SZ-Serie: Bodenschätze, Folge 28:Die ersten Tonfiguren in Serienproduktion

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Vier Zentimeter hoch ist die untere Hälfte der kleinen Figur, die wohl einen Mönch dargestellt hat. (Foto: Helga Zaunrieth/oh)

Um 1500 entstand ein Mönchspüppchen, das einen Altar zierte, bevor es zerbrach und auf dem Mist landete. Auf einem Acker kam es wieder zum Vorschein

Von Ingrid Hügenell, Puchheim

Überall im Brucker Land sind unter der Erde Schätze verborgen, die viel über die Entwicklung des Landkreises und der menschlichen Zivilisation erzählen. Mit seiner weit über die Landkreisgrenzen hinaus bekannten archäologischen Abteilung schafft es der Historische Verein, dass diese Schätze geborgen, erforscht und erhalten werden. In einer Ausstellung präsentiert der Verein nun noch wenige Tage in jeder Kommune mindestens ein für den Ort bedeutendes Fundstück. In einer SZ-Serie werden alle Ausstellungsstücke vorgestellt.

Pfeifentonfiguren waren im 14. und 15. Jahrhundert im süddeutschen Raum weit verbreitet. Die etwa handgroßen Figürchen aus hellem Ton dienten einerseits als Spielzeug, andererseits auch als Heiligenfiguren, je nach Motiv. Sie wurden zunächst mit der Hand modelliert, später aber oft schon in Serie gefertigt - es waren die ersten Spielzeuge in Serienproduktion. Zumindest in jedem "besseren" Haushalt waren eins oder mehrere vorhanden. Hauptsächliche Motive waren, wenn es sich nicht um Spielzeug handelte, Jesuskinder, Madonnen und die heilige Katharina. Das halbe Figürchen, das auf einem Acker in Puchheim, im Bereich der villa rustica entdeckt wurde, stellt jedoch etwas anderes dar: wahrscheinlich einen Mönch. Es stammt aus der Zeit von 1475 bis 1510. Erhalten ist nur die untere Hälfte von den Schuhen bis zur Hüfte, sie ist vier Zentimeter hoch. Das Gewand reicht in nahezu parallelen Röhrenfalten vorne bis zu den Füßen und hinten bis zum Boden. Vor der linken Seite fällt ein gedrehter Gürtel hinab, der in einer Quaste endet. An den abgestoßenen Füßen erkennt man abgesetzte Sohlen von Schuhen, die wohl einmal spitz waren. Womöglich handelt es sich auch um Trippen, hölzerne Unterschuhe, die bis etwa 1520 in Gebrauch waren.

Nicht ganz leicht war für die Archäologen herausfinden, wen die Figur darstellte. Das lange Gewand könnte auf eine Heilige hinweisen, doch deren Gürtel sind in der Regel kürzer. Maria Magdalena wurde nicht im Büßergewand, sondern reich gewandet dargestellt. Maria im Ährenklein, eine Darstellung der späteren Gottesmutter als Tempeljungfrau, trägt ein langes Kleid, aber einen viel kürzeren Gürtel. Die Apostel und auch Christus werden hingegen meist barfuß dargestellt. Also folgern die Forscher, dass es sich um die Figur eines Geistlichen oder Mönchs handelt, der vielleicht nicht näher spezifiziert war.

Wo das Figürchen in Puchheim einst aufgestellt war, ist unbekannt. Vielleicht zierte es einen Hausaltar. Als es zerbrochen war, könnte es auf den Misthaufen und von dort aufs Feld gewandert sein, wo es lag, bis es ein halbes Jahrtausend später gefunden wurde.

Ausstellung "Bodenschätze" des Historischen Vereins, bis 27. September. Die Mönchsfigur ist zu sehen in der Sparkasse Puchheim, Lochhauser Straße 18,noch an diesem Freitag von 8.30 bis 15 Uhr. Alle Ausstellungsorte finden sich im Internet unter www.historischer-verein-ffb.de. Erschienen ist zudem ein lesenswerter Katalog. Von 2. September an sind alle Exponate im Landratsamt zu sehen, werktags von 8 bis 18 Uhr. Der Historische Verein bietet am Sonntag, 8. September,stündlich kostenlose Führungen durch die Ausstellung an.

© SZ vom 30.08.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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