Politische Bildung:Im Klassenzimmer Gesetze beschließen

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Fragen der Mittelschüler beantworten (von links) die Landtagsabgeordneten Ruth Waldmann (SPD), Gabriele Triebel (Grüne) und Alex Dorow (CSU). (Foto: Leonhard Simon)

Schüler der Mittelschule Nord in Fürstenfeldbruck lernen, politische Entscheidungen zu treffen. Unterstützung bekommen sie von echten Landtagsabgeordneten.

Von Charlotte Geier, Fürstenfeldbruck

Sich einen Tag wie ein Politiker fühlen konnten sich die Schüler der neunten Klassen der Mittelschule Nord in Fürstenfeldbruck. Im Rahmen des Planspiels "Der Landtag sind wir", veranstaltet vom Centrum für angewandte Politikforschung, wurden die Jugendlichen in vier Fraktionen eingeteilt, die den aktuellen Fraktionen im Bayerischen Landtag nachempfunden sind: Die Konservativen, die Ökologen, die Freien und die Sozialen. Die Schüler verabschiedeten am Vormittag ein Gesetz zum Thema Jugendkriminalität. Während die Konservativen die Lösung zur Bekämpfung in sogenannten Erziehungscamps sehen, wollen die Sozialen die Präventionsarbeit verbessern.

Doch die Schüler sollen nicht nur selbst politische Entscheidungen beraten und treffen, sie sollen auch mit echten Abgeordneten in Kontakt kommen. Und so steht immer eine Podiumsdiskussion mit Landtagsabgeordneten auf dem Programm, bei der die Schüler anonym Fragen stellen können. Zu Gast in Fürstenfeldbruck sind die Vertreter des Stimmkreises Landsberg/Fürstenfeldbruck-West, Alex Dorow von der CSU und Gabriele Triebel von den Grünen sowie die Münchner SPD-Abgeordnete Ruth Waldmann. Die Jugendlichen fragen beispielsweise, wie die Politiker persönlich zur beschlossenen Cannabislegalisierung stehen. Waldmann führt aus, dass sie aufgrund der persönlichen Erfahrungen ihres Vaters, der als Suchttherapeut gearbeitet hätte, gegen die geplante Legalisierung sei. Dorow schließt sich dem an - neben Alkohol solle nicht noch eine weitere Droge legal sein. Triebel hingegen ist der Ansicht, dass insbesondere die Entkriminalisierung der richtige Schritt sei, um junge Menschen in ihren Perspektiven nicht einzuschränken.

Darüber hinaus sind die Schüler auch am Leben als Abgeordneter interessiert. Ein Schüler fragt zum Beispiel, ob man als Politiker oft verbal angegriffen werden und ob man in diesem Beruf deshalb ein besonders dickes Fell bräuchte. Dorow erzählt, dass Hass im Netz zum Alltag eines jeden Politikers dazugehöre. Einmal habe er sogar Anzeige erstatten müssen, da ihm jemand per Brief mit dem Tod und dem Tod seiner Kinder drohte. Triebel berichtet, dass das Haus, in dem ihr Büro ist, regelmäßig beschmutzt und bespuckt werde. Mit Hass im Netz habe sie auch Erfahrung gemacht, wobei sie die Hassrede auf Frauen als nochmal heftiger wahrnimmt als den auf die männlichen Kollegen.

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Die Diskrepanz im Publikum ist groß, was die politische Bildung und das Interesse an Politik angeht. So gesteht ein Schüler: "Politik interessiert mich nicht. Das Planspiel war aber sehr gut, ich konnte mit meinen Freunden reden." Manchmal schaue er die Tagesschau oder Galileo. In welcher Fraktion er war, hat er vergessen. Ganz anders ist da Kati Eggert. Die Schülerin engagierte sich in der Vergangenheit bereits mehrere Jahre im Schulparlament und möchte im kommenden Jahr wieder dafür kandidieren. Sie interessiert sich sehr für Politik, schaue jeden Tag die Nachrichten und spreche mit ihren Großeltern darüber. "Vielleicht gehe ich später auch mal in die Politik", sagt die Schülerin. Vor allem bewegen sie die Themen Bildung und der Krieg in der Ukraine. Das Planspiel habe ihr geholfen, die politischen Strukturen besser zu verstehen.

Gabriele Triebel nimmt öfters an Planspielen vom Centrum für angewandte Politikforschung teil. "Ich finde das eine tolle Möglichkeit, Bildung und Demokratie Schülern nahezubringen", sagt die ehemalige Lehrerin. Fragen zu bestimmten Themen, zum Beispiel Cannabislegalisierung, Klimaschutz und öffentlicher Nahverkehr auf dem Land, kämen in fast jeder Podiumsdiskussion bei den Planspielen zur Sprache. Einen Unterschied im politischen Interesse oder dem Niveau der Fragen nach Art der Schule könne sie im Übrigen nicht wahrnehmen. Pro Jahr veranstaltet das Centrum für angewandte Politikforschung im Auftrag des Landtags 70 Planspiele an Schulen.

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