Puchheim:Greensill und die Folgen

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Der Puchheimer Bürgermeister Norbert Seidl (SPD) steht wegen des Greensill-Debakels weiter in der Kritik. Durch die Pleite der Bank verlor die Kommune eine Geldanlage in Höhe von zwei Millionen Euro. (Foto: Leonhard Simon)

Stadträte von CSU und FDP kritisieren, dass das Landratsamt kein Disziplinarverfahren gegen Bürgermeister Seidl (SPD) einleiten will. Der wiederum betrachtet sich als rehabilitiert.

Von Peter Bierl, Puchheim

Etliche Stadträte von CSU und FDP in Puchheim sind unzufrieden, weil das Landratsamt wegen des Greensill-Debakels kein Disziplinarverfahren gegen Bürgermeister Norbert Seidl (SPD) einleitet. Die Kommunalaufsicht habe bestimmte Fakten zu wenig berücksichtigt, moniert Martin Koch (FDP), der Finanzreferent des Stadtrates. Der CSU-Stadtrat Dominik Schneider kritisiert, dass eine Reihe offener Fragen nicht beantwortet sei. Dagegen betrachtet sich der Bürgermeister als rehabilitiert. "Das Verfahren ist nicht eröffnet worden, weil es keine Anzeichen für Fehler gibt", sagte Seidl.

Durch die Pleite der Greensill-Bank hat die Stadt Puchheim im Frühjahr 2021 zwei Millionen Euro verloren. Seitdem streitet der Stadtrat, meist hinter verschlossenen Türen, über die Frage von Schuld und Verantwortung. Die Kommunalaufsicht hat den Antrag des Stadtrates, ein Disziplinarverfahren bei der Landesanwaltschaft einzuleiten, Ende November abgewiesen. Im Disziplinarverfahren gegen den Kämmerer Harald Heitmeier bei der Landesanwaltschaft gibt es nach Angaben des Bürgermeisters hingegen noch keine Ergebnisse. Offen ist auch, inwieweit Mitarbeiter im Rathaus Fehler gemacht haben. "Was die Angestellten betrifft, werden wir die Ergebnisse nicht kommunizieren, weil die Persönlichkeitsrechte höher zu bewerten sind", sagt der Bürgermeister. Außerdem laufe noch ein Verfahren gegen den Finanzmakler, der die Anlage seinerzeit vermittelt habe.

Einige Stadträte wollen indes den Bürgermeister nicht vom Haken lassen. Für Dominik Schneider liegt ein Verstoß gegen eine vom Stadtrat beschlossene Richtlinie vor. Diese habe festgelegt, dass eine solche Anlage nur bei einem bestimmten Rating der Bank und einer Einlagensicherung hätte getätigt werden dürfen. "Die Geldanlage hätte gar nicht erfolgen dürfen, sie war rechtswidrig", sagt Schneider. Der Bürgermeister und andere Stadträte halten die Richtlinie hingegen für fehlerhaft, sie wurde außer Kraft gesetzt.

Der FDP-Stadtrat Koch hat Zweifel, ob die Kommunalaufsicht alle Informationen ausreichend bewertet hat. Vor allem aber wirft er dem Bürgermeister vor, keine moralische und politische Verantwortung zu übernehmen. Stattdessen habe man in der Verwaltung Schuldige gesucht. Der Bürgermeister habe sich "nicht ausreichend" vor seine Mitarbeiter gestellt, diese hätten sich alleingelassen gefühlt. Koch kritisiert außerdem, dass Kritiker, die bloß ihre Kontrollfunktion wahrgenommen hätten, als "Scharfmacher", und Mehrheiten im Stadtrat als "politische Süppchen" diffamiert worden seien. Ein solcher Umgang spiegele eine "in hohem Maße undemokratische Sichtweise" wider, damit habe der Bürgermeister selbst "sein Amt beschädigt". Auf die Frage, was konkret er von Seidl erwarte, etwa einen Rücktritt, antwortet Koch, er erwarte zumindest eine Entschuldigung des Bürgermeisters.

"Ich übernehme politische Verantwortung", antwortet Seidl auf die Vorwürfe. Er sieht allerdings keine Schuld. "Wir sind von einer Bank betrogen worden", lautet seine Erklärung. Der Bürgermeister wirft seinerseits seinen Kritikern vor, den Stadtrat zu spalten und das Vertrauen in die Verwaltung zu untergraben. "Da sind unschöne Töne gefallen", sagt Seidl.

Es gelte jetzt, die Gräben zu überwinden und nach vorne zu schauen. Die strittige Richtlinie müsse durch eine neue ersetzt werden. Das Ziel seien klarere Abläufe und Prozesse. Dabei betont Seidl, dass er es für falsch hält, wenn die Kommune ihr Geld nur bei Sparkassen, Volks- und Raiffeisenbanken anlegen würde, bei denen zwar die Einlage garantiert ist, man dafür aber kaum Zinsen bekomme. "Wir verschwenden Geld, wenn wir sehr restriktiv anlegen", sagt Seidl.

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