SZ-Adventskalender:Helferin aus Not

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Victoria Weber bleiben nur 200 Euro im Monat zum Leben

Von Julia Bergmann, Olching

Auf einen großen Lichtblick zu Weihnachten kann sich Victoria Weber ( Name von der Redaktion geändert) schon freuen. Nach zwei Jahre währender Suche kann die 69-jährige Witwe endlich in eine günstige Sozialwohnung ziehen. Eine Erleichterung, von der sie noch gar nicht recht glauben kann, dass sie ihr zuteil wird. "Es ist so ein schönes Weihnachtsgeschenk", sagt die Frau mit einem strahlenden Lächeln. Immerhin ist das Geld während der jahrelangen Pflege und nach dem Tod ihres Mannes sehr knapp geworden. Ihr Alltag besteht seitdem aus Einschränkungen. Sich von ihrer Rente den Wunsch nach einem neuen Schlafsofa zu erfüllen, war für sie bisher unmöglich.

Victoria Weber zeigt auf ein Möbelstück in der Ecke, das seine besten Jahre schon lange hinter sich hat. Unter dem gepflegten Überwurf ragen zwei altersschwache, abgewetzte Sofalehnen hervor. Wie alt das Stück ist? "Schwer zu sagen. Es ist wohl antik, ich habe es von meiner Tante geerbt", erklärt sie. Ob es den anstehenden Umzug überstehen würde, sei fraglich. Der SZ-Adventskalender möchte Victoria Weber deshalb bei der Anschaffung eines neuen Schlafsofas unterstützen.

Wenn die 69-Jährige heute auf ihr Leben zurückblickt, passen die Erinnerungen von damals nur schwer mit ihrem Alltag von heute zusammen. "Es waren wirklich tolle Zeiten", sagt die Frau, die 15 Jahre lang eine gut bezahlte Halbtagsstelle hatte. Auch ihr Mann hat damals nicht schlecht verdient. "Reich geworden ist man nicht, aber wir konnten Urlaube im Ausland machen", erzählt sie. "In Spanien, Italien, Österreich, auch in den USA, wo wir Freunde haben", sagt sie. Das Reisen, es war ihre größte Leidenschaft. "Andere Länder und Kulturen kennenzulernen, hat mir so gut gefallen", erzählt sie. Victoria Weber, die es immer in die Welt hinaus gezogen hat, die neben ihrer Muttersprache noch fließend deutsch und unter anderem englisch, spanisch und französisch spricht, sogar japanisch gelernt hat, führt heute jedoch ein ganz anderes Leben. Ein Leben, das sie sich früher nicht hätte vorstellen können.

Dass ihre Arbeitszeit und das Einkommen aus der Teilzeitstelle später nicht für eine große Rente reichen würden, daran hat sie nie gedacht. Heute muss sie nach Abzug der Fixkosten mit 200 Euro im Monat auskommen. Einen Teil davon macht die Aufwandsentschädigung aus einer ehrenamtlichen Tätigkeit aus. "Ich helfe anderen gerne, wenn ich kann", sagt sie. Und neben dem aufgebesserten Einkommen erlaube ihr die Tätigkeit, auch unter Leute zu kommen. Nicht in die Einsamkeit oder Isolation abzugleiten, ist der Rentnerin wichtig. Einschränken muss sie sich trotzdem oft. Am meisten spart sie am Essen. "Die Discounter sind da schon eine sehr große Hilfe", sagt sie. Aber auch auf andere Hilfsangebote ist sie angewiesen. Wie die Seniorenhilfe Sonnenstrahl, die ihr in der Vergangenheit geholfen hat, als sie nach einem Unfall längere Zeit ihr Ehrenamt nicht ausführen konnte.

Als junge Erwachsene war die gebürtige Asiatin nach München gekommen und der Liebe wegen geblieben. Als frisch verheiratetes Paar - Victoria Weber war hochschwanger - machten sie sich auf die Suche nach einer gemeinsamen Wohnung. "Wir haben von den Vermietern Dinge zu hören bekommen wie "Hunde ja, Kinder nein", sagt sie. Auch mit Vorurteilen wegen ihres ausländischen Aussehens wurde das Paar konfrontiert: "Sie haben dann noch gesehen, dass ich schwanger war, und gesagt: Sie kriegen bestimmt noch mehr Kinder." Die Suche blieb für die junge Familie erfolglos, bis sie Unterstützung bei einer Hilfsorganisation suchte und fündig wurde.

Für die Familie kehrten ruhigere Zeiten ein, bis Victoria Weber nach einem Wechsel ihres Chefs ihren Job verlor und einige Zeit später ihr Mann am Herzen erkrankte und zunehmend schwächer wurde. Bis zu seinem Tod 2014 hat sie ihn gepflegt. "Ich habe das gerne getan. Das tut man, wenn man jemanden liebt", sagt sie. Leicht aber war diese Zeit für sie nicht. Ihr großer Trost: "Einen Monat vor seinem Tod ist unsere Enkelin geboren worden. Er hat sie noch kennenlernen dürfen." Auch für ihr Enkelkind versucht Victoria Weber das Positive nicht aus den Augen zu verlieren. "Sie ist so ein Wonneproppen, wenn ich sie sehe, vergesse ich alle Sorgen", sagt sie. Aber auch aus ihrem Glauben zieht die 69-jährige Kraft: "Ich bete jeden Tag. Das hilft."

© SZ vom 03.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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