Serie: Genuss Erleben:In Räuber Kneißls Keller

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In der Gaststube sitzt auch die jüngere Klientel komfortabel auf taubengrauen Bänken und rustikalen Herzchen-Stühlen. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Im Maisacher Bräustüberl erinnert ein Dunkelbier an den Herumtreiber - es wird zu deftiger Hausmannskost serviert.

Von Valentina Finger

Den Harry kennt in Maisach jeder. Schon auf dem kurzen Weg durch die Hopfenschwemme ins Jägerstüberl erwidert der gemütliche Wirt so manches Servus und legt gerne den einen oder anderen Stopp bei den Stammtischen ein. Neun Jahre ist es her, dass Harry Faul das Bräustüberl Maisach übernommen hat. Immer wieder hat er seither von sich reden gemacht, denn so manches hat sich in dem Traditionshaus unter seiner Leitung verändert. 2014 etwa. Da war das Lokal wegen der Neu-Ausstattung der Küche für fünf Wochen geschlossen. Ein Jahr später kam die Gaststube dran. Dort sitzt nun gerade auch die jüngere Klientel komfortabel auf taubengrauen Bänken und rustikalen Herzchen-Stühlen, in einer Ecke ein uriger Kachelofen, an der Decke moderne Beleuchtung. Altbayerisches für heute, sozusagen.

"Wer rastet, der rostet", sagt Harry Faul, der Kreisvorsitzender des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbands in Fürstenfeldbruck ist. Seit 21 Jahren arbeitet Faul in der Gastronomie. Bevor er Wirt im Bräustüberl wurde, sammelte er Erfahrungen bei diversen Lokalitäten im Landkreis, darunter der Fürstenfeldbrucker Diskothek Shakesbier und zuletzt beim Steffelwirt in Biburg. Dass er außerdem einige Jahre Bierfahrer war, passt gut. Bier spielt im Bräustüberl selbstredend die zentrale Rolle.

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In Maisach gedenkt man des Räubers Kneißl auf eigene Art.

Gleich neben der dicht berankten Wirtschaft an der Maisacher Hauptstraße steht die Brauerei, die seit 1556 in Betrieb ist. Von dort bezieht auch Harry Faul sein Bier. "Es ist schon eine Nummer, ein Bräustüberl zu sein. Hier ist Brauen noch echtes Handwerk", sagt der 46-Jährige. Der zugehörige Rohstoff hängt in der Schwemme von der Decke: Einmal im Jahr im September wird sie mit Hopfen geschmückt. Etwa eine Woche danach habe der Hopfen den besten Geruch und sehe am schönsten aus, sagt Faul.

Für weibliche Gäste, die Biertrinken nicht ladylike finden, gibt es auf der Karte einen netten Kompromiss: Wer ein "Lady Beer" bestellt, bekommt es im bauchigen Degustationsglas serviert. Zwei Mal wöchentlich, donnerstags und sonntags, finden im Bräustüberl außerdem die Treffen der sogenannten Bierrentner statt: Vom 75. Geburtstag an gehört ein Maisacher dazu und darf jede Woche eine Halbe auf Kosten der Brauerei Maisach genießen.

Das dunkle Bier ist nach dem berüchtigten Räuber Mathias Kneißl benannt, der 1875 nur wenige Kilometer entfernt in Unterweikertshofen geboren wurde und bis zu seiner Hinrichtung 1902 sein Unwesen in der Gegend trieb. Obwohl auch der Bräustüberl-Keller Kneißls Namen trägt und ein kleines Museum beherbergt, ist der Herumtreiber im Wirtshaus-Alltag nicht präsent. Im Saal im ersten Stock hängen neben traditionellen Malereien, die zum Beispiel den alten Bräustüberl-Bau vor seinem Abriss 1972 zeigen, Gemälde in Hingucker-Farben an den Wänden.

