau vergab der Bund bereits 2006. Zwölf Jahre später plagen sich die Einsatzkräfte noch immer mit gewaltigen Funklöchern herum. Branddirektor Peter Bachmeier nennt sie "weiße Flecken". 180 davon gebe es derzeit in München, darunter sind Einkaufszentren, Tiefgaragen, die S-Bahn-Stammstrecke und eben die U-Bahn.

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Bei Einsätzen im Untergrund oder in großen Gebäuden müssen Polizisten und Feuerwehrleute zwischen ihren digitalen Geräten und den analogen Funkknochen hin und her wechseln. Im Notfall, in Stresssituationen, kostet das wertvolle Zeit. Zudem können durch den Parallelbetrieb wichtige Informationen verloren gehen. Nun soll die Infrastruktur in allen 94 unterirdischen U-Bahnhöfen, in allen Tunneln und an sämtlichen Notausstiegen erneuert werden - und auch jeder Zug erhält neue Funkgeräte.

Die "Diskussion" über den Austausch der Technik habe sich "mehrere Jahre hingezogen", erklärt Ingo Wortmann, Chef der Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG), am Mittwoch. Vermutlich wurde hinter verschlossenen Türen eifrig über die Höhe des Zuschusses des Freistaats gefeilscht. Denn die alte Funktechnik im U-Bahnnetz muss so oder so erneuert werden. Derzeit betreiben die Stadtwerke dort noch zwei analoge Funksysteme: Eines für die Abwicklung des U-Bahnbetriebs, das andere steht den Sicherheitsbehörden zur Verfügung. Beide Systeme "sind an der Grenze ihrer Lebensdauer angekommen", sagt Wortmann.

Die Stadtwerke kommen somit nicht umhin, Geld zu investieren, um den Betrieb und gleichzeitig die Sicherheit ihrer Fahrgäste zu gewährleisten. "Wir wollen die Kosten eigentlich nicht auf die Fahrpreise umsetzen", sagt Wortmann, räumt auf Nachfrage dann aber ein, dass wohl genau das passieren wird: "Was wir in die U-Bahn investieren, werden wir größtenteils auf die Fahrpreise umsetzen." Genaueres wollte der MVG-Chef aber noch nicht sagen.

Für solche Details bleibt wohl auch noch Zeit, denn der Ausbau soll erst in vier Jahren abgeschlossen sein. Dass die Arbeiten derart lange dauern, liegt laut Wortmann daran, dass man nur während der Betriebspausen Leitungen verlegen könne. Zudem müsse der alte Funk parallel weiterlaufen, er wird ja für den Betrieb gebraucht.

U-Bahn-Ausbau soll Vorbild für andere Betreiber sein

Die U-Bahn ist zwar der größte "weiße Fleck" im Münchner Digitalfunknetz, aber es bleiben noch 179 weitere in der Stadt. Bei großen Neubauprojekten gebe es inzwischen Auflagen, die Immobilien für den Behördenfunk fitzumachen, doch bei Bestandsgebäuden sei es oft schwierig, die privaten Betreiber von der Investition zu überzeugen, berichtet Branddirektor Bachmeier. Nun hoffe er, dass der Ausbau der U-Bahn ein "Startschuss" sein könnte, ein Vorbild für andere Betreiber.

Zum Beispiel für die Deutsche Bahn. Mit ihr "laufen derzeit konkrete Gespräche", die Funktechnik im Stammstreckentunnel zu erneuern, verkündet Innenminister Joachim Herrmann (CSU) am Mittwoch. Und auch im Münchner Flughafen gehe es voran. Bis Ende des Jahres wolle man dort auf digitalen Funk umstellen, berichtet Herrmann. Die Kosten trage allein die Betreibergesellschaft. Der Millionenzuschuss für die Stadtwerke soll eher eine Ausnahme sein, nicht die Regel. "Der Freistaat wird nicht private Betonklötze bezuschussen", betont der Minister, "da müssen andere Lösungen gefunden werden".

Dass nun eine Lösung für die U-Bahn da ist, begrüßt auch die Deutsche Polizei Gewerkschaft. "Unsere Kollegen warten schon seit Jahren darauf", stichelt Jürgen Ascherl, stellvertretender Landesvorsitzender der DPolG. Allerdings gebe es weiterhin "noch genügend Stellen, wo es hapert". Dabei steckt der Freistaat enorme Summen in den Ausbau des Netzes, insgesamt mehr als eine Milliarde Euro, die 30 Millionen für die U-Bahn nicht mitgerechnet. Laut Herrmann gut angelegtes Geld, bundesweit liege die Netzabdeckung inzwischen bei 99 Prozent - an der Oberfläche. Was den Untergrund betrifft, dort seien die Nürnberger den Münchnern übrigens um Jahre voraus: Die Franken wollen mit der Umrüstung ihrer U-Bahn bereits 2019 fertig sein, München peilt das Jahr 2022 an.

© SZ vom 05.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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