Landtagswahlkampf:Alle wollen den Ausbau, keiner weiß wie

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Komplexe Thematik: Warum der Ausbau der S-Bahn-Linie 4 auf drei oder vier Gleise auch nach 32 Jahren noch nicht wirklich vorangekommen ist, dafür gibt es wohl vielfältige Gründe. Wirklich greifbar werden sie bei der Diskussion in der Aumühle nicht. (Foto: Leonhard Simon)

Bei einer Diskussion zur Zukunft der S4 wollen die Landtagskandidaten vier Gleise. Doch wann die gebaut werden, ist unklar.

Von Ariane Lindenbach, Fürstenfeldbruck

Nach zweieinhalb Stunden Diskussion ist das Ergebnis mager: Die Frage, wieso der Ausbau auf der S4 seit Jahrzehnten nicht voran kommt, bleibt ebenso unbeantwortet wie der Blick in die Zukunft offen; keiner der sieben Landtagskandidaten auf dem Podium vermag zu sagen, ob die Erweiterung der S-Bahn-Gleise zwischen Pasing und Eichenau - oder Fürstenfeldbruck - noch vor der zweiten Stammstrecke realisiert wird. Atmosphärisch ist es auf dem Podium angesichts des wenig erfreulichen Themas überraschend harmonisch. Alle wollen, dass die Bahnlinie vier Gleise bekommt, und zwar möglichst bis Fürstenfeldbruck oder gar Geltendorf. Das Publikum bekundet wiederholt sein Misstrauen gegen die Vertreter der Regierungsparteien, Benjamin Miskowitsch (CSU) und Hans Friedl (FW), die abschließende Fragerunde bleibt sehr kurz und fair.

"Wir haben eine Dringlichkeit seit 32 Jahren". So lange werde schon über den Ausbau der S4 gesprochen und seitens der Politik Versprechungen gemacht, passiert sei jedoch noch nichts, fasst Thomas Brückner die Geschichte zusammen. Er hat, wie Gudrun Horn, eine Petition für S-Bahn-Außenbahnsteige eingereicht und ist vom Verkehrsforum FFB. Zusammen mit der Bürgerinitiative "S4-Ausbau jetzt!" veranstalten sie den Abend in der Stadtbücherei Aumühle.

"Bei der Straße geht es einfach, warum geht es bei der Bahn nicht?" Daniel Liebetruth hat auf Brückners Frage eine praxistaugliche Antwort: "In München sieht man recht gut, dass es zwei Systeme gibt", erklärt der SPD-Kandidat für den Stimmkreis FFB-Ost mit Blick auf S- und U-Bahn. Dass das Letztere, kommunal geführt, praktisch störungsfrei funktioniere, während die S-Bahn kurz vor dem Kollaps stehe, erklärt Liebetruth, "ist eine Frage der Prioritätensetzung". Und ergänzt: "Wenn man so lange über ein Thema redet und nichts auf die Kette bekommt, erhöht das die Politikverdrossenheit." Dass das Vertrauen in die Regierungsparteien, zumindest bei diesem Thema, eher nicht vorhanden ist, hatten davor schon einige Reaktionen der rund 40 Zuhörer deutlich gemacht. Etwa bei dem kurzen Abriss der bisherigen Geschichte, den Dagmar Mosch aus Aubing und Mirko Pötzsch (Fürstenfeldbruck), beide von der Bürgerinitiative, abwechselnd vorgetragen hatten. So manche Ansage erscheint aus heutiger Sicht schlicht unrealistisch. Das merkt man am lauten Gelächter, das erklingt, als Mosch von 2004 berichtet. Damals hatte die bayerische Staatsregierung einen viergleisigen Ausbau bis Buchenau bis 2009 versprochen.

2010 ist kein gutes Jahr für das Projekt. Wie Pötzsch referiert, wird der Ausbau nur noch bis Eichenau weiter verfolgt, "weil zu teuer", und im März verliert das Projekt auch noch seine Priorität wegen des Baus der zweiten Stammstrecke. Nachdem rund ein Jahrzehnt eine Ertüchtigung auf lediglich drei Gleise verfolgt wurde, gilt im bayerischen Landtag nun wieder das Ziel, vier Gleise zu schaffen, basierend auf der im Sommer 2022 veröffentlichten Machbarkeitsstudie.

"Das ist nicht alles ganz richtig", reagiert Hans Friedl auf die höhnisch bis frustriert klingenden Reaktionen des Publikums. Der FW-Abgeordnete erklärt, dass er wie Benjamin Miskowitsch (CSU) erst seit 2018 im Landtag sitzt. Der Ausbau sei in dieser Zeit wieder von drei auf vier Gleise abgeändert worden, erklärt er. "Da haben wir schon einiges gedreht", findet auch Miskowitsch. Der Mammendorfer räumt allerdings auch mit Blick auf die lange Historie des Projekts ein, dass das "kein Ruhmesblatt" für frühere Staatsregierungen sei.

"Wenn man den S-Bahnhof Eichenau viergleisig ausbauen würde, würden sich viele Verspätungen erledigen", erklärt Ulrich Bode (FDP). Der Eichenauer wirbt dafür, den Ausbau in Einzelmaßnahmen zu realisieren. Das sei politisch wie finanziell leichter zu finanzieren. "Ich finde das wenig praxistauglich", widerspricht Gabriele Triebel. "Das heißt, dass wir die Verspätungen und Zugausfälle jedes Mal wieder haben", sagt die Grünen-Politikerin aus Landsberg; sie ist ebenfalls seit 2018 im Landtag und die einzige Kandidatin auf dem Podium für den Stimmkreis FFB-West.

"Ich würde mal sagen, das eine tun und das andere nicht lassen." Alexa Zierl, die auf der ÖDP-Liste auf Platz 3 kandidiert, würde für den Ausbau der S 4 mehrere Strategien parallel fahren. Für die Stadträtin aus Fürstenfeldbruck ist "vollkommen klar, dass es einen Zehn-Minuten-Takt geben muss". Die gleiche Vorstellung hat auch Daniela Voss. Die Kandidatin von der Mut-Partei, die auf der Liste der Linkspartei antritt, sagt mit Blick auf Großstädte wie Paris oder Berlin: "Andere Großstädte machen es uns vor." Mit einem regelmäßigen, zuverlässigen Takt bei der S-Bahn, argumentiert Zierl, "kriegt man die Leute dazu, Bahn zu fahren". Doch ob ein solches Ziel in den nächsten Jahren realisierbar ist, dazu gibt es an diesem Abend keine verlässlichen Aussagen.

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