Puchheim:Klimaschutzkonzept in der Kritik

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Zu allgemein, zu oberflächlich, zum Teil veraltet: Die Puchheimer Stadträte ärgern sich über das Papier, das der Landkreis in Auftrag gegeben hat. Der Verein Ziel 21 warnt dagegen vor überzogenen Ansprüchen.

Peter Bierl

Das Klimaschutzkonzept des Landkreises stößt in Puchheim auf Kritik. "Sehr allgemein, sehr oberflächlich und für die Stadt wenig zu gebrauchen", monierte Bürgermeister Norbert Seidl (SPD) am Montag. Auch mehrere Stadträte rügten das Papier in einer Sitzung des Umweltausschusses. Dagegen verteidigte Alexa Zierl, Vorsitzende von Ziel 21, das Werk als "eine gute Grundlage mit Daten, auf die man aufbauen kann".

Nicht jeder will sie direkt vor der Haustür: Windparks und Stromtrassen (Foto: dpa)

Das Konzept hatten zwei Büros und zwei Abteilungen der Technischen Universität München erarbeitet und Ende Oktober vorgestellt. Demnach werden im Landkreis jährlich etwa 1,4 Millionen Tonnen Kohlendioxid ausgestoßen. Als Maßnahmen schlugen die Experten die Einstellung eines Klimaschutz-Managers und "Leuchtturmprojekte" vor, um die Bevölkerung zu gewinnen.

In der Sitzung in Puchheim hagelte es Kritik von allen Seiten. UBP-Fraktionssprecher Reinhold Koch sprach von "Ungereimtheiten" und davon, dass bundesweite Zahlen auf den Landkreis projiziert worden seien. "Das lässt einiges zu wünschen übrig", bemängelte Grünen-Fraktionschef Manfred Sengl. Die Beteiligung der Öffentlichkeit sei "schlecht", der Experten-Workshop "schlecht vorbereitet" gewesen. "Große Gutachten, nichts Konkretes", bilanzierte Sigrun Matthes (SPD).

Besonders ärgert die Puchheimer, dass die Kenntnisse lokaler Experten von den Büros nicht genutzt wurden. Die Umweltbeauftragte im Rathaus, Katharina Dietl, sowie Helmut Müller, Geschäftsführer von Solardach und Mitglied im Umweltbeirat, hatten zur ersten Fassung des Konzepts, die im August den Kommunen vorgelegt worden war, umfangreiche Stellungnahmen abgegeben.

"Das ist nur partiell berücksichtigt worden", sagte Dietl der SZ am Dienstag. In der Endfassung sei immerhin ergänzt worden, dass der Bürgertreff abgerissen wird, es also wenig sinnvoll wäre, vorher eine Fotovoltaikanlage darauf zu installieren. Als Standort für eine Solaranlage werde dagegen immer noch ein Gewächshaus aufgeführt, obwohl es statisch ungeeignet sei. Aufgeführt wird auch die Geothermie, ein teueres Projekt mit äußerst ungewissen Aussichten.

"Das Know-how vor Ort wurde gar nicht zur Kenntnis genommen", sagte Müller der SZ. Das Arbeitsteam sei schon zu klein gewesen. "Die haben es sich einfach gemacht und Grunddaten auf den Landkreis umgerechnet." Die Ziel-21-Vorsitzende Zierl bestätigt diese Methode und rechtfertigt sie mit den Förderrichtlinien für das Projekt: "Man kann nur berücksichtigen, was gefördert wird, da kommen keine superdetaillierten Konzepte raus." Sie lobte insbesondere die Abschnitte zu Verkehr und Siedlung, an denen Wissenschaftler von der TU beteiligt waren.

Die Erkenntnis, dass der Autoverkehr größtenteils nicht von Berufspendlern, sondern durch Freizeitaktivitäten und Einkaufsfahrten verursacht werde, ermögliche gezieltere Maßnahmen. Zu den Vorschlägen zählen ein Fahrrad-Beauftragter im Landratsamt, ein 1000-Fahrradständer-Programm, der Ausbau der Radwege sowie eine regionale Mitfahrbörse und eine Zentrale für Mobilität mit Beratungsangeboten analog zum Energiesektor.

Dagegen warnte Koch am Montag vor einem "furchtbaren Überbau", der im Landratsamt entstünde. Er empfiehlt, vorerst keinen Klima-Manager einzustellen. Sengl bezeichnete den Posten als prinzipiell sinnvoll. Die Agenda-21-Stelle könnte die fachliche Hilfe gut gebrauchen. Bürgermeister Seidl argumentierte, für maximal 800 Euro im Jahr bekäme Puchheim "einen Fuß in die Türe". Gegen die Stimmen von Koch und zwei CSU-Stadträten sprach sich der Ausschuss für den Klima-Manager aus. Puchheim hat für das Landkreis-Konzept rund 9700 Euro gezahlt. Fürstenfeldbruck ist nicht dabei, die Stadt hat einen eigenen, vom bayerischen Wirtschaftsministerium geförderten Energienutzungsplan.

© SZ vom 23.01.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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