Fürstenried:Warmes Willkommen

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Die Kürbisköpfe durften an Halloween leuchten, das Innere konnten sich Flüchtlinge schmecken lassen. Lehrerin Ines Dyba mit ihren Schülern. (Foto: Isser)

Schüler des Thomas-Mann-Gymnasiums kochen Kürbissuppe für Migranten, die nahe der Hackerbrücke eintreffen

Von Jürgen Wolfram, Fürstenried

Es kommt nicht alle Tage vor, dass Schülerinnen und Schüler statt Schreibutensilien einen Kürbis, einen Löffel und ein Schnitzmesser mit zum Unterricht bringen. Für die fünften und sechsten Klassen des Thomas-Mann-Gymnasiums in Fürstenried aber hat der Lehrplan genau dies kürzlich vorgesehen. Im orangeleuchtenden "Lebensraum" der Schule machten sich 60 Kinder ran ans Fruchtgemüse, und die Vorfreude auf Halloween stand dabei nicht einmal im Vordergrund. Man entsann sich vielmehr der vor Jahren erworbenen Vorzeigeprädikate - "Umweltschule", "Schule ohne Rassismus/mit Courage" -, bündelte biologische Aspekte der Kürbissorten mit wirtschaftlichen (Produkte aus der Region!) zur interdisziplinären Lektion und ließ das Ganze in eine beispielhafte Hilfsaktion münden: Suppe kochen für Flüchtlinge.

Ein Lehrbeispiel für die Bedeutung des Sozialen in einer verwirrend kompliziert vernetzten Welt. Die Neun- bis Zwölfjährigen lernten bei ihrem karitativen Kürbisprojekt eine ganze Menge auf einmal. Wie man Fruchtfleisch von Kernen befreit, Obstschalen fratzenbildnerisch für eine Schulausstellung zurechtmacht, dass es von "Hokkaido" bis "Kamo-Kamo" unglaublich viele Sorten der Riesenfrucht gibt und fast ebenso viele Rezepte zu ihrer kulinarischen Verfeinerung. Vor allem aber erschloss sich den Schülern, wie man Menschen in Not elementar unterstützt. Die gymnasiale Kürbissuppe, angerührt unter Anleitung des Profikochs und Catering-Unternehmers Florian Rossmann, erwärmte schließlich via "Volksküche" eintreffende Migranten am Zentralen Omnibusbahnhof unweit der Hackerbrücke.

Früher hätten die Schüler ihre leckere Brühe vermutlich selber gelöffelt. "Aber noch besser ist es, wenn Flüchtlinge die Suppe kriegen", sagt Absalon Ramos, Sprecher der Klasse 5 b, am Aktionstag. Für Ramos, Lieblingsfächer Sport und Mathematik, ist das vielschichtige Projekt ohnehin eine fabelhafte Musterunterbrechung, "viel besser als der sonstige Unterricht". An einer Schule mit Courage darf man so etwas selbstverständlich sagen. Involvierte Lehrkräfte wie Ines Dyba, Solveig Tietz oder Florian Kretzler jubelten eher aus einem anderen Grund: Trotz höchst intensiver Kreativität hatte sich niemand in die Hand geschnitten, jedenfalls nicht bis 14 Uhr.

© SZ vom 02.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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