Puchheim:Frühschoppen mit Politbegleitung

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Von der erste Reihe aus hören die Mitglieder und Unterstützer der Parteien zu. (Foto: Johannes Simon)

Landtagskandidaten bekommen beim Puchheimer Volksfest die Gelegenheit, für sich zu werben. Doch das "Buachamoos" zieht wenig Publikum an.

Von Erich C. Setzwein, Puchheim

Die neuralgischen Punkte in Puchheim sichern am Sonntagvormittag Feuerwehrleute, und auf der Bundesstraße 2 regelt die Polizei den Verkehr, damit die Teilnehmerinnen und Teilnehmer auf ihrer Radsternfahrt sicher am Ziel ankommen und für den Klimaschutz demonstrieren können. An anderer Stelle in Puchheim, nämlich auf dem Volksfestplatz, spielt an diesem Vormittag die Diskussion um CO₂-Belastung ebenfalls eine Rolle. Nämlich im ganz praktischen und im rein politischen Sinn.

Nach der regnerischen und kühlen Nacht hat der Wirt das Festzelt aufheizen lassen bis auf T-Shirt-Temperatur. Die allermeisten Gäste, die sich zum politischen Frühschoppen unter dem Motto "Buachamoos" einfinden, hätten in Trachtenjoppe oder Thermojacke auch die kühle Zeltluft ausgehalten. Doch die Gemüter werden sich während der fast zweistündigen Politveranstaltung nach dem Vorbild des Gillamoos nicht überhitzen. Wie vor fünf Jahren vor der Landtagswahl dürfen sich auch in diesem laufenden Wahlkampf die fünf aktuellen Kandidaten einem Publikum präsentieren, das zu großen Teilen aus den jeweils eigenen Leuten besteht.

Der "Auftakt", wie das Marketing das Puchheimer Volksfest nennt, ist jedenfalls für Benjamin Miskowitsch (CSU), Hans Friedl (Freie Wähler), Andreas Birzele (Grüne), Daniel Liebetruth (SPD) und Ulrich Bode (FDP) gemacht. Auf Puchheim werden weitere Volksfeste und Gelegenheiten folgen, sich den Wählerinnen und Wählern möglichst volksnah zu zeigen.

Alexa Zierl darf assistieren

Das "Buachamoos" ist das Veranstaltungsformat, das Puchheims Bürgermeister Norbert Seidl (SPD) als politischen Frühschoppen seit Jahren präferiert. Er selbst moderiert das gern auf launige Art zusammen mit dem Redaktionsleiter der Fürstenfeldbrucker SZ, Christian Hufnagel. Das Moderatoren-Duo ergänzt an diesem Sonntag die Fürstenfeldbrucker ÖDP-Politikerin Alexa Zierl, die Seidl als weiblichen Sidekick und assistierende Zeitnehmerin eingeladen hat. Der Rolle der strengen Sekundantin wird Zierl, die auf der ÖDP-Liste für den Landtag kandidiert, mehr als gerecht, und so lässt sie die ihr übergebene Kuhglocke nach acht Minuten Redezeit deutlich hören.

Andreas Birzele (Grüne). (Foto: Johannes Simon)

Als Erstes trifft es Andreas Birzele, der für die Grünen im Stimmkreis Fürstenfeldbruck-Ost kandidiert und Nachfolger von Martin Runge aus Gröbenzell werden möchte. Der 42-Jährige aus Althegnenberg hat sich wie seine Mitbewerber auf eine zehnminütige Rede auf der Festbühne vorbereitet und kurz vor seinem Auftritt erst erfahren, dass er zwei Minuten weniger sprechen darf - wie die anderen Redner auch. Das scheint ihn zu verwirren, und so dauert es einige Minuten, bis er über die eher nüchterne Darstellung seiner Person und seiner Ziele zu Klimapolitik und Zuwanderung in eine volksfesttaugliche Stimmung kommt.

Er schimpft über "18 versemmelte Jahre" und erinnert damit an die Haltung des damaligen bayerischen Umweltministers Markus Söder (CSU) zum Atomkraftausstieg in Deutschland. Seinerzeit sei er dafür gewesen, nun verlange er den Weiterbetrieb der Kernkraftwerke in Bayern. In diesen 18 Jahren sei aber nichts passiert, um die Atomenergie zu ersetzen. "Er ist bockig bis zum Schluss", wettert Birzele. Dennoch müsse man gemeinsam etwas beim Klimaschutz und der Energieversorgung erreichen: "Wir haben keine Zeit mehr, dass wir uns gegenseitig aufreiben."

