Verkehrspolitik:Erst ein und dann noch ein Gleis

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CSU und Freie Wähler streben einen Ausbau der Bahnstrecke nach Fürstenfeldbruck in zwei Abschnitten an. Naturschützer und Grüne sehen sich bestätigt, dass sich die Staatsregierung einer Verkehrswende verschließt

Von Peter Bierl, Fürstenfeldbruck

CSU und FW haben im Landtag am Dienstag ihren Antrag durchgesetzt, den Bau eines dritten Gleises für die S 4 zu beschleunigen und ein viertes Gleis anzuvisieren. Der Vorschlag der Grünen, sofort einen viergleisigen Ausbau bis Bruck zu planen, sowie eine ähnliche Petition des Bundes Naturschutz wurden verworfen. Der Landtagsabgeordnete Hans Friedl (FW) versicherte, die "Bayernkoalition" wolle ebenfalls vier Gleise. Dagegen warnte Thomas Brückner vom Bund Naturschutz: "Ist die Strecke erst mal dreigleisig gebaut, wird in den nächsten 30 Jahren nichts mehr passieren".

Die Koalitionspartner hatten ihren Antrag Mitte November eingereicht, aber selbst im Februar vertagt, weil sie noch Informationen haben wollten. Das Ziel ist, das dritte Gleis bis Eichenau früher als geplant in Betrieb zu nehmen, also vor 2030. Außerdem wird "angeregt, im Rahmen der Planungen einen möglichen viergleisigen Ausbau der Strecke bis Fürstenfeldbruck im Blick zu halten", heißt es darin.

In der Debatte am Dienstag im Ausschuss spottete Martin Runge (Grüne) darüber, dass in dem Antrag von CSU und FW von einem "Pilotprojekt für einen beschleunigten Ausbau" die Rede ist, denn die Staatsregierung verspricht diesen seit fast drei Jahrzehnten. Josef Schmid (CSU) sagte, es wäre fatal, den Grünen zu folgen und den dreigleisigen Ausbau zu stoppen. Diese Planung basiere auf alten Zahlen, sobald aber neue Daten vorliegen, könne man "sofort umswitchen" auf vier Gleise. Er bezog sich auf eine weitere Machbarkeitsstudie des Verkehrsministerium, die angeblich bis Jahresende vorliegen soll. Nur auf der Basis solcher Daten wären auch Enteignungen von Grundeigentümern entlang der Strecke zu begründen, sagte Schmid.

Nachdem sich angeblich alle einig sind und vier Gleise favorisieren, wurde im Ausschuss erneut über die sogenannte Aufwärtskompatibilität gestritten. 2014 hatte Innenminister Joachim Herrmann (CSU) erklärt, ein drittes Gleis müsse reichen, außerdem würde so gebaut, dass kein viertes Gleis mehr ergänzt werden könne, hatte das Ministerium mehrfach erklärt. Erst seit CSU und FW aufgrund anhaltender Proteste wieder umschwenkten auf vier Gleise, ist anderes zu hören.

Runge berichtete, Vertreter der Bahn AG hätten noch im vergangenen Jahr in Kommunalparlamenten die alte Botschaft verkündet. Demnach müssten viele der neuen Brücken und Bahnhöfe wieder abgerissen werden, sollte die Regierung jemals ein viertes Gleis verwirklichen. Würde man zwei Gleise getrennt in zwei Bauabschnitten verlegen, würde sich quasi alles verdoppeln, warnte Runge: Das Genehmigungsverfahren, die Kosten in dreistelliger Millionenhöhe, die jahrelange Belastung der Anwohner durch Baustellenverkehr und Lärm sowie die Störungen und Beschränkungen für die Pendler.

"Ich traue dem nicht", sagte Natascha Kohnen (SPD) und verlangte, dass Frank Kutzner, der das Projekt im Ministerium seit vielen Jahren leitet, dem Ausschuss berichte. Der saß im Homeoffice, musste sich aber persönlich ins Maximilianeum begeben, weil die Videoschaltung nicht funktionierte. Kutzner bestätigte, dass ein neues Genehmigungsverfahren notwendig wäre, aber sich ein viertes Gleis aufgrund der alten Daten "heute nicht begründen" ließe. Die Brückenbauwerke könnten jedoch im ersten Bauabschnitt schon für ein weiteres Gleis ausgelegt werden, "dort wo es sinnvoll ist", wie Kutzner betonte.

Friedl verteidigte hinterher das Votum der Freien Wähler. Das dritte Gleis sei ein "Zwischenschritt", dabei würde das vierte Gleis schon berücksichtigt. "Wenn jetzt schon die Grundlagen für eine Viergleisigkeit bei den Bauwerken realisiert werden, kann im laufenden Verfahren noch umgeplant werden", sagte er. Dagegen warf der Bund Naturschutz CSU und FW vor, sich einer zukunftsfähigen Verkehrswende zu verweigern. Der Verkehrsbeauftragte der BN-Kreisgruppe Brückner warnte, dass bei jedem Ausbau Stationen zum Teil jahrelang nicht anfahrbar sind.

© SZ vom 15.05.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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