Erneuerbare Energien:Was wird aus der Windkraft im Landkreis?

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Zwei Windräder drehen sich momentan im Landkreis, eines in der Gemeinde Maisach, eines in Mammendorf. (Foto: Günther Reger)

Ob der zehn Jahre alte Teilflächennutzungsplan wiederbelebt werden kann, steht in Zweifel. Die Kommunen können an der Ausweisung geeigneter Flächen künftig nur noch teilweise mitwirken.

Von Heike A. Batzer, Fürstenfeldbruck

Vor gut zehn Jahren hatten die Kommunen im Landkreis Fürstenfeldbruck einen Plan zur Nutzung der Windkraft aufgestellt. Kann man darauf aufbauen, wenn man der Windenergie zu einem Revival verhelfen will? Die Arbeit sei doch schon geleistet, befindet Grünen-Kreisrat Hans Märkl: "Das kann man aus der Schublade holen." Das sei nicht so einfach umzusetzen, sagt indes Kreisrat Johann Thurner (FW) und verweist darauf, dass sich seither Bebauungspläne geändert hätten, es gehe zudem um die Anpassung von Radarhöhen und Mindestflughöhen, von denen eine Windkraftplanung berührt sei. Auch Türkenfelds Bürgermeister und Kreisrat Emanuel Staffler (CSU) zweifelt im Energieausschuss des Kreistags: "Das Fortschreiben der alten Windkraftplanung macht keinen Sinn." Planungsgrundlagen und Rahmenbedingungen hätten sich seit dem Jahr 2012 in vielen Bereichen erheblich verändert, heißt es auch aus der Kreisverwaltung. Der damalige Teilflächennutzungsplan Windkraft sei deshalb "zur Identifizierung geeigneter Flächen für Windenergieanlagen nicht mehr aussagekräftig".

Zehn Jahre ist es her, seit sich Städte und Gemeinden im Landkreis zusammenrauften und sich über potenzielle Standorte für Windkraftanlagen verständigten. Ein Teilflächennutzungsplan sollte festlegen, wo Windräder entstehen können und wo nicht. Die 10-H-Abstandsregelung, die unter dem damaligen bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer eingeführt wurde, brachte die Planungen wieder zum Erliegen. Im dicht besiedelten Landkreis Fürstenfeldbruck war die Aufstellung von Windenergieanlagen seither nur noch möglich, wenn Kommunen mittels Bebauungsplänen einen geringeren Abstand zu Siedlungsflächen festsetzen konnten oder wollten. Ergebnis ist, dass es im Landkreis bislang zwei Windräder gibt: eines bei Mammendorf und eines unweit davon bei Malching, betrieben jeweils von den Stadtwerken Fürstenfeldbruck. Ein weiteres will im Forst zwischen Jesenwang und Grafrath die Bürgerenergiegenossenschaft Freising bauen, weitere zwei wollen die Stadtwerke zwischen Rottbach und Prack in der Gemeinde Maisach errichten. Künftig sollen gesetzliche Regelungen dies erleichtern.

Der Regionale Planungsverband soll das Vorhaben in der Region steuern

Denn mit der Energiekrise änderte sich die Sicht auf die Dinge wieder. Um die Windenergie an Land vom nächsten Jahr an deutlich auszubauen, sollen nun Planungs- und Genehmigungsverfahren erleichtert und beschleunigt und die notwendigen Flächen bereitgestellt werden. Das im Juli vom Bundestag beschlossene neue "Windenergie-an-Land-Gesetz" verpflichtet die Bundesländer, einen prozentualen Anteil der jeweiligen Landesfläche für Windenergie nachzuweisen.

