"Wo sind die Massen?", fragt eine Frau und springt von ihrem Fahrrad. Vera Reitzenstein lacht und blickt auf das Grüppchen, das vor der mintgrünen Fassade des Gröbenzeller Gymnasiums steht. Um 14 Uhr soll die Demonstration beginnen, in zehn Minuten. Eingepackt in Mützen und Schals stehen hier nun zehn Jugendliche und auch ein paar Eltern - bei unerwartetem Sonnenschein und Temperaturen knapp über null Grad. Reitzen-stein, 18 Jahre alt, blaue Augen, grüne Mütze, geht in die zwölfte Klasse und ist eine der Organisatorinnen; sie blickt Richtung Schulhof. Auf dem gegenüberliegenden Parkplatz stehen zwei Polizisten, einer plaudert mit einer Autofahrerin, der andere schaut kurz rüber zu den Schülern.
"Demonstrieren Sie auch mit?", fragt Reitzenstein einen vorbeiziehenden Lehrer. Der verneint, lächelt aber. Allmählich entrollen die Schüler ihre Transparente. "Bundeswehr nicht bei uns", steht darauf, in pinken, roten und orangefarbenen Buchstaben. Neben den Schriftzug sind ein Peace-Zeichen und ein Herz aufgemalt. "Keine Wehrkunde für uns", steht in blauer Schrift auf einem anderen Plakat.
An den beiden kommenden Montagen wird jeweils ein Jugendoffizier der Bundeswehr in der Geschichtsstunde der Stufe Q 12 einen Vortrag über Sicherheitspolitik halten. Wie bei anderen Unterrichtsfächern auch herrscht an diesem Tag Anwesenheitspflicht. Und genau das empört Reitzenstein, die sich seit eineinhalb Jahren bei der Grünen Jugend engagiert. "Das ist doch eine subjektive Darstellung von Sicherheits- und Außenpolitik", sagt sie. Sie hätte sich einen "Experten von außen", jemanden von Amnesty International oder den Vereinten Nationen gewünscht, um über "zivile Konfliktlösungen" zu diskutieren.
Außerdem seien diese Vorträge erst vor zwei Wochen angekündigt worden. Und Nina Hertlein, ebenfalls 18 Jahre alt, sagt: "Es ist fraglich, ob das nur eine Info-Veranstaltung ist." Am Dienstag habe man bei der Schulleitung bereits einen Antrag auf Freistellung von der Veranstaltung eingereicht, erzählt Vera Reitzenstein. Insgesamt seien Unterschriften von 45 Schülern zusammengekommen. Doch der Antrag wurde abgelehnt. Die Bundeswehr kommt regelmäßig ins Gröbenzeller Gymnasium, in der kommenden Woche wird zum sechsten Mal ein Vortrag mit Jugendoffizieren stattfinden.
14 Uhr, knapp 20 Menschen haben sich mittlerweile vor dem Schuleingang versammelt, darunter sind auch die Eltern von Organisatorin Reitzenstein. Eine Mutter macht Fotos. Nun stehen die Zwölftklässler in einer Reihe, darunter auch ein paar jüngere Schüler, die Transparente in den Händen, und posieren für die Kameras. Auch der Sprecher der Gröbenzeller Grünen, Walter Voit, gesellt sich dazu - und der grüne Bürgermeisterkandidat Daniel Holmer wird von den Schülern schon mit "Hi, Bürgermeister!" begrüßt.
Ein paar Fotos, ein paar Gespräche, und dann ist die Demonstration der Schüler auch schon wieder vorbei. "Ich habe mir schon gewünscht, dass mehr Leute kommen, aber das ist eben auch eine schlechte Uhrzeit", sagt Reitzenstein. Immerhin sei es gelungen, eine Debatte in der Schule anzustoßen.