Rüffel von der Kommunalaufsicht:Gröbenzell lebt über seine Verhältnisse

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Auch die Gebühren für die Kinderbetreuung in den städtischen Einrichtungen sind der Rechtsaufsicht zufolge nicht tabu. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Die Gemeinde rutscht tiefer in die Verschuldung und wird nun von der Aufsichtsbehörde ermahnt. Fraglich, ob es ohne Erhöhung von Steuern oder Kita-Gebühren geht.

Von Gerhard Eisenkolb, Gröbenzell

Niemand kann dauerhaft über seine Verhältnisse leben und die dadurch entstandenen Finanzlöcher regelmäßig mit der Aufnahme neuer Kredite schließen. In dieser Lage befindet sich die Gemeinde Gröbenzell laut Einschätzung der Kommunalaufsicht des Landratsamts bereits seit Längerem. In einer Stellungnahme zum Haushalt dieses Jahres, die der SZ vorliegt, wird festgestellt, "dass die Gemeinde Gröbenzell am Limit ihrer finanziellen Verhältnisse wirtschaftet, mehr ausgibt, als sie einnimmt und die Ressourcen beziehungsweise finanzielle Gestaltungsspielräume der nachfolgenden Generationen verbraucht". Spätestens mit der geplanten Kreditaufnahme im nächsten Jahr werde die finanzschwache Kommune "überdurchschnittlich verschuldet" sein, heißt es. Ein ähnliches Zeugnis hatte die Kommunalaufsicht vor einem Monat auch Fürstenfeldbruck ausgestellt.

Das hat Konsequenzen für die Bürgerinnen und Bürger. Um den Haushalt zu konsolidieren, müssen Bürgermeister Martin Schäfer (UWG) und der Gemeinderat laut den Hinweisen aus dem Landratsamt einerseits die Leistungen einschränken und die Einnahmen erhöhen. Letzteres führt dazu, dass letztlich die Gröbenzeller mit höheren Steuern und Gebühren die Zeche zahlen müssen. Das hat der Gemeinderat diesmal zwar bei der Verabschiedung des Haushalts mit einer leichten Erhöhung der Grund- und Gewerbesteuern getan, aber wohl viel zu spät und in einem nicht ausreichenden Maß. Sonst wäre der Rüffel aus dem Landratsamt nicht notwendig gewesen.

Der Prognose zufolge steigen die Schulden in drei Jahren von 13,5 auf 21,1 Millionen Euro

Schon "seit Ende 2021 sind die vorhandenen liquiden Mittel komplett aus Krediten finanziert", stellt das Landratsamt fest. Die Kreisbehörde prüft und genehmigt als Kommunal- und Rechtsaufsicht die Haushalte der Landkreiskommunen vor deren Inkrafttreten. Der aktuelle Etat von Gröbenzell wurde mit Vorbehalten genehmigt. Aber aus dem sich abzeichnenden rasanten Anstieg der Schulden von zurzeit 13,5 Millionen Euro auf einen Stand von 21,1 Millionen in den nächsten drei Jahren zieht die Rechtsaufsicht die Schlussfolgerung, dass die Gemeindeverwaltung von Gröbenzell dauerhaft mit weniger Geld auskommen müsse. Zudem erinnert sie den Rathauschef an die Verpflichtung, vorrangig Einnahmen und Steuern zu erheben, bevor sie auf die Aufnahme von Krediten zurückgreift. Wie betont wird, gelte das auch für die Gebühren der Kinderbetreuungseinrichtungen.

"Wir vertagen das Thema auf künftige Generationen", sagt der Finanzreferent

Mit Bezug auf die Ermahnung aus dem Landratsamt bezeichnet Ingo Priebsch (Grüne), Finanzreferent des Gemeinderats, auf SZ-Anfrage den Etat 2023 als "schlechten Kompromiss" und sagt: "Wir vertagen das Thema auf künftige Generationen. Das ist keine zukunftsorientierte Politik." Das Finanzproblem sei nur zu lösen, wenn sich die Erkenntnis durchsetze, dass man nur so viel ausgeben kann wie die Gemeinde einnehme.

Peter Falk (SPD) macht als Ursache der Finanzmisere das Versäumnis aus, den Gewerbesteuersatz nicht frühzeitig angehoben zu haben. Wäre Gröbenzell in diesem Punkt dem Beispiel von Olching oder Puchheim gefolgt, hätte das laut einer Berechnung der Kämmerei zu Mehreinnahmen von 15 Millionen Euro geführt. Mit dem Geld hätten beispielsweise die fehlenden 140 Kinderbetreuungsplätze geschaffen und Schulden vermieden oder getilgt werden können. Laut Falk werden zurzeit mit den Überschüssen aus der Vermietung der Gemeindewohnungen in einem sechsstelligen Bereich Haushaltslöcher gestopft. Besser angelegt wäre das Geld, wenn damit stattdessen weitere, dringend benötigte kommunale Wohnungen gebaut würden.

Kann das Problem nicht gelöst werden, droht in letzter Konsequenz die Zwangsverwaltung

Laut Anton Kammerl (CSU) ist die Gemeinde noch nicht insolvent. Sie nehme sich aber jeden Gestaltungsspielraum, da zurzeit nur noch die allernotwendigsten Investitionen getätigt werden können. Da der Handlungsspielraum immer kleiner wird, regte die CSU-Fraktion an, zur Linderung der Finanznot zwei Grundstücke zu verkaufen. Andere in der CSU wie der frühere Bürgermeister Eicke Götz, halten das nicht für des Rätsels Lösung. Sei das mit dem Grundverkauf erlöste Geld verbraucht, fehlten wieder die Mittel für die laufenden Ausgaben. Angesichts der gewaltigen Schuldenlast werde mit einer solchen Minderung des Gemeindevermögens der Liquiditätsengpass nur scheinbar beseitigt.

Ein Rüffel der Kommunalaufsicht mit einem ähnlichen Wortlaut und Hinweisen auf die gleichen Missstände war bereits zum Haushalt 2022 im Gröbenzeller Rathaus eingegangen. Wie sich nun zeigt, hat das Schreiben nicht zu entscheidend mehr Haushaltsdisziplin geführt. Die wichtigste Frage an den Bürgermeister und den Gemeinderat lautet daher: Was wollen sie tun, um den Missstand auf Dauer abzuschaffen? Gelingt es nicht, das Finanzproblem mittel- und langfristig zu lösen, wäre der nächste Schritt, so Kammerl, die Zwangsverwaltung der Gemeinde durch das Landratsamt.

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