Wie die Fürstenfeldbrucker Kreisverwaltung mitteilt, werden die einzelnen Kommunen in Zukunft nur noch eingeschränkte Einflussmöglichkeiten auf die Standorte haben, denn der Regionale Planungsverband (RPV) soll die Ausweisung von Vorranggebieten steuern. Damit gehe "ein radikaler Wandel in der Planung" einher, heißt es in den Unterlagen zu einer Sitzung des RPV München vom Juli: Ausschlaggebend sei einzig das Erreichen der vorgegebenen Flächenziele für Windenergiegebiete. Bis 2027 sollen für jede Region 1,1 Prozent der jeweiligen Fläche, bis 2032 bayernweit 1,8 Prozent als Vorranggebiete dafür ausgewiesen werden. Die Planungsstruktur hat demnach mit den bisherigen Konzentrationsflächen oder Vorranggebieten nichts mehr zu tun. Falls es nicht gelingt, die entsprechenden Flächen auszuweisen, werden alle Außenbereiche in der Region München privilegierte Flächen für Windkraftanlagen sein. Christian Breu, Geschäftsführer des Regionalen Planungsverbands München, kündigte in der Sitzung im September an, es werde eine "solidarische Planung" geben, bei der nicht jede Kommune gleich belastet werden könne.

"Wir werden es uns nicht mehr leisten können, auf Windenergie zu verzichten", sagt der Moorenweiser Bürgermeister Joseph Schäffler

Nicht gleichmäßig, sondern über Gebühr belastet fühlten sich vor zehn Jahren die Gemeinden Althegnenberg und Moorenweis und kehrten deshalb der gemeinsamen Planung den Rücken. Mehr als die Hälfte der Vorrangflächen hätten sich damals auf Moorenweiser Gebiet befunden. Er könne verstehen, sagt jetzt FW-Kreisrat Johann Thurner, dass eine einzelne Gemeinde nicht die Hälfte aller Anlagen kriegen wolle. Er schlägt aber vor, die beiden Kommunen "wieder mit ins Boot zu holen".

CSU-Kreisrat Wolfgang Vogt, der auch Gemeinderat in Moorenweis ist, weist darauf hin, dass Moorenweis schon jetzt zwei Prozent seiner Gemeindefläche als Vorrangfläche für Windkraft ausgewiesen habe. Wie Moorenweis' Bürgermeister Joseph Schäffler (CSU) auf Nachfrage der SZ sagt, handelt es sich dabei um insgesamt 925 000 Quadratmeter im Forst an der Kreisstraße zwischen Moorenweis und Grafrath. Sie liegen in der Nähe zum geplanten Windrad der Bürgerenergiegenossenschaft Freising. Schäffler deutet an, dass er auch in Kontakt mit den unmittelbaren Nachbarkommunen stehe, um bei der Windkraft intensiver zusammenzuarbeiten.

Seine bislang eher windkraftkritische Haltung hat Schäffler zwischenzeitlich angepasst, das räumt er ein. Im gemeindlichen Mitteilungsblatt sagt er seinen Bürgern: "Wer möglichst regenerativ und dezentral erzeugte Energie haben möchte, wird auch um Windräder nicht herumkommen. Wir werden es uns nicht mehr leisten können, auf Windenergie zu verzichten, wollen wir eine gesicherte Energieversorgung haben. Es kann und darf hierbei keine Tabus mehr geben."

"Wenn's an einer Stelle nicht geht, müssen andere mehr machen", fordert der Puchheimer Norbert Seidl

Eines freilich scheint bestehen zu bleiben: der unterschiedliche Blickwinkel auf die Standorte - von den flächenreichen kleinen Gemeinden im Westen des Landkreises aus, die über deutlich mehr geeignete Grundstücke verfügen, und von den dicht bebauten Städten im Osten des Landkreises aus. Norbert Seidl, SPD-Kreisrat und Bürgermeister der Stadt Puchheim, nennt Vogts Einlassung von den zwei Prozent deshalb "ein Armutszeugnis. Ich wüsste nicht, dass wir in Puchheim, Germering, Gröbenzell überhaupt zwei Prozent zusammenbringen würden". Seidls Forderung lautet deshalb so: "Wir müssen als Landkreis versuchen, die zwei Prozent zu schaffen. Und wenn's an einer Stelle nicht geht, müssen andere mehr machen."

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