Fürstenfeldbruck:Zwei Vereine am finanziellen Abgrund

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Das neue Sportzentrum III an der Ecke Rothschwaiger-/Cerveteristraße umfasst das Sportheim sowie drei Fußballplätze. TSV West und Schützenvereinigung treten als Bauherren auf, letztlich übernimmt aber die Stadt den Löwenanteil der Kosten. (Foto: Günther Reger)

Das Sportzentrum III wird wohl zwei Millionen Euro teurer als geplant. Damit droht dem TSV West und den Sportschützen die Insolvenz. Nun soll die Stadt einspringen.

Von Stefan Salger, Fürstenfeldbruck

Dem TSV West und der Sportschützenvereinigung droht offenbar die Insolvenz. Grund ist eine gewaltige Kostensteigerung in Höhe von etwa zwei Millionen Euro beim Bau des Sportzentrums III im Westen der Stadt. Um die kurz bevorstehende Fertigstellung des Vereinsheims sowie das Fortbestehen der beiden Fürstenfeldbrucker Vereine nicht zu gefährden, soll nun die Stadt einspringen.

Die Sache ist eilig, denn die beiden Vereine sind offenbar nicht in der Lage, weitere Rechnungen zu begleichen. Die Stadtverwaltung empfiehlt, ein Darlehen zu gewähren - "trotz erheblicher Bedenken", wie es in einer internen Bewertung heißt, die der SZ vorliegt. Darin werden den Vereinen kaum verhohlen "Missstände im Projektmanagement" zur Last gelegt und eine detaillierte Aufarbeitung der Planung gefordert. Dabei dürfe auch eine "haftungs- und strafrechtliche Würdigung der handelnden Personen" nicht tabu sein.

Lediglich mit dieser "Angelegenheit der Finanzverwaltung" wird sich der für den Dienstag einberufene Ferienausschuss des Stadtrats beschäftigen. Weil dies unter Ausschluss der Öffentlichkeit erfolgt, will OB Erich Raff (CSU) sich dazu nicht äußern. Damit bleibt zunächst auch die Frage offen, ob die Stadtverwaltung die beiden Vereine bei diesem wichtigen Projekt ausreichend kontrolliert hat. Andreas May, Vorsitzender des TSV West, und Bernhard Fischer von den Sportschützen waren am Freitag für eine Stellungnahme nicht erreichbar.

Den Bau eines Sportzentrums, neben den Stadtwerken an der Cerveteristraße, hatte der Stadtrat 2019 einstimmig beschlossen - wenn auch aus Kostengründen ohne die zunächst vorgesehene Turnhalle. Der TSV West sollte als Bauherr auftreten, um so in den Genuss von Fördermitteln von gut 700 000 Euro der Sportverbände zu kommen. Der TSV West und die Sportschützen erhielten für das auf gut 4,8 Millionen Euro veranschlagte Bauprojekt aber vor allem städtische Zuschüsse von etwa 3,8 Millionen Euro. Den Rest sollten und wollten die Vereine aus eigener Kraft stemmen.

Blick vom Dach der Stadtwerke hinüber auf das Sportzentrum III im Brucker Westen. Die Aufnahme stammt aus dem August 2022. Als die deutlichen Baukostensteigerungen bekannt wurden, war der Bau des Sport- und Schützenheims schon weit fortgeschritten. Zunächst war auf dem Gelände auch eine Turnhalle für den TSV geplant gewesen. (Foto: Stadtwerke)

Im Frühjahr 2020 wurde mit den drei Fußballplätzen begonnen, ein Jahr später mit dem Sportheim nebst Schießständen. Bis zum Mai 2022 habe der Bauherr stets mitgeteilt, dass das Bauvorhaben im vorgesehenen Kostenrahmen liege und wie geplant fertiggestellt werden könne. Im Juli 2022 soll der TSV West die Stadtverwaltung dann aber über erhebliche Mehrkosten informiert haben. Am 11. August sei - "nach mehrmaliger Aufforderung durch die Stadtverwaltung" - die angeforderte Aufstellung vorgelegt worden. Daraus ergeben sich Kosten für das Bauvorhaben in Höhe von gut 6,9 Millionen Euro - zwei Millionen Euro mehr als vorgesehen. Die Kostenexplosion soll der Bauherr mit bislang nicht berücksichtigten Planungsleistungen begründet haben sowie nicht erbrachten Eigenleistungen und Baupreissteigerungen. Die Finanzexperten der Stadt werden deutlicher. Ihnen zufolge wurde bereits in der ersten Kostenschätzung nicht korrekt kalkuliert.

Die Aufklärung ist nach Einschätzung der Stadtverwaltung längst noch nicht abgeschlossen. So sei zu prüfen, wer welche Planungsfehler zu verantworten hat. Und dies zu einem Zeitpunkt, zu dem das Bauvorhaben bereits fast fertiggestellt ist: Es müssen lediglich noch Fliesen gelegt, Türzargen gesetzt sowie restliche Maler- und Schlosserarbeiten ausgeführt werden. Bis auf den Einbau der Schließanlage seien alle Aufträge bereits vergeben, heißt es. Das heißt aber auch, dass alle städtischen Zuschüsse sowie die Darlehen vollständig abgerufen sind, die Vereine offenbar sämtliche Eigenmittel aufgebraucht haben und nun nicht mehr in der Lage sein dürften, die anstehenden Rechnungen im Millionenbereich zu begleichen. Trifft dies zu und es wird keine Lösung für die fehlende Liquidität gefunden, dann müssten aus rechtlichen Gründen die Arbeiten am Neubau eingestellt werden und die Vereine wohl einen Insolvenzantrag stellen. Eine Hiobsbotschaft auch für den etwa 500 Mitglieder zählenden TSV West. Der hatte nach internen Querelen sowie gegenseitigen Schuldzuweisungen wegen angeblicher Unregelmäßigkeiten anscheinend auch finanziell wieder Grund unter die Füße bekommen. Im Juni und damit mit vielen Monaten Verspätung war ein neuer Vorstand gewählt worden, Präsident Anton Maletz trat ab - nach sechs Jahren an der Spitze des Vereins, der im September sein 50-jähriges Bestehen feiern will.

Die Stadtverwaltung empfiehlt, den beiden Vereinen ein zinsfreies Darlehen bis zu zwei Millionen Euro zu gewähren und die spätere Umwandlung in einen Zuschuss in Aussicht zu stellen. Daran geknüpft werden soll freilich die Forderung nach lückenloser Aufklärung.

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