Jexhof:Die Unsichtbaren sichtbar machen

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Das Team des Jexhof-Museums hat die Spuren verfolgter Menschen sorgsam recherchiert und ihr Leben und Leiden bis Ende Mai in einer Ausstellung gewürdigt. (Foto: Günther Reger)

Der Katalog zur Ausstellung jüdischer Biografien im Brucker Land gibt den Opfern ein Gesicht.

Von Peter Bierl, Schöngeising

Im Brucker Land gab es keine jüdische Gemeinde, als Folge des Antisemitismus. In Altbayern, dem Kurfürstentum, durften sich mit handverlesenen Ausnahmen keine Juden niederlassen. Das Königreich Bayern, gerne gerühmt wegen seiner kunstsinnigen Herrscher, erschwerte eine Ansiedlung bis 1861. Jüdisches Leben im Landkreis entwickelte sich deshalb erst ab 1900. Es waren einzelne Kaufleute, Unternehmer, Viehhändler und Künstler, die sich niederließen. Etliche waren vom Land nach München gezogen und von der Landeshauptstadt in die Region, die sich zur Vorstadt wandelte.

Viele von ihnen durften nicht lange bleiben, sie wurden von den Nationalsozialisten verfolgt, ihres Eigentums beraubt und etliche von den Deutschen ermordet - wie Irma Löwenstein, Johanna Oppenheimer oder Kurt Schroeter.

Andere, wie die Familie Amanyi, die in Olching einen Futtermittelhandel betrieben, konnten rechtzeitig nach Palästina emigrieren. Der jüngste Sohn der Familie ist im israelischen Unabhängigkeitskrieg gefallen. Berthold Lehmann überlebte, mehr als zwei Jahre lang versteckt von einer Familie. Er war später in der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN) aktiv, die in der Bundesrepublik als kommunistisch schikaniert wurde, während alte Nazis in Amt und Würden blieben.

Das Team des Jexhof-Museums hat die Spuren dieser Menschen sorgsam recherchiert und ihr Leben und Leiden bis Ende Mai in einer Ausstellung gewürdigt. Was bleibt, ist ein informativer, lesenswerter und übersichtlich gestalteter Katalog, in dem vieles nachzulesen ist und etliche Objekte fotografisch festgehalten sind.

Der Museumsleiter Reinhard Jakob zeichnet in der Einleitung die Geschichte der Juden in Deutschland nach, die seit dem Mittelalter eine der Verfolgung und der Pogrome war. Es folgen kurze biographische Porträts und Dokumente zu den einzelnen Personen.

Ein Exkurs widmet sich den Überlebenden der deutschen Lager, den sogenannten Displaced Persons, des Zweiten Weltkrieg. In Fürstenfeldbruck und Olching wurden jüdische Komitees gegründet, um die etwa 280 Personen zu organisieren, es gab einen Sportverein Makabi Fürstenfeldbruck und ein DP-Orchester, das in Sankt Ottilien gegründet worden war.

In seinem Vorwort bemüht Landrat Thomas Karmasin (CSU) den Satz, man müsse in Bezug auf den Antisemitismus den Anfängen wehren. Das ist eine weit verbreitete Phrase, die die Realität verharmlost: Die Polizei registrierte 2021 bundesweit mehr als 3000 Straftaten mit antisemitischem Hintergrund, dazu kommt eine Dunkelziffer. Im Herbst 2019 versuchte ein Rechtsextremist in Halle, in die Synagoge einzudringen, um möglichst viele Juden zu ermorden. Es geht längst nicht mehr um Anfänge.

Bauernhofmuseum Jexhof, Reinhard Jakob (Hrsg.), Die Unsichtbaren sichtbar. Jüdische Biografien aus dem Brucker Land, Jexhof-Heft 34, 2022, 116 Seiten, 9,90 Euro

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