Kultur:Geister und Gespenster

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Zu den Ausstellungseröffnungen kommen mittlerweile bis zu 100 Besucherinnen und Besucher. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Die aktuelle Ausstellung des Puchheimer Kulturvereins wabert zwischen den Welten und versucht damit, das Ungreifbare zumindest sichtbar zu machen - egal ob es Ängste oder Sehnsüchte sind.

Von Florian J. Haamann, Puchheim

Mal Angst einflößend, mal niedlich und nicht selten unterhaltsam - die Vorstellungen davon, was ein Geist eigentlich ist, unterscheidet sich im Verständnis der Menschen oft gewaltig. Je nach Kontext, in dem die Wesen, die irgendwo zwischen Dies- und Jenseits wabern sollen, auftauchen. Nur eines haben die Vorstellungen meist gemein: In ihnen drückt sich etwas aus, wovor man sich entweder wahnsinnig fürchtet oder wonach man sich schmerzlich sehnt - Kontakt zu einem Verstorbenen vielleicht oder einen Beschützer mit übermenschlichen Fähigkeiten. Eben weil sie so - im doppelten Wortsinne - ungreifbar sind, sind Geister ein interessantes Thema für die Kunst. Wie unterschiedlich die Herangehensweisen sein können, zeigt aktuell der Kulturverein Puchheim in seiner Ausstellung "Geister - zwischen den Welten" im Puchheimer Kulturzentrum.

Die Werke reichen dabei von naiv-feenhaften Engelsbildern in hellen Farben bis zum Totenkopf, dem "War" auf die Stirn geschrieben wird, während ihm seine Zähne in Form von Gewehrkugeln ausfallen. Das "A" ist nicht als Buchstabe geschrieben, sondern einer der drei Flügel des Warnzeichens für Radioaktivität. "Von allen guten Geistern verlassen", nennt Lutz Walczok seine Interpretation des Themas. Ein interessanter Ansatz deshalb, weil dabei eben nicht die Anwesenheit eines materialisierten Geistes für Furcht und Tod sorgt, sondern die Abwesenheit des menschlichen Geistes, der Vernunft. Ohne Geist ist der Mensch nicht mehr als sein fleischloses Skelett. Eine moderne Interpretation des Themas liefert auch der junge Künstler Discop mit "Stay connected". Darauf zu sehen ist ein isolierter junger Mensch, der sich an einer brennenden Tonne wärmt - aus ihr steigen allerdings keine Flammen auf, sondern herzförmige Instagram-Likes.

Wenn der Geist verhungert ist, bleibt nur, sich am Feuer der Social-Media-Likes zu wärmen: "Stay connected" von Discop. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Eine Technik, die sich bei diesem Thema geradezu anbietet, ist die experimentelle Bewegungsfotografie. Und so arbeiten gleich zwei Künstler in der Ausstellung genau mit diesem Ansatz. In der Aufnahme "Huschen Tanzen Huiii" hat Ulrike Steigerwald in einer Langzeitbelichtung zwei rhythmisch tanzende Lichter, ein blaues und ein grünes, in einer alten Unterführung mit Kopfsteinpflaster eingefangen, durchs Bild zieht außerdem das rote Rücklicht eines Autos. Noch wesentlich abstrakter - oder in diesem Fall geisterhafter - sind die beiden Fotografien "Geisterwelt" und "Geisterempfang am See" von J. G. Miller, in denen sich die Strukturen fast vollständig in Bewegung auflösen.

Zwischen den vielen kreativen Formen der Geisterdarstellung, vom Skelettpferd von Felicitas Sommer, das an die Reiter der Apokalypse denken lässt, bis hin zum drachenartigen Wesen "Thimphu" von Z-Rok, finden sich in der Ausstellung aber auch die klassischen "Bettlakengeister". So malt Renate Kalchschmid in "Gespentischer Vulkanausbruch, oder dem Geist wurde es zu heiss.", ziemlich genau das, was der Titel verspricht: Einen weißen Geist mit erschrockenem Gesicht, umgeben von Flammen. Ganz viele der putzigen Wesen schwärmen zudem über Hans Jais' Schwarz-Weiß-Zeichnung "Tummelplatz der kleinen Geisterlein".

Kultureinrichtungen arbeiten fast nie kostendeckend, sind aber dennoch wichtig für Städte und Gemeinden (hier die Ausstellung "Geister-Zwischen den Welten" im Puc). (Foto: Carmen Voxbrunner)

In eine andere Dimension versetzt Christa Tucci Puchheim in ihrem gleichnamigen Acrylgemälde. Wie in einem Negativ der Realität zeigt sie eine idyllische Brücke über einen Bach, wahrscheinlich den Gröbenbach. Die Umgebung verschwimmt in grün-gelb-roten Tönen. Darin wird noch einmal deutlich, worum es in der Ausstellung geht: den Versuch, Unbegreifliches greifbar zu machen, sich dem Unaussprechlichen in Formen und Figuren zu nähern. Ganz gleich, was dieses Unbegreifliche für das einzelne Individuum nun genau bedeuten mag.

Ausstellung "Geister - zwischen den Welten", Kulturverein Puchheim, zu sehen auf der Galerie des Puchheimer Kulturzentrums noch an diesem Wochenende. Geöffnet Freitag von 8 bis 12 Uhr und Samstag und Sonntag von 14 bis 17 Uhr

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