Türkenfeld:Wenn die Welt einheimisch wird

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Beim ersten "Fest der Kulturen" in Türkenfeld ist die Welt zu Gast in der Schönbergaula, auf unserem Bild sind es drei Familien aus Indien, die in der Landkreisgemeinde wohnen. (Foto: Jana Islinger)

Beim ersten "Fest der Kulturen" finden Menschen aus zwölf Nationen in Türkenfeld zusammen.

Von Manfred Amann, Türkenfeld

Sonntag am frühen Nachmittag: "Ich wollte mir noch was von dem guten Kircherbsen-Hummus holen, doch der Stand der Nord-Mazedonier war schon leergegessen", sagt ein Jugendlicher beim Verlassen der Schönbergaula der Grund- und Mittelschule in Türkenfeld. "Kein Wunder, bei den vielen Menschen, die das Fest der Kulturen besuchen", antwortet seine Freundin, die sich lieber den Raclette-Häppchen zugewandt hatte, die von Sylvette Müller angeboten wurden.

Die Schweizerin Sylvette Müller bietet an ihrem Stand Raclette-Häppchen an. (Foto: Jana Islinger)

"Ich stamme aus der französischen Schweiz und fühle mich in Türkenfeld sehr wohl. Beim Fest der Kulturen möchte ich den Besuchern mein Herkunftsland näherbringen", erzählte sie, und dass sie es gut findet, dass die Gemeinde mit dem Fest einen Anstoß für ein besseres Verständnis untereinander gibt. Ähnlich zielgerichtet argumentierten die Italiener aus der Region Basilikata. Ihre landschaftlich schöne, aber eher ärmliche Gegend, zwischen Kalabrien und Apulien gelegen, sei wenig bekannt, durch ihre "Pasta" aber durchwegs vielen Verbrauchern ein Begriff.

"Unser Plan scheint aufzugehen", freuen sich die Organisatoren über den guten Besuch in der Schönbergaula. (Foto: Jana Islinger)

"Unser Plan scheint aufzugehen", freute sich Thomas König über die vielen Besucher. Er war Mitorganisator in einem Team, das sich laut Bürgermeister Emanuel Staffler "aus engagierten Türkenfeldern, Gemeinderäten und Verwaltungsmitarbeitern" zusammensetzt. "Wir konnten ein Dutzend unterschiedlicher Nationalitäten für das Fest gewinnen", verriet König. Auch die Bewohner aus allen anderen Ländern sollten sich wohlfühlen in Türkenfeld. Viele von ihnen lebten zurückgezogen und hätten wenig Kontakt zu den Einheimischen. "Mit dem Fest der Kulturen wollen wir ihnen die Chance geben, sich und ihre Herkunftsländer in der Öffentlichkeit zu präsentieren", erklärte König, der auch das abwechslungsreiche Programm moderierte, das die Gruppen aus den Nationen auf die Bühne brachten.

Traditionelle Gewänder und Gerichte gibt es am Stand der Ukrainer zu bestaunen und zu probieren. (Foto: Jana Islinger)

Dank Sponsoring von Sparkasse, Stadtwerken Fürstenfeldbruck und Privatpersonen könnten die Kosten größtenteils gedeckt werden. Schon bei der Eröffnung des Festes hatten sich Besucher an den Ausstellungstationen gedrängt und den ganzen Tag über war es ein Kommen und Gehen. Besonderen Andrang hatten die Ukrainer zu bewältigen, die unter Leitung von Honorovo Oksona und Anton Klymos nicht nur einen Informationstand eingerichtet hatten, sondern auch mit Gesang und Volkstänzen die Besucher begeisterten.

Mit Gesang und Tanz aus ihrer Heimat begeistern die Ukrainer das Publikum. (Foto: Jana Islinger/Jana Islinger)

Sie trugen die bunte Tracht ihrer Heimat, die durch die farbenfroh bestickten Shirts (Vyschyvanka) ins Auge fällt. Und die Frauen trugen dazu selbst geflochtene farbenprächtige Blumenkränze auf dem Haar. Zu probieren gab es unter anderem das Festbrot, das gemäß langer ukrainischer Tradition zu Beginn aller Familienfeste und von Veranstaltungen öffentlich geteilt wird, um Zusammengehörigkeit und Gemeinschaft auszudrücken und Gastfreundschaft zu zeigen.

Auch einen Eindruck von Bolivien können die Besucher gewinnen. (Foto: Jana Islinger)

Vertreten waren zudem Gruppen aus Afghanistan, Argentinien und Bolivien, die neben Informationen zu ihren Ländern auch landestypische Speisen sowie Schmuck, verzierte Täschchen und Schuhe sowie Schnitzereien anboten. "Essen und Trinken führt Menschen zusammen, daher haben wir gebeten, etwas vorzubereiten, was im jeweiligen Land gerne aufgetragen wird, und wir sind überrascht über die Vielfalt", so König. Bei den Kurden (Syrien), Neuseeländern und Kosovaren waren die Köstlichkeiten ebenso bald aufgebraucht wie bei den Indern, wo "Biryani" (mit gebratenem Reis) und die Vorspeise "Samosa" (vegane Teigtaschen) immer wieder nachgeschoben werden mussten. Am Stand des Türkenfelder Vereins "Kultur-Verstrickungen" wurden unter dem Motto "Zeig mir wie du stickst" Strick-, Häkel-, Näh- und Sticktechniken ausgetauscht:" Jetzt weiß ich auch, wie die Ukrainer ihre schönen Muster hinbekommen", so eine Teilnehmerin.

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