Wollschweine und 46 Kartoffel-Sorten:Exoten in Maisach

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Ulrich Bernhard baut unter anderem 46 Sorten Kartoffeln an, die er im Hofladen im früheren Kuhstall verkauft. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Bernhard Ulrich sucht seine Nische in der Landwirtschaft

Von Ingrid Hügenell, Maisach

Die vorerst letzten Neuzugänge sind Anfang September auf Ulrich Bernhards Hof angekommen: Zwei Wagyū-Rinder, ein Ochse und eine Färse, zehn Monate alt. Die japanischen Fleischrinder mit einem Viertel Aubrac-Einkreuzung sind in Deutschland noch sehr selten - ein guter Grund für Bernhard, sie zu halten. Nicht umsonst heißt sein Maisacher Betrieb "Bichis Hof der Exoten". Die Wagyūs kommen bald auf die Weide. Dort tummeln sich auch 14 Schweine aus zwei alten Haustierrassen. Mit ungewöhnlichen Haustieren und seltenen Nutzpflanzen sucht Bernhard seine Nische.

Der 26-Jährige hat gerade viel zu tun, es ist Kartoffelernte. 46 Sorten baut er auf 1,5 Hektar an, etwa eine Tonne pro Sorte. Sie heißen zum Beispiel Birgit, Colomba, Linda und Laura. Vor allem die rotschalige Laura hat es Bernhard angetan, sie bildet schöne, große Knollen mit gelbem Fleisch aus. Man kann aber Kartoffeln mit rotem oder violettem Fleisch bekommen. Auch Knoblauch wächst auf Bernhards Flächen, eine absolute Rarität im Landkreis, zudem Gemüse, Salat und Amaranth. Verkauft wird alles im Hofladen. Er ist im früheren Kuhstall untergebracht. 1996 hat Ulrich Bernhards Vater Franz die Milchviehhaltung aufgegeben. Auch er geht in die Arbeit, ist beim öffentlichen Dienst tätig, arbeitet aber auf dem Hof mit, ebenso wie Mutter Christine und die drei Geschwister. Hilfe bekommt Bernhard auch von einer Nachbarin, die gerne mit anpackt und dafür in Naturalien entschädigt wird.

Zweimal täglich geht Bernhard zu den Schweinen, die ganzjährig auf der Weide stehen. Es sind je fünf fast erwachsene Schwäbisch-Hällische und Mangalitza-Wollschweine sowie vier Mangalitza-Ferkel, mit denen er züchten will. Dazu wird er sich einen Eber leihen. Die Schweine werden alle vier bis sechs Wochen auf eine neue Fläche gesetzt, denn sie wühlen sehr schnell alles um. Die Weide ist dreifach gesichert, ganz außen herum ist ein hoher, starker Zaun. Er soll Wildschweine abhalten. Bernhard wird jetzt auch einen Zaun um sein Gemüsefeld bauen. Denn es werde ihm häufig etwas gestohlen, berichtet er. Manche Leute glaubten sogar, sie hätten ein Anrecht darauf, weil sie ja schon die Steuern bezahlt hätten, aus denen die Bauern ihre Subventionen bekämen.

Wollschweine oder Mangalitzas wären fast ausgestorben, erfreuen sich aber zunehmender Beliebtheit. Neun Exemplare der alten Haustierrasse leben in Maisach auf "Bichis Hof der Exoten". Ulrich Bernhard will sie auch vermehren und sich dazu einen Eber ausleihen. Die männlichen Tiere werden von den wenigen Züchtern in Deutschland untereinander weiter gegeben. Wie Bernhard berichtet, gibt es Bestrebungen, ein Herdbuch einzurichten, um kontrollierter züchten zu können. 18 Monate leben die Schweine auf der Weide, wo sie ausgiebig im Schlamm wühlen können, bevor sie geschlachtet werden. Dann bringen sie ein Gewicht von 200 Kilogramm auf die Waage. Ihr Fleisch wird wegen des relativ hohen Fettanteils beim Braten oder Grillen kaum je trocken. Es hat einen besonders kräftigen Geschmack. Um die robuste alte Rasse erhalten zu können, müsse man sie nutzen, erklärt Bernhard. Niemand könne es sich leisten, die Tiere einfach zum Spaß zu halten. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Es ist ein Nebenerwerbshof, oder eher eine zeit- und arbeitsaufwändige Leidenschaft, der Bernhard nachgeht. Hauptberuflich arbeitet der Maschinenbau-Ingenieur in Vollzeit bei der Dekra. Dabei kommt es ihm sehr entgegen, dass er bei der Dekra auch nachts arbeiten kann. Manche Firmen brächten ihre Last- oder Dienstwägen abends zur Hauptuntersuchung. Bernhard übernimmt diese Schichten gerne. Er hat dann tagsüber Zeit, sich um seine Exoten zu kümmern.

Ebenso viele Stunden wie in den Hauptberuf steckt er in den Hof, den er vor einem Jahr übernommen hat. Sein Traum: Dass er irgendwann nur noch 60 Stunden in der Woche arbeiten muss, "das wäre gut zu schaffen". Noch aber stehen so viele Investitionen an, dass an eine Reduzierung der Arbeitszeit bei der Dekra nicht zu denken ist. Bernhard möchte zum Beispiel eine neue Halle errichten, befürchtet aber, die nicht genehmigt zu bekommen. "Kleine Landwirte haben eh' keine Zukunft" - das bekomme man als Nebenerwerbler häufig zu hören, wenn man eine Genehmigung oder sonst etwas von einer Behörde brauche. Er richtet sich darauf ein, dass er für die Halle kämpfen muss.

"Mir macht's definitiv Spaß", sagt Bernhard trotzdem. Momentan müsse er noch Geld in die Landwirtschaft stecken, denn er baut neu auf und muss deshalb viel investieren. Gerne würde er sich zudem Anlagen anschaffen, mit denen er seine Rohprodukte selbst veredeln kann, etwa den Amaranth. Denn das meiste Geld bleibe beim Zwischenhändler. Der Hof existiert seit dem 17. Jahrhundert, seit etwa 170 Jahren ist er in der Familie. "Es haben so viele Generationen dafür gearbeitet", sagt Bernhard. Da habe er auch eine Verpflichtung weiterzumachen.

© SZ vom 14.09.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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