Erneuerbare Energien:Goldgräberstimmung bei der Windkraft

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Der Standort der geplanten Anlage bei Prack/Rottbach in der Gemeinde Maisach. (Foto: Leonhard Simon)

Das Interesse für eine neue Anlage nahe des Maisacher Ortsteils Rottbach ist groß. Nicht nur in der Bevölkerung. Investoren finden sogar sieben Standorte attraktiv.

Von Ariane Lindenbach, Maisach

Groß ist das Interesse an der Infoveranstaltung der Gemeinde Maisach über das geplante Windrad zwischen Prack und Rottbach. Knapp 200 Menschen füllen den Saal im Sportlerheim in Überacker, viele scheinen nicht nur wegen der geplanten Veränderungen gekommen zu sein. Sondern auch weil die Gemeinde eine Möglichkeit zur Bürgerbeteiligung schaffen möchte und das offenbar viele attraktiv finden. Eine Fraktion aus Prack bekundet ihr Missfallen. Dabei bleibt den Menschen laut Bürgermeister Hans Seidl (CSU) ohnehin nicht allzu viel Spielraum. Wegen einer veränderten Gesetzeslage sind Windkraftanlagen jetzt wieder politisch gewünscht und werden forciert. Investoren wollen von der Entwicklung profitieren und haben jetzt schon für sieben Standorte in Maisach ihr Interesse bekundet.

Denn nicht nur die Gesetzeslage hat sich stark verändert, auch die Technik hat sich weiterentwickelt und die Strompreise sind kräftig gestiegen. Das alles macht Windenergie lukrativer. Es gibt inzwischen ein Bundesgesetz, das die bayerische 10-H-Regel aushebelt. Und auch in Bayern soll der Anteil an regenerativen Energien in wenigen Jahren verdoppelt werden, berichtet Seidl von einem Kabinettsbeschluss vom Juni. Der CSU-Politiker hat ausgerechnet, dass "das in der Gemeinde Maisach zwischen sieben und acht Windräder bedeutet". Der Bürgermeister unterstreicht, dass zum jetzigen Zeitpunkt - der Gemeinderat will am 15. September das Bebauungsplanverfahren für das Windrad bei Prack auf den Weg bringen - die Gemeinde sowie die Bürger noch einen gewissen Handlungsspielraum besitzen. Andernfalls, erläutert er die aktuelle Situation, "auch wenn die Gemeinde bewusst nicht da hingehen würde, der nächste Investor geht da hin".

Fast 200 Menschen sind zu der Infoveranstaltung über das neue Windrad ins Sportlerheim in Überacker gekommen. (Foto: Leonhard Simon)

Je näher dran am Windrad, desto höher die mögliche Beteiligung

Der Bürgermeister ist überzeugt, dass die Möglichkeit einer Gewinnbeteiligung an den Rotoren die Akzeptanz in der Bevölkerung deutlich steigern würde. Deshalb sollen die vier Stadtwerke im Landkreis für die Maisacher ein Konzept zur Beteiligung erstellen. Und zwar nach dem Prinzip, je näher dran am Windrad, desto höher die mögliche Beteiligung. Unabhängig davon soll es Seidl zufolge einen finanziellen Ausgleich geben für die Fläche, auf der die Windkraftanlage steht, sowie für jene Bereiche, die den Schatten der Rotoren abbekommen. Darüber hinaus verweist er auf die strengen Bestimmungen im Genehmigungsverfahren, das unter anderem die Abschaltung eines Windrads vorsieht, wenn es täglich 30 Minuten Schatten auf ein bewohntes Gebäude wirft. Drei Gutachten müssen die Unbedenklichkeit am jeweiligen Standort bestätigen: Schatten, Lärm und Naturschutz. Darüber hinaus gibt es die Möglichkeit, Einwände gegen die Planung einzureichen. Auch für die Bürger aus Dürabuch, betont Seidl. Der Ortsteil gehört zur Nachbargemeinde Egenhofen, ist aber ebenfalls nahe am geplanten Windrad dran. Nach Seidls Vorstellung wäre für Menschen aus Dürabuch eine höhere Gewinnbeteiligung möglich als etwa für jene aus Gernlinden.

Dass das mit der Beteiligung und der Akzeptanz funktionieren kann, hat der Bürgermeister bereits beim ersten Windrad erlebt, das seit acht Jahren zwischen Malching und Mammendorf Strom aus Wind erzeugt. 2008, noch lange vor der Errichtung, "gab es einen Riesenprotest, seit 2012 höre ich aus Malching nur noch, wir sind das Epizentrum der Energiewende", berichtet er. Tatsächlich fällt der Ertrag der insgesamt zwei Windräder im Landkreis deutlich größer aus als ursprünglich erwartet; auch die Rendite ist mit etwa zehn Prozent weit über den geschätzten zwei bis drei Prozent.

"In der Energiewende ist man keinen Schritt weitergekommen", sagt Bürgermeister Hans Seidl

Auch die aktuelle Entwicklung mit wachsender Bevölkerung und immer mehr Energiebedarf für Smartphone und Laptop, für E-Mobilität und klimatisierte Räume zwingt die Menschheit nach Seidls Einschätzung zum Umdenken und zum Handeln. Die Pläne für mehr als zwei Windräder im Landkreis wurden bereits vor zehn Jahren gemacht und von der 10-H-Regel gestoppt. "In der Energiewende ist man keinen Schritt weitergekommen", lautet Seidls Resümee. Angesichts des Kriegs in der Ukraine und der Knappheit von Gas betont er: "Wir brauchen Versorgungssicherheit für die Bevölkerung." Ein weiteres Argument für erneuerbare Energien liefert Energiereferent Gottfried Obermair (FW). "Die Entsorgung des Atommülls ist weltweit nicht geregelt", gibt der Gemeinderat und Vorsitzende des Energiewendevereins Ziel 21 zu bedenken. Und berichtet von täglich fünf bis zehn Anfragen für Windräder im Landkreis.

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