Nahverkehr:Die Bahn ist aus dem Takt

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Die Pünktlichkeit nimmt ab: Zug der S 4. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Störungen an Signalen und Weichen sowie Einsätze von Polizei und Notarzt führen auf der S 4 immer wieder zu Verspätungen und Zugausfällen.

Von Peter Bierl, Fürstenfeldbruck

Auf die Bahn ist insofern Verlass, als es in den vergangenen Wochen auf der Linie S 4 regelmäßig zu Verspätungen und Zugausfällen gekommen ist. In der vergangenen Woche waren Störungen an Signalen und einer Weiche die Ursache, teilte ein Sprecher der Bahn AG mit. Die Bayerische Eisenbahngesellschaft (BEG) hat errechnet, dass die Pünktlichkeitsquote im Regional- und S-Bahn-Verkehr in Bayern von 92,4 Prozent im Zeitraum Januar bis Mai auf 82,8 Prozent im Juni gesunken ist. Dabei seien Zugausfälle aufgrund von Streckensperrungen noch gar nicht berücksichtigt. Ursache ist die marode Infrastruktur.

Signal arbeitet nicht richtig

Am Montag gab es mehrere Ursachen dafür, dass der Fahrplan im abendlichen Berufsverkehr durcheinander geriet. Nach Angaben des Sprechers der Bahn gab es zuerst eine Störung an einem Regionalzug in Geltendorf, dann arbeitete ein Signal zwischen Buchenau und Grafrath nicht mehr richtig. Dadurch sei es auf der stark befahrenen Strecke zu einem Rückstau und Verspätungen gekommen. Am frühen Montagmorgen musste die Strecke zwischen Geltendorf und Grafrath für einen Notarzteinsatz am Gleis gesperrt werden. In der Vorwoche sei es wegen bundespolizeilicher Ermittlungen in der Nacht zu einer Sperrung der Strecke gekommen.

Dazu kommt, dass Bahnen nicht an ihr Ziel fahren, sondern plötzlich in Grafrath stoppen und wenden, um das gesamte System wieder in den richtigen Takt zu bringen. Das wiederum führt dazu, dass Pendler die Anschlusszüge in Geltendorf in Richtung Allgäu, Augsburg und Ammersee verpassen.

Dieses Problem stellte sich jedoch am Montag insofern nicht, als die Verbindung zwischen Geltendorf und Schondorf zeitweise unterbrochen war, wegen kurzfristiger Inspektions- und Instandhaltungsarbeiten, wie der Sprecher der Bahn AG mitteilte. Dort musste Schotter nachgefüllt werden. Für Pendler stellte sich das obendrein als Informationschaos dar, weil Durchsagen am Bahnhof, Angaben auf den Informationstafeln und den Apps auf den Handys inhaltlich widersprüchlich ausfielen.

Auch dieses Phänomen tritt bei Zugausfällen und Störungen öfter auf. Der Sprecher der Bahn entschuldigte dieses Ärgernis mit Hochbetrieb in der Leitstelle. Dort müssten in kürzester Zeit viele Züge und Personal bestmöglich disponiert werden. Oft könnten Daten nur mit wenig Vorlauf oder verspätet in die Systeme eingegeben werden.

Neun-Euro-Ticket spielt kleine Rolle

Nach Ansicht der BEG, die im Auftrag des bayerischen Verkehrsministeriums den Regional- und S-Bahnverkehr plant, finanziert und kontrolliert, spielt die Einführung des Neun-Euro-Tickets zwar eine gewisse Rolle, weil mehr Menschen mit den Zügen fahren. Doch dieser Effekt werde "durch Mängel in der Schieneninfrastruktur deutlich in den Schatten gestellt". So seien Defizite der Infrastruktur im Juni bei mehr als 45 Prozent der Verspätungen die Ursache gewesen. Der Anteil von Mängeln an den Gleisen an allen Verspätungen stieg von 1,8 Prozent im Zeitraum Januar bis Mai 2022 auf 11,7 Prozent im Juni 2022, also um mehr als das Sechsfache, teilte die BEG mit.

Die Geschäftsführerin der BEG, Bärbel Fuchs, forderte die DB Netz auf, "die Infrastruktur präventiv besser instand zu halten, damit es erst gar nicht zu so einer Häufung an Mängeln kommt. Es darf nicht sein, dass bei nahezu jeder Messzugfahrt neue Langsamfahrstellen oder gar komplette Streckensperrungen hinzukommen."

Besonders betroffen seien von den Mängeln die Nebenstrecken, weswegen der bayerische Verkehrsminister Christian Bernreiter (CSU) die Ampelkoalition in Berlin mahnte, bei allem "Getöse" über ein Hochleistungsnetz im Fernverkehr nicht die Regionalstrecken zu vernachlässigen. Die CSU stellte in den zwölf Jahren vor der Ampelkoalition mit Andi Scheuer, Christian Schmidt, Alexander Dobrindt und Peter Ramsauer die Bundesverkehrsminister. Für den Regionalverkehr in Bayern ist die Staatsregierung mitverantwortlich.

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