Jexhof-Ausstellung:Bäume spüren

Lesezeit: 3 min

Bildhauer Bernhard Schmid zeigt im Jexhof Arbeiten, die aus Stämmen von Obstbäumen gestaltet sind. (Foto: Johannes Simon)

Das Bauernhofmuseum zeigt Skulpturen von Bernhard Schmid. Der Künstler schafft aus Hölzern, Wurzeln und Stämmen eindrucksvolle Werke.

Von Peter Bierl, Schöngeising

Es sollte ein Kletterbaum für einen Kindergarten werden, doch stattdessen schuf Bernhard Schmid aus der Krone einer Platane eine Skulptur, in die man von unten hineinschlüpfen und einen Blick auf die Welt außen werfen kann. Er hat die Krone ausgehöhlt, das Holz innen und außen geglättet und poliert und lackiert. Das Holz fühlt sich weich an, auf der Innenseite fast wie ein Möbelstück aus der Schreinerwerkstatt.

Das Kunstwerk hängt zentral in der Ausstellung "Baum - Kunst - Natur" in der Tenne des Jexhof-Museums in Schöngeising, das dem Künstler-Holzgestalter gewidmet ist, der in der Nähe von Günzburg lebt. Er sammelt Bäume aus ganz Deutschland, um Skulpturen aus Wurzeln, Stämmen und Hölzern zu schaffen.

Die Platanen-Krone ist für sein Schaffen durchaus typisch, wobei Schmid in der Regel jedoch Apfelbäume verwendet. Manchmal sind die Objekte dazu noch in Gold eingefasst oder mit roter Farbe lackiert, wie jener Baumstamm, der wie ein Torso aussieht, wie eine antike Statue, ein Kopf mit zwei Augen samt Rumpf mit abgetrennten Armen, dem der Künstler eine weiße Krone aufgesetzt hat.

Ein Baumstamm als Torso mit einer weißen Krone. (Foto: Johannes Simon)

Die meisten Objekte kommen ohne solche Applikationen aus, wie etwa jenes Werk, das aus einem 108 Jahre alten Boskop-Stamm geschaffen ist. Deutlich zu sehen und zu fühlen sind die Risse und Verwachsungen. Der Baum als solcher, oder zumindest was von ihm übrig geblieben ist, soll zur Geltung kommen.

Dabei handelt es sich um ein ganz besonderes Exemplar. 1903 entdeckte Jakob Fischer in Oberschwaben ein kleines Bäumchen unweit seines Anwesens. 1912 fruchtete dieser Baum erstmals, zwei Jahre später prüften Experten des Württembergischen Gärtnereiverbandes einige Äpfel. Der Baum erhielt daraufhin den Namen seines Entdeckers und entwickelte sich zu einer vielseitigen Standardsorte. 1998 wurde die Sorte in Baden-Württemberg zur Streuobssorte des Jahres gewählt, um ihren Anbau zu fördern.

Der Urbaum starb 2020 und wurde im Februar 2021 gefällt. Schmid wurde damit beauftragt, aus dem Stamm eine Skulptur zu schaffen. Eine Verbindung zum Jexhof besteht darin, dass auf dem Gelände des Museums traditionelle Sorten auf einer Streuobstwiese gepflanzt wurden, darunter ein Jakob Fischer.

Aus dem Baum geschnitten sind auch 108 Jahresringe eines sogenannten Lebensbaumes. Jahre mit wichtigen Ereignissen sind in Gold gefasst. Wer die Ringe durch die Finger gleiten lässt, wie einen Rosenkranz, kann sich vorstellen, einem langen Leben in kürzester Zeit nachzuspüren.

Verbindung zwischen den Bäumen und der menschlichen Seele

Eine Verbindung zwischen den Bäumen und dem menschlichen Empfinden, dem Seelenleben, herzustellen, ist das Ziel dieses künstlerischen Schaffens. Nachzulesen ist die Intention auf manchen der kleinen Tafeln zu den einzelnen Objekten, die an der Seite an einer Leiste in einer Reihe aufgehängt sind. Die Texte erzählen jeweils etwas über den vormaligen Baum und schließen gelegentlich mit naturromantischen Betrachtungen.

So empfiehlt Schmid, das Leben "in Dankbarkeit und Liebe anzunehmen", als einen Weg "ganz in der Gegenwart zu leben und sich zugleich vertrauensvoll der Zukunft zu öffnen". Denkt man an die Mühseligen und Beladenen, gar an jene, die als Verdammte dieser Erde in den Slums des globalen Südens ihr Leben fristen, oder an die Folgen der Klimakatastrophe, mit zehntausenden von Hitzetoten allein in Europa, klingt das abgehoben. Man muss wohl ans Paradies oder die Reinkarnation glauben, in Gefühlen der Ohnmacht und Resignation versunken sein oder die Realität ausblenden, um diesem Rat zu folgen.

Symbole deutscher Tiefsinnigkeit

Auch mit "Stimmungen in den Bäumen", die sich angeblich erspüren lassen, ist das so eine Sache. Der Wald und der Baum gelten in Deutschland seit der romantischen Reaktion als Symbole deutscher Tiefsinnigkeit und Gefühligkeit und Verwurzelung in der heimatlichen Scholle. Dass der Förster Peter Wohlleben mit Werken über "Das geheime Leben der Bäume" zum Bestseller-Autoren wurde, hat mit dieser Tradition zu tun. Klar, wer Bäume betrachtet oder durch den Wald spaziert, sich dem Anblick und dem Geruch hingibt, wird in bestimmte Stimmungen versetzt. In der Gemütslage lässt sich allerlei einbilden, etwa Bäume selber hätten Stimmungen. Dabei sind es nur die Projektionen unseres Kopfes.

Die Ausstellung "Baum - Kunst - Natur" ist noch bis Donnerstag, 6. Juli, im Jexhof zu sehen.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusTag des Bürohunds
:"Der Hund muss wissen, was er darf"

Hunde am Arbeitsplatz sind gut gegen Stress und verbessern das Betriebsklima - vorausgesetzt, das Tier eignet sich fürs Job-Sharing. Vier Beispiele.

Von Heike Batzer

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: