"Hallo, können Sie mich hören?" Keine Antwort. "Wir müssen den Notruf wählen, hier ist eine bewusstlose Person." Die Schulsanitäterinnen Magdalena und Fiona üben an einer Übungspuppe, was sie heute im Reanimations-Workshop von Lukas Binder, Mitglied des bayerischen Jugendrotkreuzes, gelernt haben. Gemeinsam wechseln sich die 15-Jährigen mit der Herzdruckmassage und der Mund-zu-Mund-Beatmung ab. Im Anschluss führen sie noch die Reanimation mit dem AED-Gerät durch, einem automatisierten externen Defibrillator. Für die beiden ist an diesem Tag vieles nur Wiederholung, schließlich engagieren sie sich schon seit über einem Jahr beim Schulsanitätsdienst.
Für mehr als 300 Schülerinnen und Schüler aus über 50 Schulen in Bayern fand am Samstag der Praxistag Schulsanitätsdienst an der Puchheimer Realschule statt. Betreut und organisiert wird die Veranstaltung einmal im Jahr von den fünf großen Hilfsorganisationen in Bayern: dem Arbeiter-Samariter-Bund, dem Bayerischen Roten Kreuz, der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft, der Johanniter Unfall-Hilfe und dem Malteser Hilfsdienst. Neben dem Rahmenprogramm stellten die Organisationen ihre Rettungs- und Einsatzfahrzeuge im Pausenhof zur Schau. Die Kinder und Jugendlichen konnten sich für zwei Kurse aus über 28 Workshops entscheiden. Das Angebot ist dabei breit gefächert von Einheiten zu Alkohol- und Drogennotfällen, Quetschungen, Amputationen und Hyperventilation. Doch auch für die rund 40 verantwortlichen Lehrkräfte gab es Workshops zu rechtlichen Fragen und aktivierenden Methoden für Arbeitsgruppen.
Das Interesse an der Veranstaltung sei riesig, sagt Florian Rößle, Bildungsreferent im bayerischen Jugendrotkreuz. "Leider stand uns heute die Turnhalle der Realschule wegen Bauarbeiten nicht zur Verfügung, sonst hätten wir auch über 600 Schülerinnen und Schüler aus dem Schulsanitätsdienst betreuen können." Den großen Zuspruch führt er auf eine Initiative des Kultusministeriums zurück. Dieses hat jede Schule in Bayern dazu aufgerufen, Erste-Hilfe-Kurse mit Reanimationsmodulen anzubieten und auf einen Schulsanitätsdienst zu setzen.
An der Puchheimer Realschule wird der Schulsanitätsdienst schon seit über 19 Jahren von Marc Andrée, Lehrer für Englisch und Sport, betreut. Je fünf Schülerinnen und Schüler sind dabei als Gruppe ein- bis zweimal pro Woche im Einsatz. Den Dienstplan schreiben die Schulsanitäterinnen und Schulsanitäter selbst.
Kopfverletzungen und Schürfwunden
"Schürfwunden, Kopfverletzungen und wenn jemand beim Sport umgeknickt ist. Das sind die Hauptaufgaben, die wir die meiste Zeit haben" erklärt ein Achtklässler. Er ist schon seit der Grundschule im Schulsanitätsdienst aktiv, denn für ihn sei es einfach wichtig anderen Menschen zu helfen. Ein- bis zweimal am Tag werde der Schulsanitätsdienst an der Realschule gerufen, sagt er.
Die Zeit im Schulsanitätsdienst kann auch Berufswünsche formen. Am Praxistag schaut auch ein ehemaliger Schüler vorbei, der sich im Sanitätsdienst engagiert hat. Er macht gerade seine Ausbildung zum Rettungssanitäter und hat sich richtig auf den Tag gefreut. Einem Neuntklässler geht es genauso. "Am besten ist für mich heute der Austausch mit den anderen Schulen. Aber es ist auch richtig cool von den Profis zu erfahren, was die so in den Einsätzen leisten müssen."
Welche bleibenden Eindrücke die Veranstaltung bei den Kindern und Jugendlichen hinterlässt, hat auch die Politik erkannt. Der Praxistag Schulsanitätsdienst wurde 2022 vom Bundesinnenministerium in der Kategorie Nachwuchsarbeit als vorbildliches Projekt ausgezeichnet.