Benjamin Miskowitsch (vorne) will für die CSU wieder in den Landtag und wird dabei von Allings Bürgermeister Stefan Joachimsthaler und der CSU-Fraktionsvorsitzenden im Puchheimer Stadtrat, Karin Kamleiter, unterstützt. (Foto: Johannes Simon)

Von Alexa Zierl ausgelost, folgt auf Birzele Benjamin Miskowitsch, der seit fünf Jahren Stimmkreisabgeordneter ist und 2018 als CSU-Kandidat beim Buachamoos seinen ersten Volkfestauftritt hinlegte. Miskowitsch kontern umgehend die Anwürfe des Vorredners und erklärt: "So wie die Grünen Bayern darstellen, müssten wir Abwanderung haben." Das Gegenteil sei der Fall, Bayern sei wirtschaftlich attraktiv und stark: "Alle wollen zu uns." Die Kernenergie, auch wenn er nicht unbedingt ein Fan von ihr sei, so Miskowitsch, hätte ruhig noch drei bis fünf Jahre genutzt werden können. Er ärgerte sich über die "Scheinheiligkeit der Ampelregierung", CO₂-emittierende Heizungen rauswerfen zu wollen und gleichzeitig die Atomkraftwerke abzuschalten.

Miskowitsch belässt es dabei und wendet sich der lokalen Politik, seinem Kerngeschäft, zu. Er habe versprochen, dass es vom drei- zum viergleisigen Ausbau der S-Bahnlinie 4 kommen werde: "Versprechen eingelöst", denn nun werde das Geld zur Verfügung gestellt. Auch die Außenbahnsteige, ebenfalls eines seiner Wahlversprechen, würden gebaut werden. Am Ende seiner acht Minuten Redezeit wünscht sich Benjamin Miskowitsch für die Wahl am 8. Oktober, "dass die Handwerker Handwerker bleiben, die Lehrer Lehrer bleiben und die Abgeordneten Abgeordnete."

Daniel Liebetruth will für die SPD in den Landtag. (Foto: Johannes Simon)

Der angesprochene Lehrer und SPD-Landtagskandidat der SPD, Daniel Liebetruth darf gleich nach Miskowitsch ans Mikrofon und hält sich dabei nicht mit Wahlkampfgeplänkel auf. Er will saubere und bezahlbare Energie, zum einen als Standortvorteil für die Wirtschaft, aber auch für den sozialen Ausgleich. Er will die Mieter schützen und Wohnraum schaffen, und er kritisiert die schleppende Digitalisierung der Schulen. Die Freien Wähler kritisiert er für deren Forderung nach Abschaffung der Erbschaftsteuer: "Wenn man keine eigenen Themen hat, dann ist dies das letzte Argument für die Abwahl." Das Volksfestpublikum fordert er zu hoher Wahlbeteiligung auf, damit die AfD nicht mehr in den Landtag kommt.

Moderation zu dritt: SZ-Redaktionsleiter Christian Hufnagel, Stadträtin Alexa Zierl und Bürgermeister Norbert Seidl. (Foto: Johannes Simon)

"Die AfD", wirft Moderator Norbert Seidl ein und weist darauf hin, dass auch sie einen Landtagskandidaten habe, "ist in meinem Volksfestzelt nicht eingeladen."

Ulrich Bode tritt für die FDP an. (Foto: Johannes Simon)

Ulrich Bode aus Eichenau, den die FDP stets gern als Kandidat aufstellt, beginnt bei den Puchheimer Haushaltslöchern, was so gut wie keine Heiterkeit im Volksfestpublikum hervorruft. Er reklamiert den kommenden viergleisigen Ausbau der S4 für sich und seine Partei. Verkehrsminister Volker Wissing ist bei der FDP. Dem IT-Spezialisten Ulrich Bode geht die Digitalisierung zu langsam, sie sei "komplett in die Hose gegangen". Er hätte am liebsten einen "App-Store für Kommunen" und prangert bei diesem Thema den "Aktionismus zum Ende der Legislaturperiode" an. "Wir haben die zweitschlechteste Staatsregierung Bayerns, die schlechteste war die Staatsregierung, die den König Ludwig auf dem Gewissen hat."

Hans Friedl, seit fünf Jahren Landtagsabgeordneter der Freien Wähler, wahlkämpfend schon im Frühjahr beim Puchheimer "Buachamoos". (Foto: Johannes Simon)

Wie Bode hat auch Hans Friedl keinen weiten Weg ins Festzelt. Der Allinger Vizebürgermeister, seit fünf Jahren Abgeordneter der Freien Wähler im Landtag, darf als letzter ans Rednerpult. Er hält nichts vom Schimpfen auf die anderen, für ihn zähle die Arbeit im Landtag. Aber auch er geht zunächst mit der Ampelregierung ins Gericht: "Sie kann's halt net", um dann auf die "verlässliche Politik" in Bayern zu verweisen: "Auf die CSU-Freie-Wähler Koalition ist Verlass", lässt er den Saal wissen. Die Freien Wähler seien dabei "Motor und Korrektiv" in der bayerischen Staatsregierung.

Friedl plädierte für den Bau von Miet- und Eigentumswohnungen, fordert dafür eine Wohnungsbaumilliarde und warb für sein Lieblingsthema, die Abschaffung der Erbschaftsteuer. Eine eigentumsfreundliche Politik wolle man machen und sowohl Arbeitnehmern wie Rentnern steuerliche Freiheiten geben. Und das natürlich weiterhin mit der CSU, um eine Alleinregierung dieser Partei zu verhindern.

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