SZ-Grafik (Foto: Genussgrafik)

"Zur Hochzeit der Nichte der früheren Besitzerin hat man Spiegel aufgehängt, die aber bald niemand mehr sehen wollte", erzählt Faul. Also wurden moderne Drucke mit Lokal-Bezug in die Rahmen gehängt. Ein bisschen zu grell sind die für Fauls Geschmack zwar schon. Doch sie passen in sein Gesamtkonzept: "Ein paar Farbkleckse müssen sein. Wenn man es genauso macht wie alle anderen, fällt man ja nicht auf."

Dieses Credo vertritt Faul, der selbst als Küchenchef am Herd steht, auch bei den Speisen. Regional soll alles sein, außerdem saisonal und original bayerisch. "Ich koche einfache, deftige Hausmannskost mit ein paar Spitzen nach oben, links und rechts", sagt Faul, der aus Nassenhausen bei Adelshofen kommt und seit 22 Jahren in Fürstenfeldbruck lebt. Für seine Spinat-Bergkäse-Taschen habe er sich zum Beispiel an der italienischen Küche orientiert, den Nudelteig dann aber typisch bayerisch angebraten. Die vegetarischen Tascherl kommen hübsch angerichtet auf Zucchini-Paprika-Gemüse aus der Pfanne daher.

Neben Klassikern wie Bratengröstl oder Cordon bleu ist Putenfleisch auf der Speisekarte stark vertreten. Das gibt es beispielsweise auf Salat oder als Steak für die schlanke Linie. Es kommt ausschließlich von einem Biburger Metzger, der die Tiere selbst aufzieht und schlachtet. Die Rinder für Zwiebelrostbraten und Co. bekommt Faul entweder von Lieferanten aus Ulm oder vom Bio-Hof seines Cousins in Landsberied. Insgesamt fünf Metzger beliefern das Bräustüberl mit Fleisch. Sie alle stammen aus der Region bis Ulm und dem Oberland. "Was es bei uns in der Nähe zu kaufen gibt, kaufen wir auch hier", sagt Faul.

Neben seiner Tageskarte, auf der Harry Faul "saisonal wechselnde Ausflüge" anbietet, ist sein "Highlight-Essen Nummer eins" ganz eindeutig der Schweinebraten. Den gibt es auch im Biergarten, der nur wenige Meter hinter dem Gasthaus liegt und auf den er besonders stolz ist. Früher sei dort alles verwildert gewesen, für Kinder habe es lediglich eine Rutsche gegeben. "Die Wiese war voller Gestrüpp. Jetzt können die Jungs da Fußball spielen." Den Spielplatz hat er zusätzlich um eine Schaukel, einen Sandkasten und ein Trampolin erweitert. Schatten gibt es von den Baumkronen rundherum. "Wenn es im Sommer heiß ist, ist es bei uns angenehm. Dafür wird es im Herbst schneller kühl", sagt Faul. Zu essen gibt es die üblichen Biergarten-Gerichte wie Obazdn und Leberkäse, aber auch Flammkuchen und Wildbratwürste stehen auf der Tafel.

Jene Würste macht Harry Faul selbst, genauso wie Rehschinken. Die kulinarischen Specials, die im Winter angeboten werden, sind ebenso fleischlastig. In den kommenden Monaten stehen Wild-, Kesselfleisch- und Schnitzelbuffets auf dem Plan. Schnitzeltag ist im Bräustüberl Familientag: Kinder bis zwölf Jahre zahlen nichts. "Damit auch ein Familienvater mal ins Wirtshaus gehen kann, ohne sich zu ruinieren."

Obwohl er sich so gut mit Fleisch auskennt, hat er weder eine Metzger- noch eine Koch-Ausbildung. Was er stattdessen einmal gelernt hat, überrascht vor allem, wenn man das eher übersichtliche Süßspeisen-Angebot betrachtet: Vor vielen Jahren war Harry Faul Konditor-Lehrling.

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(Foto: Carmen Voxbrunner)

Gemütliches Ambiente: das Bräustüberl Maisach in der Innenansicht.

Der Schweinebraten ist Harry Fauls "Highlight-Essen Nummer eins".

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(Foto: Carmen Voxbrunner)

Brauen ist hier noch echtes Handwerk.

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(Foto: Carmen Voxbrunner)

Der Rohstoff hängt in der Schwemme von der Decke.

© SZ vom 16.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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